Stickstoffoxydul

[27] Stickstoffoxydul (Stickoxydul, Lustgas, Rauschgas, Lachgas) N2O entsteht durch Reduktion von verdünnter Salpetriger Säure mit Schwesliger Säure, von Stickstoffoxyd mit Schwefligsäuresalzen, von Salpetersäure mit Zink. Es wird dargestellt durch Erhitzen von salpetersaurem Ammoniak (NH4NO3 = N2O+2H2O) und Waschen des Gases mit Eisenvitriollösung und Kalilauge; 1 kg des Salzes liefert 278 Lit. Gas von 0°. Es bildet ein farbloses Gas, riecht und schmeckt schwach süßlich, spez. Gew. 1,53; 100 Volumen Wasser lösen bei 0°: 130,5, bei 15°: 77,8 Vol. In Alkohol ist es noch leichter löslich; bei 0° und unter einem Druck von 36 Atmosphären wird es zu einer farblosen Flüssigkeit kondensiert, die bei -89° siedet, nach dem Erstarren bei -100° schmilzt und, mit Schwefelkohlenstoff gemischt, beim Verdampfen im luftleeren Raum eine Temperatur von -140° erzeugt. Das Gas unterhält den Verbrennungsprozeß, und viele Körper verbrennen darin mit ähnlichem Glanz wie in Sauerstoff; mit Wasserstoff bildet es eine explosive Mischung. Ein glimmender Holzspan entzündet sich darin fast wie in Sauerstoff. Im glühenden Rohr zerfällt es in Stickstoff und Sauerstoff, und mit glühendem Kalihydrat bildet es Ammoniakkaliumnitrat und Kaliumnitrit. Beim Einatmen erzeugt es Rausch, Heiterkeit (Lachgas) und Bewußtlosigkeit und tötet durch Erstickung. Unterbricht man aber die Einatmung, sobald die Bewußtlosigkeit eingetreten ist, so verschwinden alle Erscheinungen schnell und ohne bleibenden Nachteil. Deshalb hat man das Gas als an ästhetisches Mittel bei kleinen Operationen, namentlich beim Ausziehen von Zähnen und zur Beseitigung des Wehenschmerzes benutzt. S. wurde 1776 von Priestley entdeckt, Davy beobachtete 1799 seine eigentümliche Wirkung auf den Organismus, und Wells zu Hartford in Connecticut benutzte es zur Hervorbringung einer schnell vorübergehenden Narkose. Es blieb indes ohne praktischen Wert, bis es Porter 1863 in England einführte und Evans in Paris es 1867 zur wissenschaftlichen Verwertung brachte. 22–26 Lit. Gas genügen gewöhnlich zur Erzeugung einer vollständigen Narkose, die aber nur 30–90 Sekunden währt. Durch geschickte Leitung des abwechselnden Einatmens von S. und Luft hat man die Narkose auf 50–90 Minuten ausgedehnt. Vorteilhaft ist die Einatmung einer Mischung von 4 Volumen S. und 1 Vol. Sauerstoff, die dieselbe Wirkung hat wie die Einatmung von reinem S. und ohne Gefahr lange fortgesetzt werden kann. Indes wird das S. jetzt seltener als früher angewandt. Vgl. Goltstein, Die physiologischen Wirkungen des Stickstoffoxydulgases (Bonn 1878); Schrauth, Das Lustgas und seine Verwendbarkeit in der Chirurgie (Leipz. 1886).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 27.
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