Bauernspiele

[416] Bauernspiele. Die theatralischen Darstellungen aus der Biblischen Geschichte, welche seit dem 11. Jahrh. Anfangs von Geistlichen u. Chorknaben, später von Laien, die ihre Kunst gewerbsmäßig betrieben, bei kirchlichen Festen öffentlich aufgeführt wurden (s. Mysterien), fanden auch beim Landvolke Nachahmung. Die Bauern, vorzugsweise der südlichen Berggegenden Deutschlands, sowie auch der Schweiz, versuchten Nachahmungen jener Stücke zu geben, die in den Städten von Schauspielerbanden gespielt wurden. Gegen die Mitte des 15. Jahrh. fand diese Sitte allgemeinere Verbreitung, u. die gesteigerte Schaulust der Menge führte zu einem immer größeren Pomp in der scenischen Ausstattung, bes. seitdem die Jesuiten sich der Verbreitung der B. annahmen u. bei Anordnung derselben durch neue Texte u. neue Einrichtungen den Geschmack der Spieler wie der Zuschauer an diesen Spielen wach zu erhalten wußten. Die allmälige Ausartung der Sitte u. die Aufnahme profaner, namentlich komischer Elemente in diese, der Biblischen (Passions-) od. Heiligengeschichte entnommenen Darstellungen, erregte das Bedenken der geistlichen u. weltlichen Obrigkeit, welche seit Mitte des kg. Jahrh. nach u. nach den B-n durch strenge Verbote ein Ende machte. Nur vereinzelt kommen hier u. da bei kirchlichen Festen Erscheinungen vor, die mit den B-n verwandt od. als Überreste derselben zu betrachten sind; so die Passionsspiele (s.d.) im Oberammergau in Oberbaiern, bei welchem die ganze Leidensgeschichte Christi in lebenden Bildern auf einem inmitten einer großen Wiese errichteten Theater dargestellt wird. Ähnliche Aufzüge finden auch noch in mehreren kleinen italienischen Orten, u.a. in Monaco, Statt. Vgl. Devrient, Das Passionsschauspiel im Oberammergau, Lpz. 1851.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 416.
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