Asien [1]

[810] Asien. I. (Alte Geogr.), bei den Alten eigentlich blos das sogenannte Klein-Asien, zur römischen Zeit u. bei den Römern auch nur die römische Provinz in dem Westtheile (Asia propria); doch begriff man auch schon im Alterthum den jetzigen Erdtheil unter diesen Namen. Über den Namen selbst s. u. Asien (Gesch.) I. Die Grenzen gegen Westen waren zu verschiedenen Zeiten verschieden angenommen; so galt in Europa der Phasis, der Araxes u. das Kaspische Meer, in Afrika der Nil als Grenze, so daß auch Ostägypten mit zu A. gerechnet wurde; seit Strabo aber waren die WGrenzen A-s der Tanais (Don), Palus Mäotis, Pontos Euxinos, Propontis, Hellespontos, Landenge von Arsinoe (Suez) u. der Arabische Meerbusen. Übrigens umgaben Meere A., in Norden das Skythische, in Osten das Eoische, in Süden das Indische. Die Alten hatten eine falsche Vorstellung von der Gestalt A-s; da sie es gegen O. u. S O. zu sehr verlängerten, gegen N. u. N O. dagegen zu sehr verkürzten, so erhielt es die Gestalt eines länglichen Parallelogramms. Je nachdem sie den Fluß Halys od. das Taurusgebirge annahmen, theilten sie es in das Obere u. Untere A., oder in A. diesseit u. jenseit des Tauros. Obgleich die Alten weder A., noch Afrika, noch Europa ganz kannten, so hielten sie doch schon ganz richtig A. für den größten der drei bekannten Continente, ja Strabo glaubte, A. wäre größer als Afrika u. Europa zusammengenommen; sie schätzten es etwa 10,000 deutsche M. lang u. über 700 M. breit. Von Gebirgen, deren Zusammenhang u. Verhältnisse zu einander den Alten übrigens unbekannt waren, werden genannt: in'W. Tauros mit seinen vielen Zweigen (Antitauros, Amanos, Masios, Zagros etc.), weiter nach O. Imaos mit den Emodi, dann den Asmiräl Montes, Annibi u. Auxacii Montes, Kommedos, Sogdii u. Oxii Montes, Paropamisos; in N. Casii Montes, Kaukasos mit den Ceraunii Montes, Koraxikos, Paryadres, Sködises; unter dem nördlichen Grenzgebirge gegen Europa die Hyperborei, Alani, Rhymmici. Aspisli, Tapuri, Anarei Montes etc. (s.d. a.). Von Strömen gehörten zum Stromgebiet des Nördlichen Eismeeres der Paropamisos u. Öchardes; zu dem des Großen Oceans der Bautes; des Indischen Meeres der Ambastos, Seros, Dorias, Doanas, Ganges, Dosaron, Tyndis, Mäsolos, Chaberos, Indos u. a.; des Arabischen Meeres der Tigris u. Euphrat; des Mittelmeeres der Mäander, Hermos, Sangarios, Halys, Iris, Hypanis; des Kaspischen Meeres der Kyros, Araxes, Rha, Rhymmos, Daix, Jaxartes, Oxos (s.d. a). Das Klima war bei der großen Ausdehnung verschieden: im S. tropische Hitze, im N. arktische Kälte, in Mittelasien gemäßigt, in den Gebirgszügen zwar durch den ewigen Schnee etwas rauh, aber in den [810] Thalern mild u. schön; doch brachte schon der schnelle Wechsel der Sommerhitze u. Winterkälte weit sich verbreitende pestartige Krankheiten. Das mittlere Hochland waren Steppen, doch gut zur Viehzucht geeignet u. von Nomaden durchzogen; auch kannten die Alten schon einige Steppen in diesem Theile A-s. Die Länder Süd- u. West-Asiens waren gesegnete u. fruchtbare Striche. A., das Vaterland der meisten Hausthiere, Baum- u. Gartenfrüchte Europas, lieferte als Producte des Thierreichs: Elephanten, Nashorne, Löwen, Tiger, Panther, Luchse u. andere Raubthiere; Kameele, Affen, Büffel, Pferde, Maulesel, Esel, Schafe, Ziegen, Gazellen, Antilopen, Hunde, Biber, Seeottern, Krokodile, Schildkröten, Schlangen, Strauße, Papageien, Pfaue, Fasanen, Wiedehopfe, Trappen u. andere Vögel, Bienen, Seidenraupen, Cochenille, Skorpione, Heuschrecken, Perlenmuscheln, Austern, Purpurschnecken, Badeschwämme; des