Hautgifte

[2] Hautgifte, von den Hautdrüsen verschiedener Tiere, namentlich nackthäutiger Amphibien, abgesonderte giftige Stoffe, die diese Tiere vor den Angriffen vieler Fleischfresser schützen. Von dem Salamander erzählte Plinius, daß er durch Baum- und Brunnenvergiftung ganze Völker morden könne, und auch von der Kröte und den Molchen wurden ungeheuerliche Geschichten geglaubt, von vielen Naturforschern aber geleugnet. Tatsächlich wurden die genannten Tiere zur Bereitung von Pfeilgift benutzt. Laurentius zeigte 1783, daß das Sekret der Hautdrüsen des Salamanders kleine Tiere, in deren Mund es gebracht wird, nach wenigen Minuten unter Nacken- und Rückenkrämpfen (Opisthotonus) tötet. Auch die Drüsenflüssigkeit der Wassermolche (Triton cristatus) fand er für kleinere Tiere tödlich und erkannte die Verschiedenheit ihres unter Lähmungserscheinungen tötenden Giftes. Gratiolet und Cloëz (1851–52), Vulpian (1856), Albini (1858) gewannen die Giftstoffe von Salamander, Molch und Kröte durch Ausziehen mit Alkohol in reinerer Form und wiesen ihre erhebliche Giftigkeit sowohl im Magen als im Blute nach. Zalesky stellte 1866 reines Salamandrin C86H60N2O10 dar und zeigte, daß es ähnlich wie Strychnin wirkt und selbst größere Versuchstiere (Hunde) tötet. Im Krötengift will Calmels (1883) Alkylamin und Isocyanessigsäure nachgewiesen haben. Fornara will das wirksame Prinzip als eine einheitliche Substanz von digitalinartiger Wirkung (Phrynin) dargestellt haben. Wohl die reinsten Substanzen hat Faust (1898–1903) in den Händen gehabt. Es sind zwei dem Cholesterin verwandte Substanzen von Digitalinwirkung. Kobert (1891) zeigte, daß erwachsene Kröten gegen Digitalinvergiftung recht unempfänglich sind, junge, d. h. giftdrüsenlose, aber noch nicht. Er wies ferner nach, daß die Kröte ihr Gift nicht willkürlich zu entleeren vermag, wohl aber bei mechanischer Quetschung. Nach Kobert gibt es nur eine einzige Arzneisubstanz, welche die Kröten zu unwillkürlicher Giftentleerung veranlaßt; dies ist das Chlorbaryum. Eine Kröte, der diese Substanz eingespritzt ist, zeigt überall da, wo Giftdrüsen sitzen, je ein weißes Giftklümpchen.

Nach Albini scheinen Salamander- und Krötengift vom Magen aus stärker zu wirken als in Wunden, was der Bestimmung der H. entsprechen würde. Die durch H. geschützten Tiere bewegen sich im Gefühl ihrer Sicherheit meist sehr langsam und sind vielfach, wie z. B. unser Feuersalamander, durch lebhafte Farben und Zeichnungen (Trutzfarben) ausgezeichnet. Vulpian fand, daß die H. für Tiere derselben Art nicht oder sehr viel weniger schädlich sind, während die der Feuersalamander Wassermolche und Kröten tötete. Über die gesamte Haut der Salamander und Kröten sind gleichmäßig Schleimdrüsen verteilt und ergießen ihren Inhalt, der das für sie gefährliche Eintrocknen der Haut verhindert, unbeeinflußt von dem Willen des Tieres. Giftdrüsen finden sich dagegen nur am Kopf, auf dem Rücken und an den Beinen. Die Ausscheidung des giftigen Sekrets erfolgt beim Salamander willkürlich durch Zusammenziehung von Ringmuskeln, sobald sich das Tier verteidigen will; das Gift spritzt, wenn man die Drüsen elektrisch reizt, beim Salamander in dünnen Strahlen fußweit hervor, während es bei den Kröten nur langsam hervortritt. Es ist also beim Umgang mit Salamandern, aber auch mit Kröten einige Vorsicht erforderlich, zumal das Gift auch bei sofortiger Auswaschung auf Schleimhäuten heftige Schmerzen und starke Entzündung und Anschwellung erzeugen kann. Das Fassen der Kröten mit der Feuerzange ist besonders zu vermeiden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 2.
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