Reuleaux

[836] Reuleaux (spr. rölo), Franz, Techniker, geb. 30. Sept. 1829 in Eschweiler bei Aachen, gest. 20. Aug. 1905 in Berlin, lernte 1845–46 in einer kleinen Maschinenfabrik in Koblenz, arbeitete dann in der väterlichen Maschinenfabrik in Eschweiler, studierte seit 1850 in Karlsruhe und zwei Jahre Philosophie in Berlin und Bonn, war 1854–55 Vorsteher einer Maschinenfabrik in Köln und wurde 1856 Professor der Maschinenbaukunde in Zürich, 1864 Mitglied der Technischen Deputation für Gewerbe und Dozent am Gewerbeinstitut in Berlin, übernahm 1868 die Direktion dieser Anstalt (seit 1865 Gewerbeakademie) und bekleidete nach ihrer Umwandlung in eine Technische Hochschule 1890–91 das Amt des Rektors. R. führte die von französischen Mathematikern begründete kinematische Auffassung der Bewegungsgesetze in die Maschinenlehre ein und lehrte ihre Anwendung auf die verwickelten Mechanismen der Technik. Er kombinierte sie mit neuen, von ihm aufgestellten Gesetzen und versuchte zuerst die Schaffung von Mechanismen durch wissenschaftliche Synthese. Seine in Berlin begründete großartige Mustersammlung kinematischer Modelle war maßgebendes Vorbild für viele derartige Sammlungen. Bei der Beratung des Patentgesetzes gab er zahlreiche Anregungen, und bis 1884 war er Mitglied des kaiserlichen Patentamtes. 1896 trat er in den Ruhestand R. beteiligte sich auch lebhaft an den Bestrebungen zur Wiederbelebung des Kunstgewerbes und war hervorragend bei der Begründung des Berliner Kunstgewerbemuseums beteiligt. Auf der Weltausstellung zu Philadelphia (1876) war er als Vertreter des Deutschen Reiches tätig. Die Beobachtungen und Vergleiche,[836] die sich ihm dort aufdrängten, veranlaßten ihn zu BerichtenBriefe aus Philadelphia«, Braunschw. 1877), die durch die Offenheit, mit der er die damaligen Schäden der deutschen Industrie (»billig und schlecht«) besprach, großes Aufsehen erregten. Auf den Ausstellungen in Sydney und Melbourne 1879–81 leitete er als Reichskommissar die deutsche Beteiligung und knüpfte lebhafte Handelsbeziehungen an. Er schrieb: »Konstruktionslehre für den Maschinenbau« (mit Moll, Bd. 1, Braunschw. 1854–62); »Konstruktion und Berechnung der für den Maschinenbau wichtigsten Federarten« (Winterth. 1857); »Der Konstrukteur« (Braunschw. 1860–62, 4. Aufl. 1889; 4. Abdruck 1899), daraus im Sonderdruck; »Abriß der Festigkeitslehre« (das. 1904); »Die Maschine in der Arbeiterfrage« (Minden 1885); »Kurzgefaßte Geschichte der Dampfmaschine« (Braunschw. 1891); »Die sogen. Thomassche Rechenmaschine« (2. Aufl., Leipz. 1892); »Eine Reise quer durch Indien« (2. Aufl., Berl. 1885); »Aus Kunst und Welt«, vermischte kleinere Schriften (2. Aufl., das. 1901). Von dem auf 3 Bände berechneten »Lehrbuch der Kinematik« bildet die »Theoretische Kinematik« (Braunschw. 1875) den 1. Band; später folgte Bd. 2: »Die praktischen Beziehungen der Kinematik zu Geometrie und Mechanik« (das. 1900). Von 1867–76 redigierte er die »Verhandlungen des Vereins für Gewerbfleiß«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 836-837.
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