Teufel [1]

[423] Teufel (v. gr. διάβολος, d.i. Ankläger, Verleumder), das personificirte Böse, dem Menschen Feindselige u. Schädliche, der böse Geist, im Gegensatz zu Gott, dem Urheber u. Geber alles Guten. A) Die biblische Lehre. a) Schon in den alttestamentlichen Schriften, welche vor dem Exil geschrieben wurden, finden sich Spuren von einem Glauben an böse Geister. So wird erzählt, daß ein böser Geist vom Herrn über Saul kam u. denselben sehr unruhig machte (1. Sam. 16,14) u. an andern Stellen kommen Dämonen vor, welche beim Wahrsagen, Zaubern etc. beschäftigt sind u. als Feldteufel (5. Mos. 32,17) u. später als Feldgeister (Jes. 13, 21) bezeichnet werden. Jedoch ist in allen diesen Stellen vom T. im dogmatischen Sinne nicht die Rede, überhaupt kennt der alttestamentliche Lehrbegriff eine Thätigkeit des T-s bei den Versuchungen zum Bösen u. bei allen anderen Neigungen nicht, sondern allenthalben steht die Macht Jehovah's im Vordergrund, welcher den Abraham versucht (1. Mos 22,1). das Herz des Pharao verstockt (2. Mos. 7,3), die Volkszählung des David anregt (2. Sam. 24, 1) u. die Erstgeburten der Ägyptier schlägt (2 Mos. 12). Nach dem Exil erhielt die jüdische Dämonologie durch die Bekanntschaft mit dem altpersischen Dualismus eine andere Gestalt, u. der Satan erscheint als ein unreiner Geist, als ein Strafengel Gottes, als der Fürst der Dämonen, als der Verführer zum Bösen, so daß z.B. die Volkszählung des David nicht mehr dem Zorn Gottes (s. oben), sondern (nach 1 Chron. 22, 1) dem Satan zugeschrieben wird. In den späteren nachexilischen Schriften bildete sich diese Lehre immer weiter aus, im Buche der Weisheit (2, 24) wird der T. als Verführer der ersten Menschen zur Sünde hingestellt, wodurch der Tod in die Welt gekommen ist, wie überhaupt in den Apokryphischen Büchern, z.B. in Tobias u. Baruch, die ganze Dämonenlehre weiter entwickelt wird, u. in Tobias der Asmodi als böser Geist den Frauen in wollüstiger Absicht Gefahr bringt. b) In dem Neuen Testament tritt die Lehre vom T. u. seinem Reiche noch schärfer u. bestimmter hervor; Jesus selbst spricht in den Synoptikern, seltener bei Johannes, von ihm, außerdem wird er am öftersten in den Paulinischen Schriften u. in der Apokalypse erwähnt, nur in einigen Stellen bei Petrus, Jakobus u. Judas. Der T. führt hier den Namen Satan u. Diabolos od. auch Beelzebul u. Belial (s.d. a.), außerdem heißt er nach den verschiedenen Vorstellungen, welche man sich von ihm machte, der Feind, der Böse, der Ankläger, der Versucher, der Fürst der Geister, der große Drache u. die alte Schlange, der Fürst der Welt etc. Die übrigen bösen Geister stehen als seine Diener unter ihm, jedoch wird über ihre Zahl im N. T. nichts bestimmt. Auch wird er in der Schrift als verschieden von den Dämonen dargestellt u. nie mit dem Namen Dämon bezeichnet. Die Thätigkeit des T-s in der Menschenwelt ist nach dem biblischen Lehrbegriff eine sehr ausgedehnte. Er ist ein Feind der Wahrheit u. der Sittlichkeit (Eph. 6), ein Menschenmörder von Anfang an (Joh. 8, 44), was man bald auf den Mord des Kain, bald auf den Sündenfall bezogen hat; ein Freund der Abgötterei u. des Götzendienstes, welcher die heidnischen Völker absichtlich in der Finsterniß erhält, u. folgerecht ein Gegner des Evangeliums, dessen segensreiche Wirkungen er zu hindern sucht, indem er theils zu Verfolgungen, theils zu Abfall reizt (Eph. 2, 2. 