Jordānis

[307] Jordānis (got. Jornandes, »eberkühn«), Geschichtschreiber des 6. Jahrh., geb. um 500, alanischer Abkunft, aber aus einem den Amalern verschwägerten Geschlecht, war Notar am ostgotischen Hof in Italien, trat zum Katholizismus und in den geistlichen Stand über und war zuletzt wahrscheinlich Bischof von Kroton. Sein erstes Werk: »De origine actibusque Getarum« (d. h. der Goten), ist ein aus der Erinnerung niedergeschriebener Auszug aus Cassiodorus (s. d.) mit Zusätzen aus Marcellinus Comes und eigner Kenntnis der alten Überlieferungen. Es ist 551 in Konstantinopel oder Chalcedon abgefaßt, wohin J. den Papst Vigilius 547 begleitet hatte. Obwohl sich selbst zu den Goten zählend, war J. eifriger Katholik und Verehrer des römischen Weltreichs und deshalb mit dem Kampf seines Volkes unter Totilas gegen die Römer nicht einverstanden; er sah allein in dessen friedlicher Einfügung in das Weltreich unter den Nachkommen Theoderichs sein Heil. Das zweite Werk: »De breviatione chronicorum« oder »De regnorum successione«, ebenfalls 551 abgefaßt und dem Vigilius gewidmet, eine ungeschickte Kompilation über die Weltgeschichte von Erschaffung der Welt bis 552 n. Chr., ist ohne Wert, während die Geschichte der Goten, da Cassiodors' Schrift verloren ist, eine wichtige Quelle darstellt. Neuere Ausgaben besorgten C. A. Cloß (3. Aufl., Reutling. 1888), Holder (Freib. i. Br. 1882) und Mommsen in den »Monumenta Germaniae historica: Auct. am.«, Bd. 5; eine Übersetzung der »Gotengeschichte« Martens (Leipz. 1884). Vgl. Sybel, De fontibus libri Jordanis de origine actuque Getarum (Berl. 1838); Jak. Grimm, in den »Kleinen Schriften«, Bd. 3 (das. 1866); Stahlberg, Jornandes (Mülheim a. Rh. 1854).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 307.
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