Landbauzonen

[95] Landbauzonen (hierzu Karte »Landbauzonen der außertropischen Länder«), die Zonen, in denen die einzelnen Kulturpflanzen angebaut werden. Nachdem Humboldt in seinen grundlegenden »Ideen zu einer Geographie der Pflanzen« die Kulturpflanzen in den Kreis der neuen Wissenschaft hineingezogen hatte, konnte Schouw in den »Grundzügen einer allgemeinen Pflanzengeographie« (Berl. 1823) bereits eine kartographische Übersicht über die Kulturzonen der Erde, mit besonderer Berücksichtigung der Getreidearten geben. Nicolets »Atlas de géographie physique et agricole« (Par. 1859) und Berghaus ' »Physikalischer Atlas« (Neubearbeitung, Gotha 1887) begnügten sich im wesentlichen, entsprechend den Bedürfnissen der Pflanzengeographie, mit der Feststellung der Polargrenzen der einzelnen Kulturpflanzen. Für den heutigen Standpunkt der Land- und Volkswirtschaft handelt es sich dagegen vor allem um die Abgrenzung der Verbreitung der einzelnen Kulturpflanzen, der L., auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse, der natürlichen Produktionsbedingungen der örtlichen Gebiete und der Einwirkung von Klima und Boden auf die Pflanzenentwickelung. Nach dieser Richtung wurde die Agrarstatistik der einzelnen Länder von Engelbrecht verarbeitet, obwohl nur für wenige wichtige Kulturen Nachrichten für fast sämtliche europäische Staaten vorliegen, ganz abgesehen davon, daß einzelne Gebiete, wie Russisch-Polen, Spanien, Türkei, China, überhaupt keine Anbaustatistik besitzen. Um das statistische Material zu einem Gesamtbilde zu vereinigen, bot sich die Darstellung der Relation der Anbauflächen einer Kulturpflanze zur Gesamtfläche des Landes oder zur landwirtschaftlich benutzten Fläche, bez. der Fläche des Ackerlandes oder in letzter Linie der Anbaufläche des gesamten Halmgetreides. Das Verhältnis zur Fläche des Ackerlandes ist nicht befriedigend, da seine Abgrenzung sich nicht überall sicher durchführen läßt, wie die ausgedehnte russische Steppenregion mit der dort herrschenden wilden Feldgraswirtschaft zeigt. In den überseeischen Kolonialländern ist überdies die Fläche des Ackerlandes nicht immer festzustellen, weil der ausgesogene Acker oft vieljähriger Verwilderung preisgegeben wird, um dann, neu gekräftigt, wieder in den Turnus aufgenommen zu werden. Die relativ beste Grundlage, um darauf die Flächen der andern Kulturen zu beziehen, war dagegen in der noch engern Vergleichsbasis der Anbaufläche der Hauptgetreidearten gegeben, die ebenso für intensive wie für extensive Verhältnisse geeignet ist, um so mehr, als hier eine gewisse Stetigkeit herrscht, indem, sobald eine Halmfrucht an Ackerbaufläche eine Einbuße erfährt, sogleich eine andre an ihre Stelle tritt. Da im Getreidebau und in der Rindviehzucht der eigentliche Schwerpunkt der Landwirtschaft der außertropischen Länder liegt, so wählte Engelbrecht als Vergleichsbasis für die Nutztiere die Anzahl des Rindviehes.

