Minne

[879] Minne (althochd. minja, minna), ursprünglich soviel wie Erinnerung, Gedenken. Die alten Germanen pflegten bei festlichen Gelagen dem Andenken eines Abwesenden oder ihren Göttern oder Toten (das Totenfest hieß in England minning-day) einen Becher zu weihen und nannten dies des Betreffenden »M. (d. h. Gedächtnis) trinken«. Im deutschen Mittelalter wurde dann vorzugsweise drei Heiligen zu Ehren M. getrunken: dem Evangelist Johannes, der die Gefahr der Vergiftung durch Tränke abwenden sollte (vgl. Johannisweihe), der heil. Gertrud, der Nachfolgerin der germanischen Erd- und Totengöttin, deren M. besonders Scheidende und Reisende tranken, um von ihr unterwegs beschützt zu werden (s. Gesundheittrinken), und der heil. Walpurgis, in deren Namen man den Gesundheit bringenden Maitrank genoß (s. Maifest). Bald aber entwickelte sich in Deutschland für das Wort M. die Bedeutung persönlicher und[879] besonders geschlechtlicher Zuneigung, während »Liebe« nur das Erfreuliche, Angenehme, das Wohlgefallen (im Gegensatz zu Leid) bezeichnete. In den Liebesliedern des Mittelalters, bei den Minnesingern (s. d.), erscheint die M. als Verehrung der Frauen auch personifiziert (Frau M.). Später erhielt das Wort M. den Nebensinn des bloß sinnlichen Genusses, so daß es seit etwa 1500 als unanständig gemieden wurde; erst die Dichter des 18. Jahrh. führten es in seiner edlen Bedeutung wieder in die Dichtersprache ein.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 879-880.
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