Nervöse Fieber und Krankheiten

[530] Nervöse Fieber und Krankheiten, ältere Bezeichnung derjenigen Affektionen, bei denen nervöse Symptome für gewöhnlich oder in dem einzelnen konkreten Fall in den Vordergrund treten. Dergleichen Symptome kommen aber bei allen schweren fieberhaften Krankheiten, vorzugsweise bei Typhus, Pocken, Scharlach, Kindbettfieber etc., sehr häufig vor, und sie können ebensowohl in einer Erhöhung wie in einer Verminderung der verschiedenen Arten der Gehirntätigkeit bestehen. Selten läßt sich eine pathologische[530] anatomische Veränderung des Gehirns als Ursache der nervösen Symptome ermitteln. Der anatomisch festzustellende Sitz der Hauptkrankheit kann dabei in allen möglichen andern Organen sein. Zu den nervösen Symptomen gehören die Delirien, Schwerbesinnlichkeit, Schlafsucht, Sinnestäuschungen, unwillkürliche Muskelbewegungen verschiedener Art, schwere Krämpfe, Doppelbewußtsein, Sehnenhüpfen, lallende Sprache, schwerbewegliche Zunge, Zusammensinken und Herabrutschen des Körpers im Bett, Untersichgehenlassen von Stuhl und Urin. Außer bei fieberhaften örtlichen wie allgemeinen Krankheiten kommen die genannten nervösen Symptome auch noch bei den verschiedensten Krankheiten des Gehirns und der Hirnhaut vor. Im allgemeinen ist das Auftreten der nervösen Symptome diagnostisch oft ohne Wert, prognostisch dagegen von großer und meist von schlimmer Vorbedeutung.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 530-531.
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