[894] Hausschwamm (tropfender Faltenschwamm, Tränenschwamm, Merulius lacrymans Schum., M. destruens Pers., Boletus lacrymans Wulf.), Pilz aus der Ordnung der Hymenomyzeten, Familie der Polyporazeen, dessen Mycel abgestorbene Baumstämme im Wald und in Häusern Balken und Bretter der verschiedensten Holzarten durchwuchert und zerstört. Bei günstigen Entwickelungsbedingungen: Feuchtigkeit und stagnierender Luft, vermag der H. in kurzer Zeit alles Holzwerk eines Gebäudes zu[894] zerstören. Das Mycel dringt dabei auch durch das Mauerwerk vor und befällt, indem es in besondern Leitungsbahnen der Mycelstränge das nötige Wasser selbst herbeiführt, auch völlig trockne Hölzer des Baues. In Kellern und ähnlichen feuchten und finstern Räumen entwickelt der H. nicht selten große, freie, watteähnliche Mycelballen, oder er überzieht die Oberfläche des Holzes mit einer blätterigen, aschgrau und seidenartig glänzenden, von dunklern Strängen durchzogenen Myceldecke, die sich am Rande durch Wachstum strahlig ausbreitet. Das befallene Holz zermorscht allmählich, es wird anfangs gelbbraun, dann dunkler, verbreitet durch faulende Pilzsubstanz Modergeruch, zerklüftet durch Längs- und Querrisse in würfelartige Stücke und läßt sich endlich zwischen den Fingern zu Staub zerreiben. Wo das Mycel im Gebäude an die Luft gelangt, da bilden sich Fruchtkörper aus, die meistens in der Gestalt scheibenförmiger, unregelmäßig umgrenzter Myceldecken von 540 cm Durchmesser auftreten (s. Abbildung). Sie sind am Rande glatt und weiß, der innere Raum der Scheibe aber ist dunkler gefärbt, violett, zimtbraun und ins Bläuliche schimmernd und zeigt ein netzartiges Gewirr erhabener, wurmförmig gekrümmter Falten, die von dem sporenbildenden Hymenium überkleidet sind. Die reisen Sporen, durch die der Pilz wie durch das Mycelium verbreitet wird, sind zimtbraun und treten in Zimmern, in denen der H. fruktifiziert, als täglich wiederkehrender rötlichbrauner Staub auf. Von den Rändern der reisen Fruchtkörper tropft eine wässerige, klare, später milchig getrübte, übelschmeckende Flüssigkeit (daher Tränenschwamm). Der Pilz stirbt ab bei -5° und bei 40°. Ähnliche Zerstörungen des Holzwerkes in Gebäuden, wie sie der echte H. hervorbringt, können auch von dem kaum minder gefährlichen Polyporus vaporarius (Porenschwamm) verursacht werden, der als Parasit an Fichten und Kiefern im Walde lebt, dessen Mycel aber, wenn es mit frischem Bauholz lebend in die Häuser gelangt, auch dort das Zerstörungswerk fortsetzt. Viel seltener findet sich Lenzites sepiaria, dessen Mycel aber das Holzwerk ganzer Gebäude zerstören kann. Lentinus lepideus ist weniger schädlich, doch entwickelt dieser Pilz am Balkenholz nicht selten ganz abnorm gebildete, hornförmige oder geweihartig verzweigte, bis 0,5 m lange Fruchtkörper. Coniophora cerebella macht sich oft am Holzwerke feuchter Keller bemerkbar, ist aber nur im beschränkten Maße schädlich; er gleicht jedoch dem Hausschwamm oft so sehr in Form und Farbe, daß er vielfach mit ihm verwechselt wird. An eichenen Balken und Brettern tritt hin und wieder der Eichenwirrschwamm (Daedalea quercina) auf; er vermag sie teilweise zu zerstören. Auch die strangartigen Mycelien des Hallimasch, die sogen. Rhizomorphen, die wie Wurzelstränge aussehen, können den Dielen, besonders wenn diese dem Erdboden aufliegen, gefährlich werden. Mittel zur Verhütung und Vertilgung des Hausschwammes sind: 1) Sorgfältige Auswahl des Holzes; namentlich dürfen die Bäume nur aus schwammfreien Walddistrikten stammen und nicht im vollen Safte gefällt sein, weil dieser den H. ernährt. 2) Das Bauholz darf nicht zu rasch nach dem Fällen und nur trocken verarbeitet werden. 3) Alle Körper, die dem H. Nahrung liefern, als fruchtbare Erdarten, Gebäudeschutt, Sand, in dem sich organische Bestandteile befinden, u. dgl., dürfen nicht als Füllmaterial gebraucht werden; dagegen können geglühter Sand, trockner, grober Flußkies sowie zerschlagene Ziegelsteine zu diesem Zwecke verwendet werden. 4) Der Baugrund ist trocken zu legen, die Gebäudemauern sind gegen Grundfeuchtigkeit zu isolieren. 5) Das Gebäude darf nicht zu früh geputzt, der Ausbau nicht zu früh eingebracht werden. 6) Die wirksamsten Feinde des Schwammes aber sind Luft und Trockenheit. Ihnen sind besonders Gebäudeteile auszusetzen, die vom H. bereits befallen sind; ihre Zuführung wird mehr nützen als die zahlreichen, im Handel angepriesenen Heilmittel.
Allenfalls empfiehlt sich Tränkung mit Karbolineum, doch auch diese mehr als Vorbeugungs- denn als Heilmittel. Hauptsache ist, daß alle vom H. befallenen Teile sorgfältig beseitigt werden, und daß vor Einbringung des neuen Holzes die Luft lange und gründlich auf den befallenen Bauteil einwirkt. Vgl. Göppert, Der H. (Bresl. 1885); Hennings, Der H. (Berl. 1891); R. Hartig, Der echte H. (2. Aufl. von Tubeuf, das. 1902); Gottgetreu, Die Hausschwammfrage (das. 1891); Dietrich, Die Hausschwammfrage vom bautechnischen Standpunkt (2. Aufl., das. 1898).