Drapiren

[297] Drapiren (Maler u. Bildhauer), die Kunst der Gewandung od. Bekleidung der dargestellten Figuren; sie ist eine doppelte u. besteht in der mannigfaltigen u. geschmackvollen Anordnung der Gewänder u. in der glücklichen Wahl des Zuges, der Formen u. der Massen des Gefältes. Ihre Aufgabe ist die Gestalt, indem sie dieselbe verhüllt, in allen bewegenden Theilen u. die Bewegung selbst hervortreten zu lassen; sie erscheint mangelhaft, wenn die vorkommenden Falten nicht durch die Stelle, wo sie stehen, u. durch die Bewegung hervorgebracht sind, u. wenn sie die natürliche Construction u. Eintheilung des Körpers bedecken. Für ideale Gestalten geht dem Künstler die Wirklichkeit hier nur schwach zur Hand, u. in der Kunst zu D. zeigt sich am ersten eine schöpferische Phantasie u. reiner Geschmack. In der Antike, wo die Absicht vorwaltet, die Körperformen möglichst hervorzuheben, ist die Kunst zu D. untergeordnet, u. findet man meist sehr dünne, anliegende Gewänder mit seinen Falten ohne große Massen; ein Styl, welchen neuere Bildhauer beibehalten haben. Die Maler des Mittelalters haben in der Kunst zu D. einen größeren Reichthum entwickelt, obschon es nur wenige gibt, die als vollkommene Muster gelten können. In Bezug auf Formenbestimmung sind die alten Florentiner musterhaft, aber an Reichthum der Motive, Schönheit u. Mannigfaltigkeit der Anordnung, Wahrheit der Formen, Größe u. Harmonie der Massen ist Rafael unerreicht. Die altdeutschen Künstler, so wie die Venetianer, brachen ihre Gewänder zu klein. In den späteren Zeiten herrschte Willkühr u. Ungeschmack. Jetzt ist Cornelius der erste Meister im D.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 297.
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