Die Landwirtschaft der tropischen Länder, die unter der Einwirkung der verschiedenen Höhe und der zeitlichen Niederschlagsverteilung gleichfalls in eine großere Zahl von L. zerfällt, mußte Engelbrecht wegen des Fehlens jeder agrarstatistischen Unterlagen von seiner Untersuchung ausschließen, dagegen wurden die subtropischen Übergangsgebiete berücksichtigt. Es konnten daher folgende auf der beigegebenen Karte in ihrer Abgrenzung zur ersehende L. aufgestellt werden: 1) Subtropische Zone des Zuckerrohrs, als deren Besonderheit das Fehlen des europäischen Getreides betrachtet werden kann. An der Ostseite der Kontinente bildete diese Landbauzone einen allmählichen Übergang von den eigentlichen Tropen zu den außertropischen Gebieten. 2) Subtropische Zone der Baumwolle, anschließend an die vorübergehende Zone in den nordamerikanischen Südstaaten, ebenso im mittlern und nördlichen China. Gleichzeitig gedeiht hier Winterweizen, so daß diese Landbauzone charakterisiert ist durch das Nebeneinandertreten europäischer Halmfrüchte und einjähriger tropischer Kulturen. Auf der südlichen Halbkugel fehlt die entsprechende Landbauzone, die sich hier unmittelbar an die dritte Zone, die Maiszone, anschließt. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika wird die Maiszone gekennzeichnet durch das Zurücktreten der Baumwolle gegenüber dem Weizen, der Batate gegenüber der Kartoffel, sowie des Verschwindens der Erdnuß und der Futtererbse aus der Feldkultur. An der Westseite der Kontinente ist eine Maiszone nur in Europa zu verfolgen. An der nordamerikanischen Pacificküste findet sich nur ein dürftiger Ansatz; dagegen verschwindet sie gänzlich in den kühlen Sommern der Südhemisphäre. 4) Subtropische Gerstenzone. Diese Landbauzone hebt sich überall sehr deutlich an der Westseite der Kontinente ab, sie zeigt eine bemerkenswerte Gleichmäßigkeit in der jahreszeitlichen Verteilung der Niederschläge. 5) Landbauzone der Hochsteppen Innerasiens und der südrussischen Steppen, die sich als Fortsetzung der Wüsten Nordafrikas und Vorderasiens[95] weit in die Kontinentalmasse Asiens hinüberzieht. Nach Europa greift dieses zugleich durch große Trockenheit und intensive Winterkälte sich hervorhebende Gebiet hinüber in die pontischen Küstenländer. In Nordamerika gibt es höchstens einige Hochplateaus, die mit dem Steppengebiet Südrußlands und des nördlichen Turkistan in Parallele gestellt werden können. Im ausgesprochenen Gegensatze zu der sommerlichen Hitze und Dürre des Mediterrangebietes und der Steppenländer steht der kühle und feuchte Sommer der sechsten Zone, der Haferzone, deren Besonderheiten sich am deutlichsten in den Küstenländern an der Westseite der Kontinente ausprägen. In diesen ursprünglich dicht bewaldeten und daher sowohl in Europa als auch in den überseeischen Kolonialgebieten verhältnismäßig spät entwickelten Ländern sind volkswirtschaftlich von hoher Wichtigkeit die ungewöhnlich hohen Durchschnittserträge der europäischen Halmfrüchte. Wenig entwickelt ist diese Landbauzone in den Ländern der Südhemispäre, wo sie sich in Australien auf Neuseeland, Tasmania und die Südküste Victorias beschränkt, während sie in Südamerika bisher nur in der Umgegend von Valdivia und Puerto Monu von Ackerbauern besiedelt ist. Dagegen zieht sie sich in breiter Ausdehnung durch die großen Ländermassen der Nordhemisphäre, wo sie als zirkumpolare Zone auftritt. Einen tiefen Einschnitt in die europäische Haferzone macht das Gebirgsland des südlichen Norwegen als siebente oder arktische, bez. antarktische Gerstenzone, die sich auch über Sibirien und das nördliche Kanada erstreckt und als die Nordgrenze eines erfolgreichen Ackerbaues gegen 8) die arktischen Gebiete ohne Getreidebau überhaupt zu betrachten ist. Vgl. Engelbrecht, Die L. der außertropischen Länder (Berl. 1899, 2 Bde. und Atlas).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 95-96.
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