Pflanzenreichs: Getreide aller Art, Hirse, Reis, Sesam, Oliven, Wein, Obst, Südfrüchte, Feigen, Datteln, Johannisbrod, Banianen, Cypressen, Cedern u. andere zum Schiffbau brauchbare Hölzer, Plantaten, Buxbaum, Ebenholz, Aloe, Zuckerrohr, Baumwolle, Papyrus, Balsamstaude, Zimmt u. andere Ge-Mastjx, Wermuth, Rhabarber, Styraxgummi, Silphium (Asa foetida), Amomen, Indigo, Morcheln etc.; des Mineralreichs: Gold, Silber, Eisen, Kupfer, Galmei, Edelsteine (Sapphir, Carneol, Onyx), Asbest, Amianth, Marmor, Zinnober, Arsenik, Mennige, Gyps, Kreide, Krystall, Salz, Naphtha etc. Die Bewohner A-s: Phrygische, Semitische, Persische, Indischen. Skythische Stämme, zeigten zwar nach den verschiedenen Klimaten, unter welchen sie wohnten, sehr verschiedenen Charakter, aber im Allgemeinen galten sie im Alterthum als träg, weichlich u. üppig; während die Bewohner des, übrigens den Alten unbekannten Nordens, Jäger, Fischer u. Räuber, die des mittleren aber Nomaden waren, entwickelte sich in dem südlichen u. westlichen ein reges geistiges Leben (s. Asien, Gesch.). Eine Eintheilung A-s kannte man nicht; seit der 2. Hälfte des 2. Jahrh. n. Chr. gab es folgende benannte Länder u. Provinzen: a) den Römern waren unterthann: das eigentliche A. (Mysien, Hellespont, Troas, Äolis, Jonia, Doris, Lydia, Karia, Phrygia), Lycia, Paphlagonia, Bithynia, Galatia mit Lykaonia, Pamphylia mit Pisidia, Kappadocia, Klein-Armenien, Cilicia, Syria, Kommagene, Palmyrene, Judäa mit Idumäa, Peträisches Arabien; b) den Parthern unterworfen waren: Mesopotamia, Babylonia, Assyria, Media, Parthia, Hyrkania, Margiana, Aria, Drangiana, Arachosia; c) Selbstständige Staaten: Isauria, Pisidia, Asiatisches Sarmatien, Kolchis, Iberia, Albania, Groß-Armenien, Wüstes u. Glückliches Arabien, Susiana, Persis, Karmania, Gedrosia, Paropamisadä, Baktriana, Sogdiana, Sakä, Scytina intra u. extra Imaum, Serika, Sinä, India extra u. intra Gangem nebst der Insel Taprobane; außerdem gehörten dazu noch die Inseln Cypern, Rhodos, Lesbos, Samos u. mehrere Sporaden (s.d. a.).

II. (Neue Geogr.), größter Erdtheil der Alten Welt u. der Östlichen Hemisphäre, begrenzt in N. vom Nordpolarmeere, in O. vom Australocean u. seinen Theilen (Kamtschadalischem, Japanischem, Chinesischem Meer), in S. vom Indischen Meere, in W. vom Rothen Meere, von Afrika an der schmalen Landenge von Suez, vom Mittel- u. Schwarzen Meere u. auf einer großen Strecke von Europa (wo theils die Wolga, theils der Uralfluß u. das Uralgebirge die Grenze bilden). An seinen Küsten drängen sich viele Busen ein, nördlich der Obische u. Lenaische, östlich der Ochotzkische, das Gelbe Meer u. der von Tunkin; südlich der von Siam u. Bengalen, von Arabien, der durch den Persischen Meerbusen u. das Rothe Meer tief ins Land geht; eben so haben die Gebirge vielen, meist spitz auslaufenden Halbinseln Entstehung gegeben, östlich der von Kamtschatka, von Korea, südlich der doppelten hinter- u. der vorderindischen, so wie auch Arabien u. Natolien. Ferner finden sich besonders östlich viele Inseln, zum Theil vielleicht abgerissene Stücken des Festlandes, zum Theil Überbleibsel einer mit Australien früher bestandenen Verbindung. Die Größe mag 800,000 QM. betragen, von denen 645,000 auf den Continent, 155,000 auf die Halbinseln kommen: die größte Ausdehnung von O. nach W. beträgt 1300, von N. nach S. 1150 Meilen. Die Küstenlänge, beträgt 7700 Meilen, von denen 1620 vom Nördlichen Eismeer, 2100 vom Großen Ocean, 3400 vom Indischen Ocean, 580 vom Mittel- u. Schwarzen Meere bespült werden. Auf 1 Meile Küste kommen daher 105 QM. Areal. Nach seiner