Geusen

[773] Geusen, Name einer Verbindung niederländischer Edelleute und andrer mit der spanischen Herrschaft Philipps II. Mißvergnügten. Als auf Befehl des Königs die Inquisition in den Niederlanden verschärft werden sollte, wurde bei einer Zusammenkunft damit unzufriedener Edelleute zu Brüssel im November 1565 die »Kompromiß« genannte Bundesschrift verfaßt, worin man gegen die Maßregeln der Regierung Protest erhob; sie wurde von vielen Adligen unterschrieben. Am 5. April 1566 ward in diesem Sinn der Statthalterin, Margarete von Parma, eine Bittschrift von über 400 Edelleuten zu Brüssel feierlich übergeben. Dec Bescheid der Statthalterin war nicht ablehnend, und als die Edelleute ihren Sieg mit einem Gelage feierten, meldete einer der Gäste, als die Statthalterin beim Anblick der verbündeten Schar in Bestürzung geraten, habe ihr Graf Barlaimont, um sie zu ermutigen, zugeflüstert: »Cen'est qu'un tas de gueux!« (»Das ist nur ein Hause Bettler«). Da schlug der Graf Brederode diesen Namen als Bezeichnung für den neuen Bund vor; sein Vorschlag wurde mit Begeisterung angenommen, und so entstand der Name der G. (Gueusen, Geuzen), d. h. Bettler. Als Abzeichen trugen die zum Bund gehörigen Edelleute an ihren Hüten oder Gürteln silberne oder goldene Gerätschaften der Bettler. Auch schlug man damals die sogen. Geusenpfennige, eine ovale Denkmünze in Silber oder Gold, die auf der Hauptseite das Brustbild Philipps II. mit der Umschrift: »En tout fideles an roy« (»In allem getreu dem König«) und auf der Kehrseite einen Bettelsack mit zwei verschlungenen Händen und den Worten: »Jusques a porter la besace« (»Bis zum Bettelsack«) zeigte. Bald zählte der Bund Hunderte von Mitgliedern. Während Albas blutiger Gewaltherrschaft in den Niederlanden rüsteten viele aus Holland Geflüchtete Kaperschiffe aus, mit denen sie auf spanische Schiffe Jagd machten; diese sogen. Meergeusen oder Wassergeusen machten sich den Spaniern bald furchtbar. Die englischen, französischen und selbst die deutschen Nordseehäfen dienten ihnen als Zufluchtstätten. Da sie jedoch ohne Bestallung waren, so wurden sie als Seeräuber angesehen, bis Prinz Wilhelm von Oranien ihnen Kaperbriefe und einen Admiral gab. Am 1. April 1572 nahmen die Meergeusen Briel an der Mündung der Maas. Versprengte Banden in Flandern und Hennegau nannte man 1566–72 Buschgeusen. – In neuerer Zeit wird der Name in Belgien als Bezeichnung der Liberalen in den flämischen Provinzen vielfach wieder gebraucht. Vgl. Moke, Les Gueux de mer (neue Ausg., Brüssel 1885), und Jurien de la Gravière, Les Gueux de mer (Par. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 773.
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