Höhenmessung

[447] Höhenmessung (Hypsometrie), die Ermittelung der vertikalen Entfernung eines Punktes über einer horizontalen Fläche. Abgesehen von den Fällen, wo man unmittelbar mit dem Maßstab die H. vornehmen kann, benutzt man das Barometer oder das Thermometer, oder man ermittelt die Höhe durch Nivellieren oder eine trigonometrische Operation. Die barometrische H. beruht auf der Abnahme des Luftdruckes mit zunehmender Erhebung über die Erdoberfläche. Bestimmt man deshalb möglichst zu gleicher Zeit an zwei Stationen den Luftdruck mittels des Barometers, so gibt der Unterschied des Luftdruckes ein Maß für den Höhenunterschied der beiden Stationen. Die Beziehung, in der beide Unterschiede zueinander stehen, ist aber ziemlich kompliziert und vom Luftdruck selbst, der Temperatur und Feuchtigkeit der Luft sowie der geographischen Breite abhängig. Die Gleichung, die diese Beziehung angibt, die barometrische Höhenformel, ist zuerst von Laplace (1799) aufgestellt und später von Gauß, Bauernfeind, Jordan u. a. verbessert worden. Die Jordansche nimmt für Mitteleuropa (geographische Breite 50°, mittlere Höhe über dem Meere 500 m, mittlerer Dunstdruck 7,2 mm) die folgende Form an:

Tabelle

wo h den gesuchten Höhenunterschied der beiden Stationen in Metern, T, t die Lufttemperatur, B, b den Barometerstand an den beiden Stationen bezeichnet. Noch bequemer kann man den Höhenunterschied aus einer barometrischen Höhentafel (z. B. Jordan, 2. Aufl., Stuttg. 1886), die nach dieser Formel berechnet ist, entnehmen. Zur Bestimmung des Barometerstandes bedient man sich fast ausschließlich des Naudetschen Aneroidbarometers (vgl. Tafel »Barometer«, S. II), das auf dem Transport aber sehr sorgfältig behandelt werden muß. Ausgangspunkt[447] für eine barometrische H. muß stets ein seiner Höhenlage nach bekannter Punkt sein; hier wird zuerst Lufttemperatur und Barometerstand ermittelt, dann begibt man sich zu dem ersten zu messenden Punkt und wiederholt dieselbe Operation, darauf zu einem 2., 3., 4. etc. Punkt, bis man nach Verlauf von 1–11/2 Stunde zum Ausgangspunkt zurückkehrt oder einen Punkt erreicht, dessen Höhe gleichfalls bereits anderweitig vorher bestimmt ist. Länger darf man die Barometermessungen nicht fortsetzen, da sonst die Schwankungen des Luftdruckes leicht die Messungsergebnisse unbrauchbar machen können. Die Höhenwerte der untersuchten Stationen werden sodann aus den erhaltenen Barometer- und Temperaturmessungen nach der Barometerformel abgeleitet oder aus der Höhentafel entnommen. Der Höhenunterschied, der bei einer Lufttemperatur von 15° einer Änderung des Luftdruckes von 1 mm bei den verschiedenen Barometerständen entspricht, ergibt sich aus folgender Zusammenstellung.

Tabelle

Die Barometeränderungen, die Höhenunterschieden von 100 m entsprechen, können aus der unten angegebenen Tabelle entnommen werden (Perrier stellte 1648 zu Clermont die erste barometrische H. an).

Nach Wollastons Vorschlag (1817) kann man auch das Thermometer zu Höhenmessungen benutzen, da die Temperatur, bei der das Wasser siedet, abhängig ist von dem auf dem Wasser lastenden Luftdruck. Einem Unterschied von 1 mm im Barometerstand entspricht aber nur ein Unterschied von weniger als 0,05° im Siedepunkt, und man bedarf deshalb zu diesen Messungen besonders genauer Thermometer. Fig. 1 stellt ein solches Siedethermometer (Hypsothermometer) von Danckelman dar, wie es bei Forschungsreisen viel benutzt wird. A ist das aus Kupfer gefertigte Siedegefäß, in dessen Dampfrohr B das Siedethermometer T eingehängt ist. L deutet die Spirituslampe an. G ist ein durch eine Zwischenwand getrennter Doppelbehälter für die Aufnahme von Spiritus und den Wasservorrat, während F das Futteral zur Aufnahme der einzelnen Teile beim Transport veranschaulicht.

Fig. 1. Danckelmans Hypsothermometer (Siedethermometer).
Fig. 1. Danckelmans Hypsothermometer (Siedethermometer).

Um umständliche Rechnungen zu vermeiden, gibt die Skala des Thermometers unmittelbar den Barometerstand von 2 zu 2 mm an, so daß eine Genauigkeit von 0,2 mm im Barometerstand erreicht werden kann. Der abgelesene Stand ist gleich dem auf 0° Temperatur und 45° geographischer Breite reduzierten Barometerstand. Vgl. Frischauf, Das Höhenmessen mit dem Siedethermometer (in der »Österreichischen Alpen-Zeitung«, 1894, Nr. 394 und 403). Die folgende Tabelle gibt die den verschiedenen Höhen entsprechenden Barometerstände und Siedepunkte des Wassers.

