[559] Debatte (franz., Diskussion), mündliche Beratung in geordneter Rede und Gegenrede; daher debattieren, einen Gegenstand in geordnetem Verfahren mündlich erörtern. Der Ausdruck D. wird besonders von den Verhandlungen in parlamentarischen Körperschaften, Gemeindevertretungen, öffentlichen Versammlungen und Sitzungen von Kollegien gebraucht. Die D. wird nach Maßgabe der Geschäftsordnung (s.d.) vom Vorsitzenden eröffnet, geleitet und geschlossen. Folgende Regeln können für die D. in parlamentarischen und politischen Versammlungen als feststehend bezeichnet werden: Ist über einen Gegenstand vom Vorsitzenden die D. eröffnet, so darf nur derjenige das Wort nehmen, dem es nach vorgängiger Meldung vom Vorsitzenden erteilt worden ist. Es ist nicht statthaft, den Redner aus der Versammlung heraus zu unterbrechen und Zwiegespräche mit ihm anzuknüpfen; doch sind Zwischenrufe, soweit sie nicht in Störungen ausarten, nicht unbedingt untersagt, ebensowenig Ausdrücke des Beifalls oder des Mißfallens. Die Redefreiheit findet in der Ordnungsgewalt des Vorsitzenden und, was Versammlungen und Vereinssitzungen anbetrifft, in den gesetzlichen Vorschriften über das Vereins- und Versammlungsrecht ihre Grenze. Mitglieder parlamentarischer Versammlungen können außerhalb der letztern wegen Äußerungen, die sie in der D. getan haben, nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der Vorsitzende kann bei vorkommenden Ungehörigkeiten den Redner unterbrechen, auch zur Ordnung oder zur Sache rufen, letzteres, wenn der Redner vom Gegenstande der Beratung abschweift. Bei wiederholter Ordnungswidrigkeit kann dem Redner durch Beschluß der Versammlung das Wort entzogen werden (in England auf die Dauer mehrerer Sitzungen), ebenso wenn er sich fortgesetzt vom Gegenstande der D. entfernt. Hat sich niemand mehr zum Wort gemeldet, so schließt der Vorsitzende die D., und es kommt zur Abstimmung (s.d.). Der Schluß der D. kann jedoch auch dadurch herbeigeführt werden, daß ein Schlußantrag gestellt wird. Nimmt die Versammlung den Antrag auf Schluß der D. an, so werden dadurch die noch gemeldeten Redner vom Wort ausgeschlossen. Im deutschen Reichstag müssen die Bevollmächtigten zum Bundesrat jederzeit gehört werden. Nimmt nach Schluß der D. ein Mitglied des Bundesrats das Wort, so gilt die D. wieder als eröffnet. Für die parlamentarischen Verhandlungen ist der Unterschied zwischen Generaldebatte (Generaldiskussion) und Spezialdebatte (Spezialdiskussion) wichtig. Erstere beschäftigt sich mit den Grundsätzen der Vorlage nach allgemeinen Gesichtspunkten; letztere erörtert die einzelnen Bestimmungen der Vorlage. Nach der Geschäftsordnung des deutschen Reichstags beschränkt sich die erste Beratung (Lesung) der Regierungsvorlagen und der parlamentarischen Initiativanträge auf die allgemeine Erörterung. Das Haus beschließt sodann, ob die Vorlage zunächst einer Kommission zur Vorberatung überwiesen werden oder ob die zweite Lesung im Hause selbst stattfinden soll. Die zweite Beratung ist für die Spezialdebatte bestimmt. Die einzelnen Artikel und Paragraphen werden erörtert und zur Abstimmung gebracht. Die dritte Beratung verbindet eine nochmalige Generaldebatte mit einer nachfolgenden abermaligen Spezialdebatte, worauf die Schlußabstimmung über das Ganze folgt. In den Beratungen der Ausschüsse (Kommissionen) der parlamentarischen Körperschaften sind im wesentlichen dieselben Grundsätze wie für die D. in den Plenarverhandlungen maßgebend, doch sind jene nicht, wie die letztern der Regel nach, öffentlich.