Paternosterwerke

[501] Paternosterwerke (Rosenkranzmühlen, Kettenkünste), Maschinen, die Wasser auf kleinere Höhen heben, waren in China schon in den ältesten Zeiten bekannt und bestehen aus zwei in vert ika ler Richtung voneinander abstehenden Rädern, über die sich eine endlose Kette schlingt, die Schöpfeimer oder Kasten trägt. Das untere Rad taucht in das Wasser, und dreht man das obere Rad in geeigneter Richtung, so schöpfen die Eimer Wasser, steigen empor und gießen es oben in ein Gefäß aus. Man wendet auch statt der Eimer einfache Schaufeln, Kolben oder Scheiben etc. an, die in einer Lutte oder Röhre emporsteigen. Man unterscheidet Eimer-, Kastenkünste, Kübel-, Becherwerke, wenn das Wasser in Eimern oder Kasten, Schaufel- oder Scheibenkünste, wenn es durch Schaufeln oder Scheiben, und Püschelkünste, wenn es durch gepolsterte Kugeln oder Kissen gehoben wird. Bei der einfachen Eimerkunst (Noria) fordert das ungestörte Einschöpfen und Ausgießen des Wassers sowie das regelrechte Auflegen der Kettenglieder auf die Räder oder Trommeln langsames Umgehen. Die Gefäße entleeren sich unter bedeutendem Wasserverlust, und das Wasser muß auf eine größere Höhe gehoben werden, als es aufgefangen wird. In Fig. 1 und 2 ist F die Welle, b das Rad mit den Triebstöcken i. A, B, C, D, E sind die Eimer, die das Wasser in den Trog a gießen. Läßt man umgekehrt aus einem Gerinne Wasser beständig in die oben befindlichen Eimer fließen, so setzt sich die Maschine durch das Gewicht des Wassers in Bewegung. Obwohl bei dieser Maschine fast das ganze Gefälle nutzbar gemacht wird, so ist ihr Wirkungsgrad als Kraftmaschine doch gering wegen des Wasserverlustes und der durch die vielen beweglichen Teile bedingten Reibungswiderstände. In Konstruktion und Wirkungsweise entspricht der geschilderten Eimerkunst der Elevator, der zum Fördern von lockerm, körnigem Material (Kohlen, Sand, Getreide etc.) dient und auch zum Heben von Kisten, Fässern, Ziegelsteinen etc. eingerichtet werden kann. Die Eimerkette findet ferner bei Eimerbaggern Verwendung. Schaufelwerke bestehen in der Hauptsache aus einer doppelten Kette ohne Ende mit rechteckigen Holzschaufeln, die rechtwinklig auf den Kettengliedern und zwar mitten zwischen den Gelenken derselben befestigt sind. Die Ketten liegen auf Rädern. Die emporsteigende Schaufelkette zieht sich durch eine parallelepipedische, den Schaufeln angepaßte Lutte, die Steigrinne; die niedergehende Schaufelkette stützt sich entweder auf ein bloßes Laufbrett oder auf eine oben offene Rinne. Die Länge der Rinne ist ca. 5–40 m und ihre Neigung gegen den Horizont 10–30°. Die Bewegung der Maschine geht wieder vom obern Kettenrad aus. Da die Schaufel werke transportabel sind und auch bei unreinem Hubwasser gut arbeiten, so wurden sie früher nicht selten gebraucht, um Grundwasser aus mäßigen Tiefen (bis zu 3 m) emporzuheben.

Fig. 1 Vorderansicht.       Fig. 2. Seitenansicht. Noria.
Fig. 1 Vorderansicht. Fig. 2. Seitenansicht. Noria.

In gleicher Weise sind die Schaufelbagger eingerichtet. Bei der Scheibenkunst (Kolbenkunst) trägt die Kette statt der Schaufeln kreisrunde Scheiben oder Kolben und steigt in einer vertikal stehenden zylindrischen, hölzernen oder eisernen Röhre von 125–150 mm Weite empor. Die Scheibenkette liegt über den gabelförmigen Armenden zweier Räder. Die Bewegung des obern Rades geschieht mittels Kurbel durch Menschenhand. Die Scheibenkunst wird als Kettenpumpe mit gutem Erfolg zum Heben unreiner Flüssigkeiten, besonders als Jauchepumpe, verwendet. Als Wassermotor (Kolbenrad) kann die Scheibenkunst verwendet werden, indem man Wasser in die Röhre fließen läßt, wo es durch sein Gewicht auf die Scheiben wirkt und so die Räder mittels der Kette dreht. – Auf Kriegsschiffen werden P. als Munitionsförderwerke benutzt; zwei über Zahnräder gespannte Gelenkketten haben zwischen sich Geschoßschalen oder Teller u. Ringe zur Aufnahme der Geschosse. Sie sind meist mit elektrischem Betrieb eingerichtet und führen vom Munitionsraum durch den oft gepanzerten Förderschacht bis zum Geschützstand in den Türmen oder Kasematten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 501.
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