Constantĭus

[265] Constantĭus, 1) M. Flavius Valerius C. I. Chlorus, d. h. der Blasse, Vater Konstantins d. Gr., Sohn eines vornehmen Illyriers, geb. 250 n. Chr., machte sich durch Kriegstaten einen Namen und wurde von dem Kaiser Maximian 293 adoptiert und zum Cäsar ernannt, nachdem er an Stelle der Helena dessen Stieftochter Theodora geheiratet hatte. Das Reich wurde nun in vier Teile geteilt, von denen Gallien und Britannien mit der Hauptstadt Trier C. erhielt, dem es gelang (296), durch Besiegung des Thronprätendenten Allectus Britannien nach zehnjähriger Trennung wieder mit dem römischen Reich zu vereinigen, am Rhein die Franken aus dem Bataverland zu vertreiben und im Süden die Grenze gegen die vordringenden Alemannen zu sichern. Nach dem Rücktritte Diokletians und Maximians 1. Mai 305 folgten ihnen C. und Galerius als Augusti; des C. Milde, Einfachheit und Mäßigung sowie seine Hinneigung zum Christentum, obwohl er nicht offen übertrat, bildete einen entschiedenen Gegensatz zu seinem Mitkaiser, der die Christen grausam verfolgte; doch kam es nicht zu offenem Konflikte, da C. im Juli 306 auf einem Feldzuge gegen die Pikten und Kaledonier in Eboracum (York) starb.

2) C. II., Konstantins d. Gr. zweiter Sohn von seiner zweiten Gemahlin, Fausta, geb. 317 zu Sirmium in Illyricum, der Lieblingssohn des Vaters und der begabteste von den drei Brüdern, bekam bei der Teilung des Reiches 335 den Orient mit Ägypten. Bei der Leichenfeier seines Vaters (337) in Konstantinopel anwesend, benutzte er einen Soldatenaufstand, um sich aller männlichen Anverwandten (Dalmatius, Annibalianus u. a.), mit Ausnahme der beiden Knaben Gallns und Julian, zu entledigen, und kam 353 in den Besitz des ganzen Reiches, nachdem von seinen Brüdern Konstantin II. im Kampfe gegen Constans 340 seinen Tod gefunden und der Märder des Constans (350), Magnentius, bei Mursa (Essek) 28. Sept. 351 und dann noch mehrfach geschlagen, sich 10. Aug. 353 selbst das Leben genommen hatte. Während ihn hier das Glück begünstigte, erlitt er von dem kriegerischen Perserkönig Sapor wiederholte Niederlagen, denn, selbst ohne Beanlagung zum Feldherrn, ließ er doch seine Offiziere nicht frei gewähren. Da ihm Kinder versagt waren, mußte er sich nach andern Stützen des Thrones umsehen; zuerst zog er daher seinen Vetter Gallus an sich heran, entsetzte ihn aber wieder wegen seiner Unfähigkeit und Grausamkeit 354 und ließ ihn hinrichten. Darauf ernannte er den andern Vetter, Julianus (Apostata), zum Cäsar und Regenten von Gallien; doch erregten dessen große Erfolge seinen Neid so, daß er von ihm den besten Teil seines Heeres zur Beschützung von Asien verlangte; die Truppen aber weigerten sich, Julian zu verlassen, und riefen ihn im Winter 360 wider seinen Willen zum Kaiser aus. Daher zog C. seine Truppen von der Grenze Persiens zurück, brach, schon krank, gegen Julian auf und starb auf dem Marsch zu Mopsukrene in Kilikien 3. Nov. 361. C. trat während seiner Regierung entschieden gegen das Heidentum auf, das sein Vater noch geduldet hatte, und verbot streng Opfer und Tempelbesuch. In den innern Streitigkeiten neigte er sich bald auf die Seite der Orthodoxen, bald auf die der Arianer und nährte dadurch die Erbitterung der Parteien. So wurde seine Regierung, obwohl er klug und sittenrein war, doch infolge seiner Eifersucht auf andrer Verdienste und seiner kleinlichen Denkweise sowie seiner geringen militärischen Beanlagung zu einem Unglück für das Reich.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 265.
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