Kataster

[371] Kataster (v. ital. Catasto, die Auflage nach dem Verhältniß der abgeschätzt liegenden Güter), das unter Auctorität öffentlicher Behörden aufgestellte Verzeichniß der Grundstücke u. denselben gleichgesetzter Befugnisse, wie Gewerbgerechtigkeiten etc. mit den ihnen anhaftenden Steuern u. Abgaben. Verzeichnisse dieser Art kannte schon das alte Rom. Bei den älteren Steuerverfassungen waren diese K. in der Regel sehr unvollkommen, indem die Angaben über Ackergehalt, Ertragsfähigkeit, wonach dann der Betrag der Steuern ausgeworfen war, nur auf unzuverlässigen Berechnungen beruhten. Die neueren, in vielen Staaten in Angriff genommenen Katasterarbeiten haben den Zweck, durch möglichst berichtigte K. die Besteuerung des Grundbesitzes in gleichförmiger Weise, jedoch unter Berücksichtigung der bei dem Grundbesitz vorkommenden Verschiederheiten zu regeln. Vielfach hat man die Katastrirung auch mit der Einrichtung neuer Grund- u. Hypothekenbücher in Verbindung gebracht. Bes. ausgezeichnet sind die Katasterarbeiten Frankreichs, nach deren Muster sich die Gesetzgebung auch mancher deutschen Staaten hierbei gerichtet hat. Namentlich ist in Württemberg, Baiern, im Großherzogthum Hessen, neuerdings im Königreich Sachsen u. mehreren thüringischen Staaten viel für die Vervollkommnung des Katasterwesens geschehen. Das gesammte Geschäft[371] einer umfassenden Katastrirung zerfällt in drei Aufgaben, deren Lösung jedoch auf sehr verschiedene Weise bewirkt werden kann. a) Die ordentliche Vermessung des Bodens bis in die einzelnen Parzellen herab, in welchen der Boden landwirthschaftlich, forstwirthschaftlich od. sonst zur Benutzung der Steuerpflichtigen kommt. Bei dem Umfange, welchen eine allgemeine Vermessung nehmen muß, versuchte man oft dabei stehen zu bleiben, blos ungefähre Declarationen über die zur Besäung od. Bepflanzung erforderliche Quantität sich zu verschaffen u. danach den Flächeninhalt überschlagsweise zu bestimmen. Diese Methode hat sich jedoch so unvollkommen erwiesen, daß dieselbe bei den neueren Katastrirungen allgemein verworfen worden ist. Eine andere Methode ist die isolirte Vermessung der einzelnen Grundstücke od. Fluren. Auch hierbei ist ein zuverlässiges Resultat nur schwer zu erreichen. Am zweckmäßigsten hat sich die Anordnung einer allgemeinen, zusammenhängenden Landesvermessung erwiesen, bei welcher man, nach Bildung u. trigonometrischer Berechnung eines größeren Netzes zur Ausmessung der kleineren Flächen u. somit zur allmäligen Aufnahme des ganzen Landes herabsteigt. Erforderlich ist hierbei zur steten Instandhaltung des K-s die gehörige Aussteinung der Flur- u. Grundstücksgrenzen. Ist durch die Vermessung der quantitative Gehalt des Steuerareals festgestellt, so folgt b) die Bonitirung, d.h. die Feststellung der qualitativen Beschaffenheit. Den richtigen Anhaltpunkt hierzu zu finden, ist noch schwieriger, als es die Vermessung ist, da denselben weder die Zugrundelegung des Pachtschillings, noch des Kaufpreises, noch des Reinertrags gibt. Am rationellsten erscheint das Verfahren, bei welchem man die Ertragsfähigkeit der Grundstücke nach gewissen Kennzeichen u. den bewährten Regeln der Land- u. Forstwirthschaft zur Grundlage der Abschätzung nimmt u. die Taxation unter Einreihung der Grundstücke in gewisse Klassen u. Unterklassen bestimmt. Diese Art der Abschätzung ist bei den neueren Katasterarbeiten im Großherzogthum Hessen, im Königreich Sachsen, im Herzogthum Sachsen-Altenburg