Tabelle

Zur trigonometrischen H. benutzt man das Fernrohr und mißt den Vertikalwinkel, dessen Spitze im Aufstellungspunkt des Fernrohrs liegt, und dessen Schenkel die Horizontale und die Visierlinie nach dem Punkte, dessen Höhe gemessen werden soll, bilden. Die zu messende Höhe bildet die dritte Seite eines Dreiecks, und man kann dieselbe berechnen, sobald der genannte Höhenwinkel α (Fig. 2) und eine Seite gemessen sind. Die Seite ist entweder die horizontale Kathete oder Hypotenuse. Liegt eine Meßtischaufnahme oder eine Karte zugrunde, in welcher der Ausstellungs- und der Höhenpunkt bereits angegeben sind, so ist der Abstand beider die horizontale Kathete b und die gesuchte Höhe h = b tang α. Ist b nicht bekannt, so muß die Hypotenuse a gemessen werden, und es ist dann h = a sin α.

Fig. 2.
Fig. 2.

Das Messen der Hypotenuse geschieht entweder mit den gewöhnlichen Längenmeßinstrumenten (Meßkette, Meßband) auf dem Terrain oder mit der entfernungmessenden Kippregel (s. d.), und es wird damit gleich das Messen des Winkels α verbunden. Der Höhenwinkel allein kann mit der gewöhnlichen Kippregel oder dem Theodoliten (s. d.) gemessen werden. Bei Entfernungen von 1000 m und darüber muß in der Rechnung auch der Einfluß der Erdkrümmung und der Refraktion berücksichtigt werden. Erstere bewirkt, daß die berechneten Höhenunterschiede zu klein gefunden werden; letztere wirkt im entgegengesetzten Sinne, jedoch nur in einem Betrage von 1/7-1/8 (nach Gauß 0,13) des Einflusses der Erdkrümmung. Auf 1000 m Entfernung beträgt die Korrektion wegen Erdkrümmung +8 cm, wegen [448] Refraktion -1 cm, so daß der ermittelte Höhenunterschied im ganzen um 7 cm zu verbessern ist. Diese Verbesserung wächst mit der Entfernung im quadratischen Verhältnis. Zum Handgebrauch bei den Höhenmessungen dienen die Koten- oder Höhentafeln, in denen für gegebene Werte von α und b die Stücke h, a sowie auch die erforderlichen Korrektionen (Erdkrümmung und Strahlenbrechung) tabellarisch verzeichnet sind. Die so ermessene Höhe eines Punktes bezieht sich nur auf seine Höhe über dem Standpunkt des Messenden (relative Höhe), zu der die Höhe des letztern über dem Meeresspiegel noch addiert werden muß, um die absolute Höhe des Punktes zu erhalten.

Die geometrische H. s. bei Nivellieren. Die Höhe eines Baumes, Turmes etc. läßt sich praktisch sehr einfach ermitteln. In den Dreiecken a b e und a c d (Fig. 3) verhält sich a b : a c = b e : c d. In dieser Proportion ist c d die zu messende Höhe x, mithin x = (ac.be)/(ab). Mißt man also vom Stamm des Baumes die Linie a c, stellt sich in a auf und läßt einen Stock, der um b e länger ist als die Höhe des Auges über dem Erdboden, so lange in der Richtung zum Baum senkrecht fortbewegen, bis man über sein oberes Ende die Spitze des Baumes sieht, so ist nur noch die Entfernung des Beobachters bis zum Stock zu messen, um die bekannten Größen der obigen Proportion zu haben, aus der c d, die zu messende Höhe, sich sofort berechnen läßt, zu der aber noch die Höhe des Auges über dem Erdboden addiert werden muß.

Fig. 3.
Fig. 3.

Auf diesem Prinzip beruht die Konstruktion vieler Höhenmesser für gewerbliche Zwecke, z. B. der Höhenmesser von Faustmann (Spiegelhypsometer), von Weise (Rohrhypsometer), Stahl (Höhenmeßbrett), Preßler (Meßknecht) u. a., die so eingerichtet sind, daß man nach Einstellung des Instruments die zu messende Höhe sofort am Index ablesen kann. Vgl. Artikel »Aufnahme, topographische«, und die dort angeführte Literatur; außerdem Bauernfeind, Beobachtungen und Untersuchungen über die Genauigkeit barometrischer Höhenmessungen (Münch. 1862) und Beobachtungen und Untersuchungen über die Eigenschaften und praktische Verwertung der Naudetschen Aneroidbarometer (das. 1874); Herzog, Praktische Anleitung zum Höhenmessen mittels Dosenbarometer (2. Aufl., Leipz. 1874); Schreiber, Handbuch der barometrischen Höhenmessungen (2. Ausg., Weim. 1883); Liznar, Die barometrische H. (Wien 1904); auch Literatur bei Artikel »Barometer«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 447-449.
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