Helm [1]

[152] Helm (hierzu Tafel »Helme«), Ausrüstungsstück zum Kopfschutz, bereits bei Ägyptern und Assyrern in Gebrauch und ursprünglich aus starkem Zeug und Leder, dann aus Metall gefertigt. Die ältesten aufgefundenen Metallhelme sind assyrische aus dem 8. Jahrh. v. Chr. Die Homerischen Helden trugen eherne Helme mit Haarbusch, Kinnriemen und Platten, die Genick, Ohren und Wangen schützten (s. Tafel »Helme«, Fig. 1). Die spätern griechischen Helme haben z. T. unbewegliche Visiere, in denen sich Öffnungen zum Durchsehen befanden (Fig. 2 u. 3). Die römischen Helme, ursprünglich ebenfalls aus Leder, wurden noch in der Blütezeit der Republik durch eherne Helme (cassis) ersetzt (Fig. 4–6). Für das Fußvolk waren noch bis in die mittlere Kaiserzeit lederne Helmkappen mit Metallbeschlägen in Gebrauch. Visierhelme (Fig. 7) mit geflochtenem Drahtgitter waren Schutzwaffen der Gladiatoren (s. d.). Der Flügelhelm der alten Germanen, der häufig auf Bildern erscheint, ist ein Phantasiegebilde. Der Bronzehelme (Fig. 8 u. 9) und Lederhelme mit metallenen Bügeln bedienten sich auch die Völker des Mittelalters bis zum 8. Jahrh. Um diese Zeit kamen schon eiserne Helme vor, die immer mehr zugespitzt und mit Genickschutz versehen wurden. Im 11. Jahrh. trat zu dem hohen kegel- oder niedrigen walzenförmigen H. ein von der Mitte des Stirnrandes über die Nase vorspringender Metallstreifen, der Nasenschutz (nasal), hinzu (Fig. 10). Daraus entwickelte sich im 12. Jahrh. ein vollständiger, unbeweglicher Gesichtsschutz (Helmgitter, Helmsturz, Visier). Statt des Visiers oder unter diesem zum Schutz, wenn jenes aufgeschlagen war, trug man den Helmrost, einen Korb von Drahtgeflecht. Unter dem H. trug man, um das Scheuern zu vermeiden und die Heftigkeit der Schläge abzuschwächen, eine Kappe von dickem Zeug (Harnaschkappe). Zugleich kam auch der Helmschmuck, Helmzimier (cimier) in Form von Kronen, Federn, Wappentieren und symbolischen Abzeichen auf. Von Fußgängern wurde im Kriege auch ein Eisenhut getragen, den man mittels eines ledernen Sturmbandes auf dem Kopfe festband. Die ersten spezifisch mittelalterlichen Helme sind die seit dem Ende des 13. Jahrh. übliche visierlose Becken- oder Kesselhaube (bassinet) und der Kübel- oder Topfhelm, der über der erstern getragen und wegen seiner Schwere bis zum Augenblick des Gebrauchs am Gürtel befestigt und von einem Knappen nachgetragen wurde (Fig. 11). Unter dem eisernen H. oder ohne diesen trug man auch eine mit der Halsberge zusammenhängende Ringhaube, Helmbrünne genannt. Im 14. Jahrh. wurde der Topfhelm auf die Tournierrüstung beschränkt und erhielt zu diesem Zweck vorn eine Vergitterung (Spangenhelm), oder er wurde so geschlossen (Stechhelm), daß nur ein Spalt zum Durchsehen übrigblieb (Fig. 13). Für das 14. Jahrh. ist die große Kesselhaube charakteristisch, aus der sich unter Zusatz eines beweglichen Kinn- und Wangenschutzes im 15. Jahrh. die Salade (Schale, Schallern), eine eiserne runde Haube, entwickelte, die nach hinten zur Sicherung des Genicks spitz zulief (Fig. 12). Gegen Ende des 15. Jahrh. schloß sich die Eisenkappe mit stets beweglichem Visier immer