[824] Harnsedimente, die aus dem Harne nach dessen Entleerung und Erkaltung ausfallenden, bez. sich absetzenden organisierten und nichtorganisierten Körper (vgl. Abbildungen). Zu den organisierten gehören Eiter, Harnzylinder, Samenfäden, Epithelzellen der Harnwegeschleimhaut etc. Die letztern stellen sich als mehr oder weniger langgezogene, häufig geschwänzte Zylinderepithelien dar (Fig. 1). Die äußern Abschnitte der Harnwege, namentlich die weibliche Harnröhre, führen in der Regel Plattenepithel (Fig. 2 a). Von andern Zellenelementen kommen im Harnsediment vor allem rote und weiße Blutkörperchen (Fig. 2 e) vor, die auf Erkrankungen (Blutungen, Entzündungen etc.) in den Harnwegen und den Nieren hindeuten. Für Nierenleiden, meist Nierenentzündungen, sind die vieleckigen, großkernigen Nierenepithelzellen charakteristisch (Fig. 2 d, 4 f, 7 f), noch mehr die Harnzylinder (s. d.). Zu den nichtorganisierten Harnsedimenten, die gelöst im Harn enthalten waren oder sich durch chemische Umsetzung aus Harnbestandteilen gebildet haben und ihrer körnigen oder sandigen Beschaffenheit wegen oft als Harngrieß dezeichnet werden, gehören unter andern Harnsäure,[824] harnsaures Natron, phosphorsaurer Kalk und phosphorsaure Ammoniakmagnesia, oxalsaurer Kalk, kohlensaurer Kalk und Farbstoffe. Die Abscheidung solcher Harnsalze in dem noch nicht entleerten Harn (meist in der Blase) ist ein krankhafter Vorgang. Zur Erkennung der organisierten Sedimente ist das Mikroskop erforderlich; die nicht organisierten Sedimente verlangen eine physikalisch-chemische Untersuchung, sind aber z. T. auch durch mikroskopische Bestimmung der Kristallformen etc. erkennbar.
Aus sauer reagierendem Harn scheidet sich, zumal wenn er sehr konzentriert ist, beim Erkalten ein reichliches, meist ziegelrotes amorphes Uratsediment (sedimentum latericium der alten Medizin, weil rötlich [later der Ziegelstein] gefärbt, harnsaures Natron) ab, das sich beim Erwärmen des Harns wieder löst (Fig. 3 u. 5 b). Es erscheint besonders nach reichlichem Fleischgenuß, aber auch ohne solchen und ist völlig ungefährlich. Bei Fieber tritt wegen der starken Konzentration des Harns das Uratsediment besonders reichlich auf. Ebenso löslich ist der in sehr mannigfachen Kristallformen auftretende Harnsäureniederschlag (Wetzstein-, Tafel-, Tonnen-, Hantel- und Drusenform, Fig. 3 a u. 5 c). Ein im sauren Harn auftretender weiß licher oder blaßgelber amorpher oder in keilförmig zugespitzten Prismen (Fig. 8 c) ausfallender Niederschlag, der sich beim Erwärmen nicht löst, dagegen bei Zusatz von etwas Essigsäure ohne Aufbrausen verschwindet, besteht in der Regel aus phosphorsaurem Kalk. Kleine, glänzende Kristalle (Quadratoktaeder) in Briefkuvertform, die in Essigsäure unlöslich sind, bestehen aus oxalsaurem Kalk (Fig. 3 b). Selten treten reguläre[825] sechsseitige Tafeln auf, aus Cystin, einem organischen Körper, bestehend (Fig. 3 c). Geht der Harn in alkalische Gärung über, so findet man phosphorsaure Ammoniakmagnesia, sogen. Tripelphosphat (sargdeckelförmige Kristalle, Fig. 6 b). Ausscheidungen dieses Salzes können auch in Gestalt eines seinen schillernden Häutchens an der Oberfläche des Harns auftreten (Fig. 9). In normalen Harnen selten ist die in Nadeln und rhombischen Prismen ausfallende Hippursäure (Fig. 5 a). Die sargdeckelförmigen Tripelphosphatkristalle bei der alkalischen Harngärung werden häufig von den stechapfelförmigen Kugeln des harnsauren Ammoniaks begleitet (Fig. 6 a). In kleinern Kugeln oder amorph kommt der nach reichlichem Genuß pflanzlicher Nahrung häufige kohlensaure Kalk (Fig. 8 a) vor, selten sind die seinen Nadeln des schwefelsauren Kalkes (Fig. 8 b). Phosphorsaure Magnesia (Fig. 8 d) kann amorph oder in großen rhombischen Tafeln vorkommen. Alle diese Stoffe sind normale Ausscheidungsprodukte des Körperhaushalts; ihre Bedeutung wurde früher sehr überschätzt, während man heute in dem reichlichen Auftreten von Niederschlägen nur eine starke Konzentration des Harns, in einer absoluten Vermehrung der festen Bestandteile den Ausdruck eines gesteigerten Stoffverbrauchs erblickt. Für die Diagnose der Krankheiten der Harnorgane selbst ist aber die Feststellung und Beurteilung der H. oft von ausschlaggebender Bedeutung. Vgl. Literatur beim Artikel »Harn«.
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