Thomas von Kempen

[495] Thomas von Kempen (T. a Kempis), berühmter asketisch-mystischer Theolog des Mittelalters, eigentlich Thomas Hemerken (Malleolus), geb. 1379 oder 1380 zu Kempen (Kampen) im Kölnischen, gest. 25. Juli 1471, besuchte die Schule der Brüder des gemeinsamen Lebens in Deventer, trat 1406 in das Augustinerkloster zu Agnetenberg bei Zwolle, ward 1413 Priester, 1425 Subprior, zeitweilig auch Prokurator des Klosters, 1448 wiederum Subprior. Von seinen zahlreichen Schriften (Gesamtausgabe von Pohl, Freib. 1902 ff., 7 Bde.) sind am meisten verbreitet die »Vier Bücher von der Nachfolge Christi« (»De imitatione Christi«), das nächst der Bibel am häufigsten gedruckte und Tausende von Malen übersetzte Werk (hrsg. von Hirsche, 2. Ausg., Berl. 1891; Ruelens, Leipz. 1879, mit Faksimile des Textes des Brüsseler Autographs; neuere Übersetzungen von Fromm, Gotha 1890, und Pfister, 16. Aufl., Freib. 1906). Da der Verfasser seinen Namen nicht genannt hat, entstand über die Autorschaft bald Unsicherheit. Nicht weniger als 35 vermeintliche Verfasser werden in Handschriften und Drucken genannt, neben T. am meisten der Name des Pariser Kanzlers Gerson (s. d.) und der des Benediktinerabtes Gersen von Vercelli, für dessen Autorschaft besonders Wolfsgruber (»Giovanni Gersen«, Augsb. 1880) eintrat. Einen schlagenden Grund gegen die Autorschaft des T., der in über 50 Handschriften als Verfasser bezeichnet wird, gibt es nicht, unter der Voraussetzung, daß die »Imitatio« bereits um 1420 von ihm verfaßt wurde. Die älteste sicher datierte Handschrift (Wolfenbüttel) ist von 1424. Die Brüsseler Handschrift stammt von T. selbst, der sich aber hier nur als den Schreiber bezeichnet. Vgl. Cruise, Thomas a Kempis (Lond. 1887); Hirsche, Prolegomena zu einer neuen Ausgabe der ›Imitatio Christi‹ (Berl. 1873–94, 3 Bde.); Wheatley, The story of the ›Imitatio Christi (Lond. 1891); Funk, Kirchengeschichtliche Abhandlungen und Untersuchungen, Bd. 2 (Paderb. 1899); Scully, Life of the venerable Thomas a Kempis (Lond. 1901); Montmorency, Thomas a Kempis, his age and his book (das. 1906). – Katholiken und Protestanten sind 1906 in Zwolle zur Bildung eines Thomasa Kempis-Vereins zusammengetreten mit der Aufgabe, alles zu sammeln, was mit dem Verfasser der »Nachfolge Christi« in Verbindung steht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 495.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: