Escorial

[103] Escorial (»Schlackenhaufen, Halde«, nach den Resten ehemaliger Bergwerke so benannt), Ortschaft in der span. Provinz Madrid, 52 km nordwestlich von Madrid, an der Spanischen Nordbahn, am Südabhang des Guadarramagebirges, in unfruchtbarer Gegend, besteht aus dem ältern Dorf E. de Abajo mit (1900) 1411 Einw. und der neuern, höher gelegenen und gut gebauten Bezirkshauptstadt San Lorenzo del E. oder E. de Arriba mit (1900) 4470 Einw. Neben letzterer liegt (1130 m hoch) das berühmte Augustinerkloster San Lorenzo, gewöhnlich el E. genannt, die Nekropolis der spanischen Könige, ein kolossaler Bau, der Palast, Kloster und Totengruft in sich vereinigt. König Philipp II. ließ denselben infolge eines in der Schlacht von St.-Quentin (10. Aug. 1557, am Tage des heil. Laurentius) gemachten Gelübdes durch die Baumeister Juan de Toledo und Juan de Herrera 1559–84 mit einem Kostenaufwand von 16,5 Mill. Pesetas erbauen. Im Hinblick auf die Legende des Märtyrers erhielt das Bauwerk die Gestalt eines Rostes. Das ungeheure Gebäude hat eine Länge von 206 m, eine Breite von 161 m, 16 Höfe, 7 Kuppeln und 1111 Fenster, ist ganz aus dunkelgrauem Granit hergestellt und macht einen einförmigen, kalten Eindruck. Der hervorragendste Teil des Bauwerks ist die Kirche, eine Nachbildung der Peterskirche in Rom, mit imposanter, 95 m hoch gewölbter Kuppel, Fresken von Giordano und andern Kunstwerken. Unterhalb der Kirche befindet sich das Pantheon, die Grabstätte der spanischen Könige, worin sich 26 Grabmäler von Königen und Königinnen, beginnend mit Karl V., befinden. Daneben liegt das Pantheon der Infanten und der kinderlos verstorbenen Königinnen. Hier ruht auch Don Juan de Austria, der Sieger von Lepanto. Bemerkenswert ist noch die zum Kloster führende große Treppe mit Fresken von Giordano, ferner die prachtvolle, reichhaltige Bibliothek, die 130,000 Bände und über 4000 meist arabische Manuskripte enthält. Einen Katalog derselben lieferte Casiri in seiner »Bibliotheca arabico-hispanica« (Madr. 1760–70, 2 Bde.). An der Südseite dehnt sich der große Park aus mit einem modernen Lustschloß, Casa del Principe. E. hat eine Forstingenieurschule (in einem ehemaligen Nonnenkloster), eine Akademie für Zollsoldaten, ein Instituto und ein Colegio für höhere Studien. 1808 war das E. der Schauplatz der Verschwörung des Prinzen von Asturien (nachmaligen Königs Ferdinand VII.) gegen seinen Vater Karl IV. Vgl. Rotondo, Historia del monasterio de San Lorenzo (Madr. 1856–61).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 103.
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