Striktūr

[121] Striktūr (lat.), eine auf einzelne Stellen beschränkte, durch verschiedenartige Prozesse bedingte Verengerung eines mit einer Schleimhaut ausgekleideten Kanals. Strikturen kommen vor an der Speiseröhre, am Magenein- und -Ausgang, im Darm, in den Tränenkanälen, in der Luftröhre, in der Harnröhre u. a. O. Sie entstehen dadurch, daß die Schleimhaut des betreffenden Kanals an einer umschriebenen Stelle nach vorangegangener Verschwärung in ein festes Narbengewebe umgewandelt wird, das sich zusammenzieht, schrumpft und nun wie ein fester um den Kanal herumgelegter Ring diesen bleibend zusammenschnürt; oder sie beruhen auf Einlagerung von Krebsmasse in das Schleimhautgewebe, wodurch sich dieses beträchtlich verdickt, unnachgiebig wird und den Kanal auf verschieden große Strecken verengert. Die Strikturen der Speiseröhre beruhen meist auf Krebseinlagerung, seltener auf Narbenbildung infolge von Verbrennungen oder Einführung von ätzenden und scharfen Substanzen (Vergiftung mit Schwefelsäure, Ätzkali). Die Strikturen des Magens sind bedingt durch Magenkrebs oder durch die sich stark zusammenziehenden Narben, die nach einem Magengeschwür zurückbleiben. Ähnliches gilt von den Strikturen des Darmes, die auch infolge der Verschwärung der Schleimhaut bei Ruhr, Typhus, Syphilis entstehen können. Die Strikturen der Harnröhre, die überwiegend beim männlichen Geschlecht vorkommen, sind fast immer die Folge eines Trippers. – Strikturen machen den betreffenden Kanal bis zu einem gewissen Grad unwegsam, die Massen, die durch den Kanal hindurchgehen sollen, werden an der S. aufgehalten, erweitern letztern dort mit der Zeit krankhaft, meist sackartig, und werden unter Umständen in umgekehrter Richtung wieder entleert. Daher ist bei der S. der Speiseröhre das Schlingen erschwert, die Speisen werden meist sofort wieder ausgewürgt. Bei Strikturen des Magens wird der Speisebrei, der nicht in den Zwölffingerdarm gelangen kann, durch Erbrechen wieder nach außen entleert. Bei Strikturen des Darmes treten Stuhlverhaltung, einfaches oder Kotbrechen, bei Strikturen der Harnröhre erschwertes Harnen, Ablenkung des dünnen Harnstrahls, tropfenweises Abgehen des Urins, Ausdehnung der Blase, auch des Nierenbeckens etc. ein. In allen diesen Fällen sind auch Schmerz, Gefühl von Druck in der betreffenden Gegend etc. vorhanden. Die Behandlung der Strikturen kann nur da eine direkte sein, wo sie mit mechanischen Hilfsmitteln erreichbar sind, wie in der Speiseröhre, der Harnröhre und im Mastdarm, während die Strikturen des Magens und Darmes chirurgische Entfernung des engen Stückes oder plastische Operationen erfordern. Krebsige Strikturen geben unter allen Umständen eine schlechte Prognose, die narbigen Strikturen im allgemeinen eine bessere; doch sind auch sie sehr schwer und oft nur unvollkommen zu beseitigen. Man sucht durch Einführung von glatten zylinderförmigen Körpern den verengerten Kanal allmählich zu erweitern, indem man Zylinder (Bougies, bei der Speiseröhre olivenförmige Körper von Elfenbein) von immer zunehmender Dicke anwendet. Bei der Harnröhre wird auch die Boutonnière oder Knopflochoperation (s. d.) angewandt. Vgl. Dittel, Die Strikturen der Harnröhre (Stuttg. 1880); Thompson, Die Krankheiten der Harnwege (deutsch von Casper, Münch. 1888), Distin-Maddick, Die Harnröhren-Striktur (deutsch, Tübing. 1889); Gumprecht, Technik der speziellen Therapie (3. Aufl., Jena 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 121.
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