senkrechten Gliederung zerfällt A. in Bergland (525, 500 QM.) u. in Tiefland (274,500 QM.). Das Gebirgsland bildet zwei große zusammenhängende Hochländer, das von Hinterasien (266,400 QM.) mit dem Ostsibirischen Höhenzug (37,000 QM.) u. das von Vorderasien (73,600 Q.M.), sowie mehrere größere getrennte Gebirgsglieder: das Gebirge von Hinterindien (33,000 QM.), das Plateau von Dekan (50,000 QM.), das Plateau von Arabien (48,000 QM.), das Syrische Bergland (3500 QM.) u. den Ural (14,000 QM.). Das Hochland von Hinterasien ist die bedeutendste Gebirgsmasse der Erde, wird von den Wassersystemen des Indus u. Ganges durchschnitten u. erreicht, soweit es bekannt ist, mit dem Mount Everest (27,200 Fuß), Kinchin-Jinga (26,430 Fuß), dem Tschumulari, Dhawalagiri u. Jawahir seine höchsten Spitzen. Von zugerundeter Gestalt, bildet es den sogenannten Gebirgskranz der Wüste Gobi, u. trägt in seinen einzelnen Theilen die Namen Himalaya (bei den Alten Imaos), zwischen Indus u. Brahmaputra, Hindukusch zwischen der Freien Tatarei u. Afghanistan, Küenlün zwischen Tibet u. der Kleinen Bucharei, Belur-Tagh mit dem Mus-Tagh u. Thian-Schan zwischen der Tatarei u. Kleinen Bucharei, Altai zwischen der Mongolei u. Sibirien. Die Tiefländer A-s zerfallen in 5 meist durch die Bergländer getrennte Glieder, das Chinesische (10,000 QM.), das Hinterindische (20,800 QM.), das Syrisch-Arabische (13,700 QM.), das von Turan (53,700 QM.), u. das Sibirische (176,300 QM.), und bieten zur Hälfte einförmigen Steppenboden, zur Hälfte die fruchtbarsten Culturebenen. Vulkane finden sich besonders auf den Inseln u. den Vorgebirgen der Ost- u. SOKüste. Auch gibt es in A. große Wüstenn. Steppen, die größte in der Mongolei (mongol. Gobi, chinesisch Schamo). Flüsse gehen meist von der Centralkette aus u. bilden große Wassersysteme, nördlich gehen der Ob, Jenisei, Lena, Indigirka, vom nördlichen Abhange, östlich der Amur,[811] Hoanho, Jantsekiang, südlich der Cambodscha, Thaluyan, Ganges mit Brahmaputra, Indus, westlich der Sir-Darja u. Amu Darja (in den Aral), vom Taurus geht der Euphrat u. aus dem Europäischen Rußland die Wolga südlich. Das größte Wassergebiet hat der Ob (53,800 QM.) Binnenseen sind der Kaspische, Aral (beide tiefer als das Meer liegend, zwischen ihnen ehemals Meeresboden), der Balkasch, Baikal, Urmia, Wan, Zahreh u. a., zum Theil ohne Abfluß, meist durch Flüsse gebildet, zum Theil Süßwasserseen, zum Theil salzig. Klima: bei der großen Ausdehnung (vom 10° s. B. bis 78° n. B.) u. wegen der hohen Gebirge sehr verschieden, nördlich fast ununterbrochener Winter, südlich heiß, an sumpfigen Küsten sehr ungesund, die Kälte ist jedoch wegen der Ruhe der Luft leichter zu ertragen. Im S. u. auf den Hochebenen von Iran, Arabien u. Syrien wehen oft heiße Winde, auf der Bengalischen Halbinsel regelmäßige Monsuns. Producte: A. besitzt fast alle Naturerzeugnisse der andern Welttheile u. bat außerdem noch Vieles u. Kostbares, was ihm ausschließlich gehört. Das Mineralreich liefert Diamanten, Rubine, Sapphire, Gold (im Altai in großer Menge), Silber, Platina, Kupfer, Zinn, Quecksilber, Eisen, Steinkohlen (in Sibirien, China, Birma etc.). Aus dem Pflanzenreiche nehmen der Muscatnuß- u. Gewürznelkenbaum den ersten Rang ein, außerdem der Pfeffer- u. Theestrauch, das Zuckerrohr, der Kassebaum, Kampherbaum, zahlreiche Palmenarten, der Pisang, Brodfrucht- u. Drachenbaum, Boan-Upas, der Gutta Percha liefernde Baum, große Wälder von Sandelholz, von Adlerholz u. dem Tikhbaum. Das Hauptnahrungsmittel bildet der Reis, in Menge wird neuestens auch Baumwolle kultivirt. Das