6, 10 ff. 1. Petr. 5, 8 u. 9). Auch werden ihm, wie den Dämonen überhaupt, gewisse Krankheiten zugeschrieben, z.B. epileptische Zufälle u. Geistesstörungen (Matth. 17,15 ff.), aber auch die Blindheit u. das Stummsein (Matth. 12, 22). Man nannte diese Kranken Besessene (Daemoniaci), u. von diesen Teufelsbesitzungen, wo die Kranken mit ihrem leidenden Körper od. Geist unter der Herrschaft eines bösen Geistes überhaupt od. des T-s insbesondere standen, werden im N. T. (im A. T. ist von dieser Art von Teufelsbesitzungen nicht die Rede, obschon, wie überhaupt bei den Völkern des Alterthums, manche Krankheiten mit bösen Geistern in Verbindung gebracht werden) viele Beispiele erwähnt u. die Besessenen als eine besondere Klasse von Kranken angeführt, welche man zu Jesu gebracht habe. Nach den Erzählungen der Schrift heilte Jesus diese Kranken dadurch, daß er den T. durch sein Wort austrieb, was bei einem Theile des jüdischen Volkes großes Staunen erregte, bei dem andern aber, namentlich bei den Pharisäern, die Beschuldigung hervorrief, daß er selbst ein Bündniß mit dem T. habe. Auch ertheilte Jesus seinen Jüngern, als er sie zur Verkündigung des Evangeliums aussendete, ausdrücklich die Gewalt über alle unreinen Geister u. über die T. u. wiederholte dies in der letzten Unterredung mit ihnen kurz vor der Himmelfahrt. Es werden indeß dergleichen Heilungen von Teufelsbesitzungen nur in den drei ersten Evangelien u. an einigen Stellen der Apostelgeschichte erwähnt, während sie in den übrigen apostolischen Schriften u. im Evangelium des Johannes nicht vorkommen. Über die Frage, wie der T. u. die bösen Geister überhaupt in diesen Zustand gekommen sind, ob sie von Gott gut geschaffen waren u. durch den Mißbrauch ihrer Freiheit der Sünde verfielen, od. ob sie gleich Anfangs sündhaft geschaffen waren, spricht sich die Schrift nicht mit voller Bestimmtheit aus. Nach 2. Petr. 2, 4 u. Judä 6 hat Gott die Engel, welche gesündiget hätten, nicht verschonet, sondern sie mit Ketten der Finsterniß in den Hades verstoßen u. zum Gerichte des großen Tages behalten mit ewigen Banden in Finsterniß,[423] u. es ist in dieser Darstellung allerdings von gefallenen Engeln die Rede. Jedoch kommen beide Stellen in Schriften vor, deren Echtheit von jeher in der Kirche als zweifelhaft angesehen worden ist, u. zugleich haben die meisten Erklärer darin mehr eine Hinweisung auf die jüdische Tradition gefunden (vgl. 1. Mos. 6), nach welcher die Gottessöhne von ihrer Wohnung im Himmel auf die Erde herabstiegen u. sich mit den schönen Töchtern der Menschen begatteten, als die Aufstellung eines christlichen Glaubenssatzes über den Fall der Engel u. des T-s, welcher vor dem Sündenfall geschehen sein müßte. Im Übrigen bezieht sich nach der Schrift die Wirksamkeit des T-s immer nur auf die Menschenwelt nach ihrer physischen u. psychischen Seite, u. geschieht in derselben keine Erwähnung, ob er auch in andern Schöpfungen u. Welten thätig ist. Nur setzt sich nach den Darstellungen in der Apokalypse der Kampf des T-s gegen die Menschen nach dem Tode zunächst in jener Welt insofern fort, als derselbe auch dort seinen Einfluß auf die Menschenseelen zu behaupten sucht, aber daran von den himmlischen Geistern gehindert wird. Über die Art wie der T. die Menschen zur Sünde verführt, spricht sich die Schrift ebenfalls nicht ganz bestimmt aus. Nach Ephes. 