etc. zu Grunde gelegt worden. Die Grundstücke werden hierbei zunächst nach der vorgefundenen Cultur- u. Benutzungsart geschieden, als Ackerland, Wiesen, Holzungen, Teiche, Gärten u. Weinberge, Gebäude etc. Innerhalb dieser Abtheilungen werden dann die Klassen aufgestellt, welche sich je nach der natürlichen Ertragsfähigkeit des Bodens abstufen. Für die Unterscheidung dieser Klassen werden am besten solche Merkmale aufgestellt, welche schon durch die äußeren Sinne wahrgenommen u. daher auch von den Landmann leicht begriffen werden können, so daß es auch den Betheiligten möglich ist, die Abschätzungen selbst zu controliren u. zu beurtheilen. Wenn auf einem Grundstück die Merkmale verschiedener Klassen sich zugleich vorfinden (z.B. strenger u. leichter Boden), ohne daß das eine od. andere Merkmal verschieden prävalirt, so werden auch Zwischenklassen zugelassen, in welchen der Werth des Grundstückes aus dem Mittel der Werthe der beiden Klassen, welche concuriren, bestimmt wird. Die praktische Anwendung dieses Klassensystems geschieht dann so, daß zunächst in jedem Bezirke Musterstücke ausgewählt u. bezeichnet werden, welche alle Kennzeichen der Klasse, welcher sie angehören u. deren Bild sie veranschaulichen sollen, an sich tragen. Von diesen Normalstücken aus werden dann die übrigen Parzellen des Bezirkes verglichen, u. je nachdem sie mit den ersteren übereinstimmen, unmittelbar in die einzelnen Klassen eingereiht. Bei den Gebäuden bleiben die auf den Dörfern gewöhnlich außer Anschlag, da die Größe od. Kleinheit des Besitzthums an selbigen sich hier lediglich nach den Verhältnissen der dazu gehörigen ertragsfähigen anderen Grundstücke richtet u. schon bei diesen seine Schätzung mit findet. In den Städten u. in der Nähe derselben dient dagegen der Miethertrag nach Quartieren zum Maßstab, welcher als Grundlage des besonderen Gebäudekatasters gilt. Sind die Ergebnisse der Vermessungen u. Abschätzungen zusammengestellt, so ist c) die Bestimmung der für jedes Grundstück auszuwerfenden Quote der davon zu tragenden Lasten u. Abgaben nur ein einfach rechnerisches Geschäft, wobei die Gesammtsumme der aufzubringenden Steuer den Dividend, der Taxwerth des Grundstückes den Divisor abgibt. Die Anlegung des Steuerbuches, welches, gestützt auf die Vermessungs- u. Bonitirungsregister, diese Angaben enthält, ist hiernach der Schlußstein des Katastergeschäftes. Damit jedoch das Steuerbuch stets den wahren Ausdruck für die Verpflichtungen der steuerbaren Objecte enthalte, sind regelmäßige Revisionen unerläßlich, zu welchem Zwecke die ordentliche Mittheilung jeder Veränderung im Besitze od. in den sonstigen Verhältnissen des Grundstückes (z.B. Ausrodungen, Anlegung von Gebäuden, Wiesenculturen etc.) an die Steuerbehörde sich nothwendig macht. Vgl. Benzenberg, Über das K., Bonn 1818, 2 Bde.; K. Krönke, Das Steuerwesen nach seiner Natur u. seinen Wirkungen, Dammst. 1804; Desselben Anleitung zur Regulirung der Steuern, Gieß. 1810 f.; E. Bouis, Reflexions sur la necessité etc. d'un catastre, Mars. 1816; v. Groß, Die Reinertragsschätzung des Grundbesitzes, Neust. a. d. O. 1828; v. Flotow, Versuch einer Anleitung zur Abschätzung der Grundstücke nach Klassen, Lpz. 1820; Runde, Betrachtungen über das sächsische Grundsteuerkataster; u. Die sächsische Landesabschätzung u. deren Rechtfertigung, Dresden 1850.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 371-372.
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