Thierreich bietet die edelsten Pferde, Kameele, Elephanten, Rhinoceros, Zebu, Büffel, die feinstwolligen Schafe u. Ziegen der Welt, Tiger, Löwen, Hyänen, Panther, Orang-Outaug, Gold- u. Silberfasan, Papageien, Pfaue, Kasuare, Krokodile, Riesenschlangen, Brillenschlangen, die größten u. schönsten Schmetterlinge, Perlenmuscheln u. v. a. Einwohner werden gegen 550 Mill. gerechnet, sie sind theils Kaukasier (Grusier, Armenier, Perser, Hindus, Europäer, gegen 170 Mill.), Mongolen (Chinesen, Tibeter, Birmanen, Japaner, Kamtschadalen, Finnen etc., 300 Mill.), Malayen (die meisten südlichen Inselbewohner, 30 Mill.), Äthiopier (auch auf diesen Inseln 1 Mill.). Sprache: s. Asiatische Sprachen. Religion: Glauben an Einen Gott (Christen, Muhammedaner, Confutsianer, Sikhs, Juden), od. an mehrere Götter (Parsen, Brahmanen, Buddhisten, Schamanen, Fetischdiener etc.). Die Lebensweise der Asiatischen Völker ist verschieden, theils sind die Nationen seßhaft, theils sind sie Nomaden, Fischer, Jäger, die zum Theil im hohen Norden noch im Naturzustande leben. Landbau ist am meisten in China, Japan u. Indien betrieben; Viehzucht bei den Arabern, Mongolen, Kirgisen; Seidenzucht blüht in China, Japan, Persien; der Bergbau in Sibirien, Klein-Asien, China, Japan, Indien; Kunstfleiß findet man in China, Japan, Vorderindien u. Persien, namentlich in Erzeugung von Porzellan, Leder, Woll- u. Baumwoll-, sowie Seidenzeugen. Der Handel, soweit er von Asiaten betrieben wird, ist fast nur Binnenhandel. Der Verkehr mit andern Welttheilen wird durch Europäer u. Amerikaner unterhalten. China u. Japan schlossen sich bis auf die neueste Zeit ganz von dem Verkehr ab. Die wichtigsten Gegenstände der Ausfuhr sind: Thee u. Baumwolle, Seide, Perlen, Edelsteine, Gewürze, Kasse, Zucker, Farbewaaren, Gummiarten, Shawls, Rhabarber, Pferde, Pelzwerk. Die Einfuhr besteht in allerlei Fabrik- u. Manufacturwaaren, Kunstgegenständen u. vornehmlich in gemünzten Metallen. Die wichtigsten Handelsplätze sind im Innern: Aleppo, Bagdad, Tiflis, Ispahan, Kabul, Buchara, Samarkand, Kiächta; für den äußeren Verkehr: Trapezunt, Smyrna, Mokka, Aden, Maskat, Bassora, Bombay, Madras, Calcutta, Singapore, Canton, Manilla. Die Regierungsverfassung ist meist despotisch; unter mächtigen Fürsten mit zinsbaren, sonst nicht sehr unterwürfigen kleinern Fürsten; zum Theil aber noch patriarchalisch bei den zahlreichen nomadischen Völkern; wo die Europäer festen Fuß gefaßt haben, findet sich auch europäische Verfassung. Aus diesen Rücksichten schon gehört A. zu den merkwürdigsten Ländern, u. diese Merkwürdigkeit erhöhen sich durch die vielfachen Beweise von großen Naturereignissen, die auf dasselbe eingewirkt haben; dergleichen sind die Tiefe des Flachlandes an dem Kaspischen u. Aralsee, die ungeheure Masse umgekommener Großthiere, deren fossile Zähne in Sibirien aufgefunden werden, wie denn auch noch der Elephas primigenius mit Fleisch u. Fell fast unversehrt am Nordpolarmeere entdeckt wurde, besonders aber dadurch, daß die menschliche Cultur, sowie wohl überhaupt das ganze Menschengeschlecht aus A. hervorgegangen ist. Eintheilung: sonst gewöhnlich in Nord-, Mittel- u. Süd-A., jetzt in Hoch-A. (Turan, Turfan, Songarei, Mongolei, Mandschurei, Tibet u. a.) Tief-A. (Ostindien, die Inseln, China, die Indusländer, Sibirien), West-A. (Persien, Afghanistan, Arabien, Natolien etc.). Nach den Beherrschern in China, Japan, russisch, türkisch A., Persien, Afghanistan, Arabien, Indien.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 810-812.
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