6, 12 wird der Kampf mit Fleisch u. Blut dem Kampf mit den Fürsten u. Gewaltigen entgegengestellt, während nach Jak. 1, 13 ff. die Versuchung zur Sünde von der eigenen Luft des Menschen abgeleitet wird, u. man hat hiernach die Einwirkung des T-s entweder so aufgefaßt, daß er als ein von Außen wirkender, selbständiger Feind den Menschen zur Sünde verführt, od. so, daß der in der Menschenwelt thätige Versucher mit der innern Versuchung durch die eigene Luft u. Begierde gleich ist. Was das Verhältniß des Christenthums zur Herrschaft des T-s anlangt, so wird derselbe nach der Lehre der Schrift durch Christum u. sein Evangelium nicht bekehrt, wohl aber in seiner Macht beschränkt u. schließl'ch überwunden. Nach Matth. 12, 29 treibt Jesus, welchen der T. nach Matth. 4 nicht zu versuchen vermochte, die T. durch den Geist Gottes aus, der Fürst dieser Welt wird ausgestoßen werden (Joh. 12, 31), er ist gerichtet (Joh. 16, 11), bes. durch die Größe Christi in seinem Leiden u. Sterben (Eph. 2, 15), wie überhaupt Christus die Werke des T-s zu zerstören beabsichtigte (1. Joh. 3, 8). Nach den bildlichen Darstellungen in der Apokalypse (12, 7) wurde nach der Erhöhung Christi u. nach der vollbrachten Erlösung der Drache von Michael u. seinen Engeln aus dem Himmel auf die Erde geworfen, so daß er nun über die Gläubigen im Himmel keine Macht mehr hat, um so eifriger aber seine Thätigkeit auf der Erde fortsetzt, bis er endlich am Tage des Gerichts die Strafe empfängt (Apokal. 20, 10) u. bei dem Eintritt des Tausendjährigen Retches 1000 Jahre lang gebunden im Gefängnisse liegt. Die Frage endlich, ob in den Lehren des Neuen Testaments der T. nur als Symbol des Bösen, wie es sich von dem göttlichen Willen losgerissen u. eine Herrschaft in der Menschenwelt sich begründet hat, od. als ein wirkliches Individuum dargestellt wird, ist nach den verschiedenen theologischen Standpunkten verschieden beantwortet worden, indem die der buchstäblichen Erklärung der Schrift sich zuneigenden Theologen die Persönlichkeit des T-s klar u. bestimmt in der Schrift ausgesprochen finden, dagegen die Theologen einer freieren od. auch einer vermittelnden Richtung bemerkten, daß in den meisten Schriftstellen die Person statt der Sache u. der T. anstatt. des Bösen genannt wird, od. daß Jesus die zu seiner Zeit gebräuchlichen volksthümlichen Ausdrücke des Jüdischen Volkes über den Satan anwendete, um dadurch für das Wesen der Sünde ein wichtiges Symbol zu gewinnen, u. daß in den verschiedenen Stellen der T. bald als Personification bald als wirkliche Persönlichkeit auftritt, so daß in dieser Beziehung der biblische Lehrbegriff nicht einen scharf u. bestimmt ausgeprägten, sondern einen mehr schwankenden Charakter hat.

