[389] Sextant (lat., Spiegelsextant), das wichtigste astronomisch-nautische Instrument zu Höhen- und Abstandmessungen, besteht aus einem Kreissektor ABC (s. Abbildung, S. 390) von etwas über 60°, um dessen Mittelpunkt sich eine Alhidade CD dreht. Diese trägt an dem einen Ende einen Spiegel H (Indexspiegel), der senkrecht auf der Ebene des Sektors steht. Ein andrer, kleinerer Spiegel O ist gleichfalls senkrecht auf der Ebene des Sektors so an dem Sextanten befestigt, daß er dem Spiegel H parallel steht, wenn die Alhidade auf den Nullpunkt der Teilung weist. Die obere Hälfte des Spiegels O ist nicht mit Amalgam belegt, so daß ein Lichtstrahl von einem Gestirn durch den Spiegel unmittelbar in das Auge des Beobachters oder in das kleine Fernrohr R gelangen kann. Will man den Winkelabstand zweier Gestirne (oder entfernter Punkte) messen, so visiert man mit dem Fernrohr R durch den [389] Spiegel O nach dem einen Gestirn und bringt durch Drehung der Alhidade das Spiegelbild des andern Gestirns in dem Spiegel H auf den Spiegel O, bis beide Gestirne in derselben Richtung gesehen werden. Sobald sie sich im Fernrohr decken, ist der Winkel, den beide Spiegel miteinander machen, oder der Bogen, den die Alhidade durchlaufen hat, der auf der Teilung AB mit der Lupe L abgelesen wird, gleich der Hälfte des gesuchten Winkels, unter dem beide Gestirne im Auge des Beobachters erscheinen. Der Bequemlichkeit halber ist die Bezifferung der Teilung AB mit den doppelten Winkelwerten angegeben, so daß die wahre Größe des gemessenen Winkels auf der Teilung abgelesen wird. S und T sind heller und dunkler gefärbte Blendgläser, die nach Bedürfnis bei Beobachtung von Sonne und Mond in den Gang der Lichtstrahlen eingeschaltet werden zur Schonung des Auges.
Der S. ist auf See fast ausschließlich das zur geographischen Ortsbestimmung angewandte Instrument; Höhenmessungen der Sonne oder von Sternen über dem Meereshorizont, der dann direkt durch den unbelegten Teil des Spiegels O anvisiert wird, ergeben die geographische Breite, Abstandmessungen des Mondes von der Sonne oder von den hellern Sternen die Länge. Bei Höhenmessungen auf dem Lande mit einem Sextanten bedarf man eines künstlichen Horizontes (s. Horizont). Über den Oktanten s. Nautische Instrumente. Die Idee der Konstruktion des Spiegelsextanten rührt von Newton (1699) her, während Hadley zuerst (1731) ein solches Instrument baute. Näheres über die geschichtliche Entwickelung des Sextanten s. unter Nautische Instrumente. Eine in der deutschen Handelsschiffahrt sehr bewährte, seine und doch widerstandsfähige Form des Sextanten zeigt Tafel »Nautische Instrumente I«, Fig. 3. Eine Verbesserung des Spiegelsextanten ist der Reflexionskreis, der statt des Kreissektors einen Vollkreis enthält, bei dem durch Ablesung der Teilung an zwei diametralen Stellen des Kreises der Exzentrizitätsfehler vermieden wird, der bei schlechten Sextanten zuweilen erhebliche Beträge erreicht. Bei solchen Vollkreisen werden häufig auch die Spiegel durch Prismen ersetzt (Prismenkreise oder Spiegelprismenkreise; vgl. Tafel »Nautische Instrumente I«, Fig. 4). Auf demselben Prinzip beruhen der veraltete katoptrische Zirkel und die Reflektoren. Zum Messen von Gestirnshöhen ohne Benutzung des natürlichen Horizonts sind mehrere Instrumente konstruiert worden, doch hat sich erst der Kreiselsextant oder Gyroskop-Kollimator von Fleuriais brauchbar erwiesen. Dieser besteht aus einem Sextanten mit einem kreiselartig rotierenden Körper, der senkrecht zu seiner Rotationsachse mit einer Anzahl paralleler Linien versehen ist, die bei vertikaler Stellung der Rotationsachse den künstlichen Horizont bilden, über dem beobachtet und die zu bestimmende Höhe der Gestirne gemessen wird. In Deutschland werden alle Sextanten durch Winkelmessungen genau geprüft, bei guten Instrumenten darf kein Exzentrizitätsfehler vorkommen, auch muß die Achse sorgfältig eingelagert sein. Vgl. Eylert, Der Sextant (Hamb. 1881).
Meyers-1905: Sextant [1]