Hölder

[474] Hölder, 1) Julius von, württemberg. Staatsmann, geb. 24. März 1819 in Stuttgart, gest. daselbst 30. Aug. 1887, studierte in Tübingen die Rechte, trat 1842 in den württembergischen Justizdienst, ward als Regierungsrat im Ministerium des Innern 1849 in die Zweite Kammer gewählt, wo er sich der demokratischen Partei anschloß, schied, bei den Neuwahlen 1850 wegen Opposition gegen die Regierung von Stuttgart nach Ellwangen versetzt, aus dem Staatsdienst und ließ sich als Advokat in Stuttgart nieder. 1855 wieder in die Zweite Kammer gewählt, bildete er die Fortschrittspartei, befehdete die klerikale Politik des Ministeriums Linden, förderte die deutschen Einheitsbestrebungen, brachte 1866 die Bildung der »deutschen Partei« zustande, an deren Spitze er für die Sache der deutschen Einheit wirkte, und wurde 1875 Präsident der Kammer. 1871–81 Reichstagsabgeordneter, gehörte er zur nationalliberalen Partei, schied 1879, da er ihre Opposition in der Zollreform mißbilligte, aus und wurde 1881 württembergischer Minister des Innern.

2) Alfred von, Buchhändler, geb. 14. Aug. 1835 in Wimpffen am Neckar, begründete 1862 in Wien ein Verlagsgeschäft (Firma »Alfred H.«) und erwarb dazu das Sortiment der Beckschen Universitäts- und k. k. Hofbuchhandlung (gegründet 1809 daselbst), das er unter dieser Firma fortführt; Teilhaber am Sortiment sind seit 1898 seine Söhne Oskar von H. und Konstantin von H. Der Verlag, einer der bedeutendsten in Österreich, umfaßt so ziemlich alle reinen und angewandten Wissenschaften und zählt zu seinen Autoren die glänzendsten Namen. Von den im Hölderschen Verlag erscheinenden Fachzeitschriften erwähnen wir: »Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes«; »Zeitschrift für Schulgeographie«; »Zeitschrift für Privat- und öffentliches Recht«; »Tschermaks mineralogische u. petrographische Mitteilungen«; »Statistische Monatsschrift«, hrsg. von der k. k. Statistischen Zentralkommission; »Zentralblatt für das gewerbliche Unterrichtswesen in Österreich«; »Abhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien«; »Wiener klinische Rundschau«.

3) Eduard, Pandektist, geb. 27. Nov. 1847 in Stuttgart, studierte in Tübingen, wurde 1872 außerordentlicher, 1873 ordentlicher Professor in Zürich, ging 1874 in gleicher Eigenschaft nach Greifswald, 1880 nach Erlangen und folgte nach Windscheids Tode 1893 einem Rufe als Lehrer des römischen Rechts an die Universität Leipzig. Er schrieb außer zahlreichen Rezensionen und kleinern Aufsätzen: »Die Theorie der Zeitberechnung nach römischem Recht« (Götting. 1873); »Institutionen des römischen Rechts« (Tübing. 1877; 3. Aufl., Freiburg 1893); »Beiträge zur Geschichte des römischen Erbrechts« (Erlangen 1881); »Savigny und Feuerbach« (Berl. 1881); »Das Wesen der Korrealobligation« (Freiburg 1884); »Zum allgemeinen Teil des Entwurfs eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuches« (das. 1888); »Pandekten. Allgemeine Lehren. Mit Rücksicht auf den Zivilgesetzentwurf« (das. 1886–91) und bearbeitete in dem von ihm mit andern herausgegebenen »Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich« den allgemeinen Teil (Münch. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 474.
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