B) Die kirchliche Lehre. Die Kirchenlehrer hielten sich Anfangs bei der Begründung der Lehre vom T. an die meist phantastischen Darstellungen in der Apokalypse u. neigten sich, im Gegensatz zu dem Dualismus der Marcioniten u. Manichäer, auf Grund der Stellen in den Briefen Petri u. Judä der Ansicht zu, daß der T. ursprünglich gut von Gott geschaffen, aber durch eigene Schuld gefallen sei, indem sie zugleich den jüdischen Volksglauben immer mehr erweiterten. Daher gab es bereits im 3. Jahrh. zur Vertreibung des T-s aus den Besessenen Exorcisten (s.d.), u. die, durch maßlose Ascese in freiem u. klarem Geistesleben alterirten Einsiedler u. Mönche hatten nach ihren Erzählungen mit den Anfechtungen des T-s zu kämpfen, welchen sie oft in der auffallendsten Weise schilderten. Der siegreiche Kampf mit demselben wurde sehr hoch gestellt u. legte selbst bei der Heiligsprechung ein bedeutendes Gewicht in die Wagschale, obschon auch der Volksglaube zuweilen seinen Spott trieb, wenn die Reizungen u. Verlockungen des T-s mißlungen waren. Die Scholastiker stellten den T. als den höchsten Engel, Lucifer, dar, welcher zuerst gefallen sei u. dessen Fall den der meisten Engel zur Folge gehabt habe. Der im 15. Jahrh. immer herrschender werdende Glaube an Hexen u. Hexenmeister (s. unten) gab der Kirche viel mit dem T. zu thun. Die Bekenntnißschriften der Evangelischen Kirche haben kein besonderes Dogma über den T., jedoch gibt es in den Lehren von der Erbsünde, der Erlösung, der Gnadenwahl etc. einzelne Sätze, welche den T. als den Urheber der Sünde, des Todes u. der Verdammniß bezeichnen. Unter seiner Herrschaft steht die ganze nichtchristliche Welt, u. auch die Christen, obschon durch die Taufe von seiner Gewalt frei, werden immer noch von ihm versucht, so daß sie nur im Glauben u. im Wort Gottes Schutz dagegen haben. Übrigens war er ursprünglich gut von Gott erschaffen, verfiel aber mit andern Geistern in Sünde u. ist nun die mitwirkende Ursache der Sünde, welche durch ihn in die Welt gekommen ist. Außerdem hat Luther in dem Großen Katechismus, z.B. bei der vierten Bitte, bemerkt, der T. hindere das weltliche Regiment, stifte Hader, Mord, Aufruhr, Krieg, verursache Ungewitter u. Hagel, verderbe Getreide u. Vieh etc.; am Jüngsten Tage werde Christus die Herrschaft des T-s zerstören u. ihn zu ewiger Pein in die Hölle verstoßen. Im 17. Jahrh. erweiterte sich der Glaube an den T. immer mehr, jedoch fand er auch seine Gegner. Bereits im 16. Jahrh. hatte sich Johann Weyer in seinen Schriften von den Blendwerken des T-s u. über die erdichtete Herrschaft des Satans (De pseudomonarchia daemonum) gegen die abergläubischen Vorstellungen von demselben erklärt. Im 17. Jahrh. geschah dies durch die Jesuiten Opitz, Tanner u. Spee. Die Wirksamkeit[424] des in der Unterwelt lebenden Satans bestritt Balthasar Bekker (s.d.) zu Ende des 17. Jahrh., welcher deshalb seines Amtes entsetzt wurde, u. erst im 18. Jahrh. gelang es, bei den Fortschritten der Philosophie u. der Naturwissenschaften, nach dem Vorgang Christians Thomasius (s.d.), dem Professor Semler die herrschenden Ansichten über den T. mit Erfolg zu bekämpfen. Die Rationalisten, welche in der Lehre vom T. eine bloße Accommodation an die jüdischen Meinungen fanden u. die Stellen der Schrift vom T. auf sündhafte Menschen, od. auf die dem Menschen innewohnende Sündhaftigkeit überhaupt bezogen, setzten diese Angriffe fort u. erklärten die Existenz eines Satans, wie er in der Schrift geschildert wird, für physisch u. moralisch unmöglich, indem sich diese Lehre mit der Heiligkeit, Weisheit u. Güte Gottes, wie mit der Freiheit Gottes nicht vereinigen lasse, u. bezeichneten deshalb das Dogma vom T. nach Schleiermacher (welcher dasselbe nicht als eine Bedingung des Glaubens an Gott u. Christum angesehen wissen wollte), als ein Lehrstück, welches mit den übrigen Lehrstücken des Christenthums in keiner nothwendigen Verbindung stehe, während die philosophischen Dogmatiker u. die Philosophen des 19. Jahrh. an die Kirchenlehre anknüpften u. die Idee des T-s als Symbol des Bösen in der verschiedensten Weise deuteten, wie z.B. Rothe, in seiner Ethik, den T. u. die Dämonen als die Verdammten eines früheren Schöpfungsäons darstellt. Die neuesten Dogmatiker Martensen u. Lange haben den persönlichen T. als wesentliche Lehre der Schrift festgehalten, obschon sie den T. als Symbol u. als Einzelpersönlichkeit bestimmt unterschieden wissen wollen. Von Vilmar wurde sogar behauptet, daß das Erscheinen u. das Sehen des wirklichen T-s eine Bedingung des wahren Christenthums sei. Überhaupt ist die Lehre vom T. bei vielen kirchlichen Streitigkeiten der Gegenwart, z.B. über den Hannöverischen Katechismus, über den Taufritus etc. wieder in den Vordergrund getreten u. in Flugschriften vielfach besprochen worden.

