Nestelknüpfen

[799] Nestelknüpfen, vermeintliche Kunst, mittelst gewisser Manipulationen, bes. durch Knüpfen von Knoten, einen Mann zur Ausübung des Beischlafs, ein Frauenzimmer zum Empfangen unfähig zu machen od. auch andere ungewöhnliche Dinge zu bewirken. Der Glaube daran war schon in den ältesten Zeiten verbreitet., Nach Herodot war Amasis, König in Ägypten, auf diese Weise gebunden u. wurde nur durch Aphrodite davon befreit. Bei den Römern war es gewöhnlich, daß junge Eheleute die Pfosten ihrer Thüren mit Wolfsschmalz bestrichen, damit ihnen bei Besteigung des Torus nichts Widriges begegnete. Doch scheint die erst in neuerer Zeit verbreitete Meinung, daß jene Hemmung auf magische Weise durch Knotenknüpfen bewirkt werde, aus einer mißverstandenen Stelle Virgils (Eclog. 8, 77 f.) entstanden zu sein. Im Mittelalter war der Glaube allgemein, daß solches Knotenknüpfen unter Mitwirkung des Teufels jene zauberische Kraft habe. Hiernach unterschied man, außer der Ligatura neonymphorum, als dem eigentlichen N., auch L. furum et latronum, wodurch angeblich ein Haus gegen Diebe u. Räuber verwahrt werden sollte, L. mercatorum, wodurch verhindert werden sollte, daß Kaufleute an einem Orte ihre Waaren absetzten, L. molendini, welche Müllern zu mahlen verwehren, L. bombardarum, wodurch man sich kugelfest machen, L. corporum, wodurch überhaupt Körper gegen Entwendung gesichert werden sollten. Diese zauberischen Künste sollten aber nicht blos durch Band u. Schnur bewirkt werden können, sondern auch durch Schlösser, welche man zudrückte, od. durch gewisse ausgesprochene Formeln od. andere Proceduren. Man hatte auch vielfache Gegenmittel zur Verwahrung hiergegen. Gesetzlich war das N. verboten. Schon nach den Zwölf Tafeln wurde der zum Tode verdammt, welcher durch Zauberei Jemand die Manneskraft entzog, u. sehr häufig ist in römischen Gesetzen von rechtlichen Verhältnissen, welche daraus hervorgehen, die Rede. In späterer Zeit wurde das N. schon vor Erlassung des Salischen Gesetzes für ein schweres Verbrechen erachtet u. auf dem Concil zu Regensburg wiederholt dafür erklärt; die angedrohte Strafe war Enthauptung. Derselbe Glaube besteht unter den Arabern, Macassaren, in Ostindien, wo bei jeder Hochzeit eine weise Frau vorher die Verknüpfung u. den Zauber zu lösen sich bemüht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 799.
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