Interferénz

[884] Interferénz (lat.), die gegenseitige Einwirkung zusammentreffender Wellen. Begegnen sich z. B. auf einer Wasserfläche zwei gleiche Wellensysteme, so wirken sie bei ihrer Durchkreuzung derart auseinander ein, daß an allen Stellen, wo die Wellenberge des einen Systems mit den Wellenbergen des andern zusammentreffen, das Wasser zu doppelter Höhe erhoben, an den Stellen, wo zwei Wellentäler zusammenkommen, zu doppelter Tiefe hinabgedrückt und dort, wo je ein Wellenberg mit einem Wellental zusammenfällt, auf sein ursprüngliches Niveau, das es im Ruhezustand einnahm, zurückgeführt wird. An diesen letztern Stellen heben sich also die beiden Wellenbewegungen gegenseitig auf, an jenen dagegen unterstützen und verstärken sie sich. Ebenso wie zwei Wasserwellen wirken auch zwei Schallwellen oder zwei Lichtwellen auseinander, indem sie sich an den Stellen, wo sie mit entgegengesetzten Schwingungsrichtungen zusammentreffen, gegenseitig vernichten, so daß zwei Schallwellen daselbst Stille, zwei Lichtwellen Dunkelheit hervorbringen. Gehen die beiden Wellenbewegungen von ihren Mittelpunkten gleichzeitig aus (sind die Schwingungen kohärent), so liegen die Punkte, in denen Verstärkung eintritt, so, daß die von den Mittelpunkten nach ihnen hingehenden Strahlen gleiche Wege oder solche Wege zurückzulegen haben, die um eine Anzahl ganzer Wellenlängen verschieden sind; Vernichtung dagegen findet in jenen Punkten statt, wo die Strahlen mit einem Wegunterschied von einer halben Wellenlänge oder überhaupt einer ungeraden Anzahl halber Wellenlängen eintreffen. Namentlich in der Lehre vom Licht spielt die I. eine wichtige Rolle und gibt Anlaß zu zierlichen Erscheinungen, in denen die Stellen gegenseitiger Verstärkung und Vernichtung als abwechselnd helle und dunkle Streifen oder Ringe gesehen werden. Zum Zusammenbringen der Strahlen können zwei schwach geneigte Spiegel dienen (Fresnels Spiegel), oder zwei dicke Glasplatten (Fizeaus Doppelplatten), oder schwache Prismen (Interferenzprisma, Doppelprisma), oder die Hälften einer Linse (Billets Halblinsen) etc. Durch I. erklären sich auch die Farben dünner Blättchen (z. B. Seifenblasen, Ölschichten auf Wasser, Luftschichten zwischen zwei Glasplatten; s. Newtonsche Farbenringe) etc. Alle diese Erscheinungen können naturgemäß benutzt werden zur Bestimmung der Lichtwellenlängen. Speziell zur Messung mittels Newtonscher Ringe dient das Gyreidometer. Vgl. die Artikel: »Beugung des Lichtes, Polarisation (chromatische), Schall, Wellenbewegung«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 884.
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