Im Heidenthum findet sich, ausgenommen die Zendreligion mit ihrem ausgebildeten Dualismus, nirgends die Idee von einem T., da die Götter dieser Religionen vorwaltend gut u. wohlthätig sind, ursprünglich auch nicht in dem germanischen Heidenthum, sondern sie kam in dasselbe erst durch das Christenthum u. mit ihr auch der Name (diuval, diufal, tiefal, tiubil etc. entstanden aus διάβολος). Als das Christenthum von den Germanen angenommen worden war, galten zwar die alten Götter für gestürzt (ähnlich wie in der systematisirten Theologie der Griechen die alten Titanen [s.d.], nachdem die neuern Kroniden od. Olympischen Götter zur Weltherrschaft gekommen waren), aber doch nicht für ganz machtlos, u. um einem etwa wiederkehrenden Glauben an dieselben entgegenzutreten, wurden sie in teuflische Wesen verkehrt, u. zwar nicht allein die, welche schon ursprünglich von roher Gewalt (wie die Riesen) od. von finsterem, schauerlichem u. schadendem Wesen waren (wie Loki, Hel, Voland), sondern auch die freundlichen, guten u. helfenden. Daher vielen großartigen u. schauerlichen Bildungen der Natur, vielen gewaltigen Bauwerken durch Menschenhände, auch vielen heiligen u. dem Gottesdienst geweihten Stätten des Heidenthums mit T. zusammengesetzte Namen gegeben wurden, wie Teufelshörner, Teufelsmauer Teufelsbrücke, Teufelstein, Teufelsberg, Teufelskanzel, Teufelsküche etc. Seiner äußeren Erscheinung nach wurde dem T., im Gegensatz zu dem, in Menschengestalt gedachten guten, reinen, heiligen Gotte, die schwarze Farbe u. thierische Gestalt gegeben, bald bei menschlicher Bildung mit thierischem Zusatz, z.B. mit Bocksohr, Horn, Kuhschwanz od. Pferdefuß, bald ganz als Thier, namentlich als Bock; sein Aufenthalt war auf der Erde gen Norden in der kalten, öden Gegend, unter der Erde in der Hölle, wo er sein Reich aufgeschlagen hatte u. von wo er ausging od. seine Genossen u. Diener aussendete, um alles Böse anzustiften od. zu fördern. Eine blos theologische Ansicht war, daß der T. in der Hölle gefesselt liege u. dort die Ankunft des Jüngsten Gerichts erwarten müsse (vgl. oben). Da das Heidenthum auch Göttinnen hatte, so kommen hier auch weibliche T. vor, aber fast nur des T-s Mutter od. bes. des T-s Großmutter. Für sein Reich gewinnt der T. nach der erst im Mittelalter aufgekommenen Ansicht neuen Zuwachs durch förmliche Bündnisse u. Verträge, welche Menschen mit ihm schließen u. in deren Folge sie alle Mittel zu einem reichen Weltleben, auch Wunder- u. Zauberkräfte erhalten, dafür ihm aber ihre Seele als sein Eigenthum verschreiben müssen. Wenn Einer mit dem T. ein Bündniß eingehen wollte, so war dazu ein besonderer schriftlicher Pact nöthig, welcher mit dem Blute desjenigen, der sich dem Bösen verschrieb, unterzeichnet