Rellstab

[790] Rellstab, Ludwig, Romanschriftsteller u. Musikkritiker, geb. 13. April 1799 in Berlin, gest. daselbst 27. Nov. 1860, besuchte erst das Werdersche Gymnasium, sodann die Kriegsschule in Berlin, wurde Offizier in der Artillerie und Lehrer der Mathematik und Geschichte an der Brigadeschule. Nachdem er 1821 seinen Abschied genommen, lebte er in der Folge zu Frankfurt a. O., Dresden, Heidelberg und Bonn, bis er sich 1823 als Schriftsteller dauernd in Berlin niederließ. 1826 trat er in die Redaktion der »Vossischen Zeitung« ein, der er, hauptsächlich als Musikreferent, bis an seinen Tod angehörte. Großes Aufsehen erregte er durch seine satirische Darstellung der Triumphe der Sängerin H. Sontag: »Henriette oder die schöne Sängerin« (Leipz. 1827). Diese Schrift sowohl als auch seine heftige Polemik gegen Spontini, in dessen musikalischer Oberleitung des Berliner Theaters R. den Untergang der vaterländischen Musik sah, zogen ihm Gefängnisstrafen zu. Von seinen Erzählungen und Romanen sind zu nennen: »Algier und Paris« (Berl. 1830, 3 Bde.); »1812« (Leipz. 1834, 4 Bde; 6. Aufl. 1891); »Drei Jahre von Dreißigen« (das. 1858, 5 Bde.; 2. Aufl. 1860). Auch Bühnenstücke schrieb er, darunter die Trauerspiele: »Karl der Kühne« (Berl. 1824) und »Eugen Aram« (das. 1839), ferner »Die Venezianer« und »Franz von Sickingen« sowie mehrere Lustspiele, z. B. das historische: »1756«, und Operntexte, so zur Eröffnung des neuen Opernhauses in Berlin 1844: »Ein Feldlager in Schlesien«, wozu Meyerbeer die Musik lieferte. Eine Sammlung seiner Werke, darunter auch Gedichte, erschien in Leipzig (zuletzt 1860 bis 1861, 24 Bde.). Sein letztes Werk war: »Aus meinem Leben« (Berl. 1861, 2 Bde.). Er gab auch die musikalische Zeitschrift »Iris im Gebiet der Tonkunst«[790] (Berl. 1830–41) heraus. Seine Romane und Novellen erheben sich nicht über das Niveau der bessern Unterhaltungsliteratur und sind veraltet. Als Musikkritiker hatte R. durch den Ernst und die musikalische Bildung seines Urteils großen Einfluß, war aber ein Gegner aller Fortbildung der Musik über Mozart und den jungen Beethoven hinaus. Schumann trat gegen ihn in der »Neuen Zeitschrift für Musik« auf.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 790-791.
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