enger um den Kopf zusammen, bis die von den Burgundern erfundene und daher Bourguignotte (Burgunderhelm) genannte Form des Helms daraus entstand (Fig. 14 u. Tafel »Rüstungen II«, Fig. 9). Im Turnier blieb der Spangen- oder Rosthelm in Gebrauch. Die Bourguignotte, später aus vier beweglichen Teilen bestehend, die sich um ein knopfförmiges Scharnier, die Helmrose, drehten, erhielt sich bis zur Mitte des 16. Jahrh. Aus ihr entwickelte sich dann der vollständige Visierhelm mit aus Schienen bestehendem Hals- und Genickschutz und einem hohen Kamm auf dem Scheitelstück zur Abwehr gegen die Schwerthiebe. Zu gleicher Zeit vereinfachte sich der H. unter Fortlassung des Visiers zur Sturmhaube (Sturmhut, s. Tafel »Rüstungen II«, Fig. 7 u. 11) mit festem Stirn- und Genickschirm und beweglichen Backenstücken, die namentlich im 16. Jahrh. beim Fußvolk zur allgemeinen Anwendung kam, während der H. den Reitern blieb. Eine Abart der Sturmhaube ist der von Spanien seit der Mitte des 16. Jahrh. ausgegangene Morion (Maurenkappe, s. Tafel »Rüstungen II«, Fig. 13). Dem 16. Jahrh. gehört auch der Affenhelm an, der durch das stark hervortretende Visier Ähnlichkeit mit einem Affenkopf besaß. Formverwandt ist der Birnenhelm, dessen Glocke in einem nach hinten gebogenen Stiel ausläuft. Große Verbreitung fand im 17. Jahrh. eine Eisenhaube mit verstellbarem Naseneisen und großem, geschobenem Nackenschutz (Fig. 15). Diese von Osten über Ungarn eingedrungene Form bildet den Abschluß einer Entwickelungsreihe, da nun der Hut, oft durch ein Eisengestell verstärkt, auftritt. Um die Mitte des 18. Jahrh. erscheinen in England und Frankreich die Vorläufer der modernen Helme, als »casques á la romaine« (Fig. 16). Dahin gehört auch das bayrische Rumford-Kaskett (Fig. 17). Kurz vor der Wende des 18. zum 19. Jahrh. erscheint eine ganze Anzahl neuer Helmformen, so der Raupenhelm (Fig. 18,19 u. 20). In der ersten Hälfte des 19. Jahrh. verdrängt der Tschako meist den H., namentlich beim Fußvolk, dagegen behält die Reiterei, besonders die schwere, den H. vielfach bei. Er trägt, aus Metall oder Leder gefertigt, einen Bügel, der bisweilen mit einem Roßhaarkamm, einem Schweif oder einer Raupe ausgestattet ist (Fig. 21–25). 1843 wurde in Preußen die sogen. Pickelhaube eingeführt und zwar für alle Waffen, mit Ausnahme der Husaren und Ulanen (Fig. 26–28). Diese Form wurde vielfach nachgeahmt (Fig. 29). In neuerer Zeit fand der den klimatischen Verhältnissen angepaßte Tropenhelm große Verbreitung (Fig. 30). Dem Nachteil größerer Belastung des Kopfes stehen als Vorzüge vor Mützen gegenüber: Schutz von Gesicht und Nacken gegen Sonne und Regen sowie bessere Lüftung des Innern; ferner darf der H. den liegend schießenden Mann nicht durch Anstoßen am Tornister etc. hindern. Vgl. Suttner, Der H. von seinem Ursprung bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts (Wien 1878, mit 48 Tafeln); Boeheim, Handbuch der Waffenkunde (Leipz. 1890). – Über die Verwendung des Helms in der Heraldik vgl. das Textblatt zur Tafel »Heraldik«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 152.
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