wurde. Nahte sich der T. nicht von selbst, so wurde er mittelst Zaubersprüchen citirt, u. er mußte solchen Formeln folgen (Teufelsbeschwörung). Unter den Büchern, welche solche Formeln enthalten, war seit dem 16. Jahrh. bes. Fausts Höllenzwang berühmt. Die unterirdischen Geister erschienen hierbei entweder in ihrer Gestalt, schwarz u. behaart, mit Pferdefüßen, Krallen, einem langen Kuhschwanze, Bockshörnern u. einer häßlichen u. aus höchst markirten Zügen, bes. großen Habichtsnase bestehenden Physiognomie (Teufelsfratze), ließen auch bei ihrem Verschwinden einen argen Gestank zurück; od. sie kamen, wie die Späteren den T. beschreiben, in schwarz od. brennendrothem, od. aus beiden Farben zusammengesetztem Kleide u. Mantel, eine Hahnenfeder auf dem Kopfe u. auch mit sehr frappanter Physiognomie, ließen aber immer einen Fehler am Fuße (Folge des Pferdefußes) sehen. Nach dem getroffenen Pacte war der böse Geist, welchem sich ein Mensch verschrieb, eine gewisse Reihe von Jahren hindurch verpflichtet dem Menschen zu dienen, ihm alle Wünsche u. Launen zu befriedigen u. in Allem zu Willen zu sein. An gewissen Tagen versammelten sich die so dem T. Ergebenen auf Bergen od. Haiden, z.B. auf dem Brocken, u. hielten dort ein Teufelsfest (s.u. Hexe). Wenn ein so dem T. Verschriebener starb, so kam der T. u. holte seine Seele in die Hölle. Nur durch Einwirkung der Heiligen u. bes. der Heiligen Jungfrau bei eigner Reue u. Buße konnte einer von einem solchen Teufelsbündniß gelöst u. noch für den Himmel gerettet werden. Außerdem gab es auch Mittel gegen die Macht des T-s geschützt od. aus dessen Gewalt erlöst zu werden, wenn man in dieselbe ohne Verschuldung gekommen war (den T. bannen). Bes. eigneten sich Geistliche u. Mönche zu solchen Teufelsbannern, u. wendeten hierzu Weihwasser u. andere geistliche Hülfsmittel, auch wohl Zauberformeln u. Zaubersprüche an (Weiße Magie). Vorzüglich waren durch Geist u. Genie ausgezeichnete[425] Männer den Anfechtern des Bösen ausgesetzt, u. im Mittelalter geschah fast keine wichtige Erfindung, stieg fast kein Niedriger durch Verstand u. Thatkraft zu höhern Würden, wirkte fast kein Arzt segensreich, welchem nicht die gemeine Meinung eine Verbindung mit dem T. zugeschrieben hätte. Dieser Glaube nahm dergestalt überhand, daß Papst Innocenz im 15. Jahrh. criminelle Untersuchungen gegen die eines mit dem T. geschlossenen Bündnisses Verdächtigen anordnete, u. es wurde damit in den folgenden Jahrhunderten eifrig fortgefahren, wie die zahllosen Hexenprocesse beweisen, s.u. Hexe. Erst zu Ende des 17. u. zu Anfang des 18. Jahrh. wurde namentlich durch Balth. Bekker u. durch Chr. Thomasius dieser Art der Justiz u. diesem Teufelsglauben ein Ende gemacht (s. oben).

