Landeskultur-Rentenbanken

[101] Landeskultur-Rentenbanken (Landeskultur-Rentenkassen), öffentliche Kreditinstitute zu dem Zweck, um Landwirten für Maßregeln der Landeskultur, insbes. für Bodenmeliorationen (Ent- und Bewässerungsanlagen, Wasserlaufsberichtigungen, Deichanlagen, Urbarmachungen, Wiesen- und Waldkulturen etc.; vgl. Kulturtechnik), und für Flur- und Gemarkungsregulierungen (Wegeregulierungen, Zusammenlegungen, Gemeinheitsteilungen) Darlehen zu gewähren. Darlehen, die zu diesem Zweck aufgenommen werden sollen, müssen unkündbar und amortisierbar sein können. Die Tätigkeit des Staates auf diesem Gebiete rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß solche Maßregeln der Landeskultur auch ein öffentliches Interesse bieten, und daß die Erlangung von Darlehen für diese Zwecke seitens Privater teils unmöglich, teils häufig mit erheblichen Schwierigkeiten verknüpft ist, und deshalb oft jene so nützlichen Maßregeln, namentlich seitens der kleinen und mittlern Landwirte, unterbleiben müßten. Ein solches Institut hat zuerst Sachsen 1861 als Staatsanstalt geschaffen, Preußen 1879 als Provinzial- (Kommunal-) Anstalt den Provinzial- (Kommunal-) Verbänden zu gründen gestattet (davon haben bisher nur Schlesien, Schleswig-Holstein, Posen und Westfalen Gebrauch gemacht). Staatsanstalten bestehen ferner in Hessen seit 1880 (seit 1890 durch die Landeskreditkasse ersetzt) und Bayern seit 1884. Diese Banken geben, nachdem in zuverlässiger Weise festgestellt ist, daß der Reinertrag des Grundstücks durch die das Darlehen erheischende Maßregel entsprechend gesteigert wird, den Landwirten das Kapital als ein von seiten der Bank unkündbares, allmählich zu amortisierendes hypothekarisches Darlehen. Sie beschaffen sich die Leihmittel durch die Ausgabe von verzinslichen Obligationen (»Landeskultur-Renten scheinen« in Sachsen, »Landeskultur-Rentenbriefen« in Preußen, »Landeskultur-Rentenobligationen« in Hessen). Für die Verpflichtungen der Bank aus den von ihr ausgegebenen Obligationen haftet in Sachsen und Hessen die Staatskasse, in Preußen der Provinzial- (Kommunal-) Verband. Ob die hypothekarische Sicherheit für das Darlehen eine genügende ist, darüber entscheidet in Sachsen die Landeskultur-Rentenbank, in Hessen das Ministerium des Innern und der Justiz; in Bayern ist Hypothek innerhalb der ersten Hälfte des Wertes der Grundstücke zu bestellen. In den drei Staaten muß aber die hypothekarische Forderung der Bank die Priorität vor andern bereits eingetragenen Hypotheken haben. In Preußen entscheidet über den Grad der Sicherheit die Bank, das Gesetz enthält aber hierüber folgende Normativbestimmungen: Die Sicherheit ist als vorhanden zu erachten, wenn das Darlehen innerhalb des 25 sachen Betrags des bei der letzten Grundsteuereinschätzung ermittelten Katastralreinertrages oder[101] innerhalb der ersten Hälfte des durch ritterschaftliche, landschaftliche oder besondere Taxe der Landeskultur-Rentenbank zu ermittelnden Wertes der Liegenschaften zu stehen kommt (§ 6). Die Einräumung der Priorität für diese Darlehen ist durch das Gesetz nicht obligatorisch gemacht. Dagegen kann nach dem Gesetz solchen Darlehen, welche zur Ausführung von Drainierungsanlagen gewährt werden, unter gewissen Voraussetzungen und Kautelen, die eine Benachteiligung der Gläubiger ausschließen, das Vorzugsrecht vor allen andern auf privatrechtlichen Titeln beruhenden Lasten des Grundstückes auch ohne ausdrückliche Zustimmung der eingetragenen Gläubiger gewährt werden. Bei Unternehmungen, die von Stadt- und Landgemeinden oder öffentlichen Genossenschaften ausgehen, können in Preußen, Bayern und Hessen Darlehen ohne hypothekarische Sicherheit gewährt werden. In Preußen hat nur die schlesische Anstalt bedeutendere Erfolge erzielt, indem sie bis 1900 für rund 3,5 Mill. Mk. Anlehen gewährt hat. In Sachsen waren bis Ende 1903 für 30 Mill., in Bayern bis Ende 1902 für 2,1 Mill. Mk. Darlehen gegeben worden. Vgl. Schober, Die L. in Preußen, Sachsen und Hessen (Berl. 1887); Hermes, Artikel L. im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 5 (2. Aufl., Jena 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 101-102.
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