Pfau [3]

[693] Pfau, Ludwig, Lyriker und Kunstkritiker, geb. 25. Aug. 1821 in Heilbronn, gest. 12. April 1894 in Stuttgart, lernte nach Absolvierung des Heilbronner Gymnasiums die Kunstgärtnerei in Frankreich, studierte dann aber in Tübingen und Heidelberg und trat bald mit »Gedichten« (Frankf. 1846) hervor. Beim Ausbruch der badischen Revolution von 1848 nahm er als Agitator und Journalist lebhaften Anteil an ihr, gab das scharf satirische Witzblatt »Eulenspiegel« heraus, veröffentlichte die »Stimmen der Zeit« (Heilbr. 1848), und als der Aufstand niedergeworfen worden war, wurde P. zu 22 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er flüchtete in die Schweiz, wo er »Deutsche Sonette auf das Jahr 1850« (Zürich 1849) veröffentlichte. 1852 ließ er sich in Paris nieder und entfaltete hier eine reiche Tätigkeit als Kunstkritiker und Übersetzer. Schon 1855 verfaßte er die vortreffliche Übersetzung des »Onkel Benjamin« von Claude Tillier (Stuttg. 1865), mit Moritz Hartmann übertrug er die »Bretonischen Volkslieder« (Köln 1859) ins Deutsche; später übersetzte er noch unter anderm die Romane und Novellen von Erckmann-Chatrian (»Ausgewählte Werke«, Stuttg. 1882, 12 Bde.). Eine große Bedeutung aber erlangte P. mit den philosophisch-historischen Kunstkritiken, die er sowohl in deutschen als in französischen Zeitschriften veröffentlichte, und deren erste Sammlung als »Freie Studien« (Stuttg. 1866) erschien; die berühmtesten Abhandlungen darin waren: »Die Kunst im Staat« (3. Aufl. 1888) und »Die zeitgenössische Kunst in Belgien«. 1865 kehrte P. nach Deutschland zurück, ließ sich in Stuttgart nieder, wo er eine Zeitlang den »Stuttgarter Beobachter« redigierte. Er blieb bis an sein Ende ein leidenschaftlicher Gegner Preußens und Bismarcks. Ein scharfer Angriff Pfaus auf die preußische Kunstverwaltung 1876 führte zu seiner Verurteilung zu dreimonatiger Haft in Heilbronn. Die erste Gesamtausgabe (3. Aufl.) seiner »Gedichte« (Stuttg. 1874, 4. Aufl. 1889) vereinigte seine politische und rein poetische Lyrik, die sein bedeutendes Talent und seine scharf ausgeprägte Individualität zeigte; mit der feinsten Bildung in Sprache und Form vereinigt Pfaus Lyrik volksliedmäßige Schlichtheit und Innigkeit des Gefühls; politische Satire spielt in ihr eine große Rolle. In der Folge veröffentlichte P. noch: »Kunstgewerbliche Musterbilder aus der Wiener Weltausstellung« (Stuttg. 1874), »Kunst und Gewerbestudien« (das. 1877), »Das Ulmer Münsterjubiläum« (Ulm 1878) und eine Sammlung seiner ästhetischen Schriften u. d. T. »Kunst und Kritik« (Stuttg. 1888, 4 Bde.). Nach seinem Tod erschienen »Politisches und Polemisches aus den nachgelassenen Schriften« (Stuttg. 1895) und »Ausgewählte Gedichte« (hrsg. von Ernst Ziel, das. 1898). Vgl. Ziel, Literarische Reliefs, 4. Reihe (Leipz. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 693.
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