[739] Kataster (ital. catastro, vom mittellat. capitastrum, »Kopfsteuerliste«; Steuerbuch, Steuerbeschreibung, Salbuch), das für direkte Steuern, hauptsächlich für die sogen Realsteuern aufgestellte Verzeichnis der amtlich gesammelten Tatsachen zur Feststellung der Steuersubjekte und Steuerobjekte und der ihnen gesetzlich aufzuerlegenden Steuerschuldigkeiten, insbes. die für die Grundsteuer angefertigte genaue tabellarische Beschreibung der Steuerobjekte (Grundkataster, Grundsteuerbuch, Grundsteuerrolle, Flurbuch), gesondert nach Gemarkungen, bez. Fluren und Hauptkulturarten mit Angabe der Größe, des Ertrags etc.; Katasteramt (Fortschreibungsamt), die mit der Führung (Evidenthaltung) der K., namentlich mit der Ab- und Zuschrift der Grundstücke und der Grundsteuer in Besitzveränderungsfällen, beauftragte Behörde; Katasterbeamter (Fortschreibungsbeamter, Katasterkontrolleur), ein bei dieser Behörde Angestellter. Da die ältern Flurbücher nur eine sehr[739] dürftige Unterlage für die gleichmäßige Verteilung der Grundsteuer (s. d.) bildeten, so wurden in den meisten Staaten in neuerer Zeit umfassende Landesvermessungen veranstaltet (s. Landesvermessung). Die einzelnen Parzellen wurden vermessen und kartiert, und auf Grund dieser amtlichen Unterlagen (s. Katasterkarten) erfolgte dann die Eintragung (Katastrierung) der steuerpflichtigen Grundstücke (Planstücke, Plannummern) nach ihrem Flächengehalt in die K. der einzelnen Flurdistrikte. (Parzellen- oder Parzellarkataster, bei dem im Gegensatz zum ältern Grundkataster Arrondierung und Besitzesverhältnisse zunächst unberücksichtigt bleiben.) An die Vermessung schloß sich sodann die Bonitierung und Ertragsschätzung. Diese kann direkt für jedes einzelne Grundstück erfolgen, indem entweder dessen durchschnittlich möglicher Reinertrag (Ertragskataster) oder der Steuerkapitalwert nach in bestimmter Zeit erzielten Kaufpreisen oder Pachtschillingen (Wertkataster) festgestellt wird, wobei allerdings auch das eine Verfahren sich auf das andre stützen und es ergänzen kann. Eine genaue Einschätzung ist praktisch nicht zu erzielen. Aus diesem Grunde begnügt man sich meist mit dem einfachern Verfahren, daß eine gewisse Zahl von Bonitätsklassen aufgestellt wird. Für jede wird in einem bestimmten Schätzungsbezirk je ein Mustergrundstück ausgesucht und dessen Ertrag ermittelt. Hierauf werden die übrigen Grundstücke je nach Beschaffenheit und Lage in die Klassen eingeschätzt. Die nach diesen Grundsätzen ermittelten Steuerquoten werden in das K. mit eingetragen. Mit technischen Umwandlungen (Rodung, Entsumpfung, Aufforstung, Meliorierung etc.), dann mit Verkehrsänderungen (Bahnbau, Wegebau) und sozialen Verschiebungen (Dichtigkeit der Bevölkerung etc.) ändern sich auch die Grundlagen des Steuerkatasters. Um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu sichern, müßten deshalb von Zeit zu Zeit Berichtigungen des Katasters vorgenommen werden; doch sind dieselben mit so viel Umständlichkeiten und Kosten verknüpft, daß man sie möglichst meidet und sich damit begnügt, nur gewisse Änderungen nachzutragen. Veranlagung und Fortschreibung der Gebäudesteuer (s. d.) erfolgen gewöhnlich in besondern Katastern. Zur Kontrolle der vorgeschriebenen Versicherung der Gebäude gegen Feuersgefahr werden zuweilen besondere Gebäudekataster (Brandkataster) geführt. Auch für andre zur Fortführung bestimmte Verzeichnisse ist der Ausdruck K. gebräuchlich, soz. B. für Genossenschaftskataster, d. h. die Mitgliederverzeichnisse der Berufsgenossenschaften, die im Deutschen Reiche zum Zweck der Unfallversicherung der Arbeiter gebildet sind. Vgl. »Gesetze und Verordnungen zum Handgebrauch für die Beamten der Katasterverwaltung« (Meschede 1876); v. Winckler, Handbuch für die Beamten der Katasterverwaltung (Wiesbad. 1886); Harksen, Das preußische K. und seine Verbindung mit dem Grundbuch (Dessau 1896); Schönberger, Index zu sämtlichen Katasteranweisungen (Frankf. a. O. 1899) und Der Katasterbeamte in Preußen (Hoyerswerda 1902); Gräbke, Aus der preußischen Katasterverwaltung. Verfügungen und Revisionsbemerkungen etc. (Münster 1899).