Auch in der Literatur spielte der T. als Ideal des Bösen, des Lasters, der List, Klugheit, der Schelmerei etc. eine große Rolle. Die Ausbildung der Volkssage von dem Schicksal der mit dem T. in Bündniß Stehenden nahm im 16. Jahrh. eine doppelte Richtung; während in der sogenannten Theophiluslegende (s.u. Theophilus 8) die katholische Ansicht von der Rettbarkeit solcher Unglücklichen durch die Mitwirkung der Heiligen vertreten wurde, stellte die Faustsage (s.d. 2) nach protestantischem Begriff den mit dem T. Verbündeten als unwiderbringlich verloren dar. Eloy Damerval zeichnete unter den Franzosen zuerst die Teufelssagen auf, in Le livre de la diablerie, Par. 1508. In Spanien trat L. Velez de Guevara im 17. Jahrh. mit El diabolo coxuelo (der hinkende T.), Barcel. 1646, Madr. 1733 u. 1798, auch 1806, 2 Bde., Lond. 1812, worin der T. als scherzhafter Beobachter erscheint, zuerst auf. Zu Anfang des 18. Jahrh., als die Frivolität den Respect vor dem T. in Frankreich u. Deutschland zu verdrängen begann, wurde diese Idee in Frankreich eine förmliche literarische Mode, man hatte Le diable bossu, Le diable femme, Le diable circoncis, Le diable pendu et dependu, Le diable tendu, Nancy 1708; u. als Vorläufer u. Nachfolger dieser Schrift, Le diable d'argent, 1707; Le diable procureur, Par. 1712; Le diable babillard, Köln 1712; Le diable confondu, Haag 1740; Le diable hermite, Amsterd. 1741, 2 Bde.; zuletzt bearbeitete Lesage Guevara's Idee in Le diable boiteux, Par. 1755 u. 1779, 4 Bde., deutsch von H. Seifried, Freiberg 1789, 2 Bde.; als Fortsetzung: Asmodi Hinkebein u. sein Befreier in England, Berl. 1794, 2 Bde. Im entgegengesetzten Sinne verfuhren die Deutschen, wo seit der Mitte des 16. bis ins 17. u. zu Anfang des 18. Jahrh. es Sitte u. beliebt war Laster, fehlerhafte Gewohnheiten, auffallende Sitten, auch wohl Unglücksfälle, als mittelbare Einwirkungen des T-s zu nehmen u. zu beschreiben. So erschien: Joh. Hocker, Wider den Bannteufel, Magdeb 1564, Frankf. a. M. 1566; A. Pappe, Bettel- u. Gartte-T. Magdeb. 1586; A. Musculus, Wider den Eheteufel, Frankf. a. d. O. 1566; Wider den Fluchteufel, ebd. 1561, Frankf. a. M. 1562 u. 1564; Der Hosenteufel, Frankf. a. d. O. 1556, o. O. 1629; C. Obenhin, Der Eydteufel, 1574; H. Luberti, Fastnachtsteufel, Lübeck 1673; I. Westphal, Der Faulteufel, Eisl. 1563, Frankf. a. M. 1564 u. 1569; Widerden Hoffahrtsteufel, Eisl. 1565; I. Brandmüller, Der Geizteufel, Bas. 1579; Pet. Glaser, Gesindtteufel, Lpz. 1564, Frankf. 1598; A. Schubart, Der Siemann, d.i. wider den Hausteufel, Weißenf. o. I., auch Frankf. 1568; A. Fabricius, Der heilige, kluge u. gelehrte T., Eisl. 1567, Halbrst. 1675; I. Chryseus, Hofteufel, Frankf. a. M. 1562; A. Hoppenrod, Der Hurenteufel; C. Spangenberg, Jagdteufel, Eisl. 1560 u. ö.; A. v. Blankenberg, Wider den Junker-, Geiz- u. Wucherteufel, Eisl. 1562; I. Strauß, Wider Kleider-, Pluder-, Pauß- u. Kraußteufel, Freiberg 1581; Hartmann, Spielteufel, Nürnb. 1678; Lästerteufels Natur, Censur u. Eur, Rotenburg 1679; Saufteufel, Nürnb. 1672; C. Porta, Lügen- u. Lästerteufel, Eisl. 1581; S. Musäus, Melancholischer T., Tham 1572; Speculativischer T., Magdeb. 1579; Rhodius Secundus, Neidteufel, Erf. 1582; Schmeichler- od. Fuchsschwänzteufel, Erf. 1582; C. Marstaller, Der Pfarr- u. Pfründbeschneideteufel, Ursel 1575; I. G. Zeidler, Neuer Priesterteufel, d.i. ein Sendschreiben vom Jammer, Elend, Noth u. Qual der armen Dorfpfarrer, Halle 1701; M. Friedrich, Wider den Saufteufel, Frankf. a. d. O. 1557 u. 1561, Frankf. a. M. 1562; Kurandor, Schoristenteufel, Jena 1661; Milichius, Schrapteufel, o. O. 1567, u. 1570; A. Mengering, Kriegsbelial, Der Soldatenteufel, Altenb. 1641, Lpz. 1687; A. Lang, Sorgenteufel, Frankf. 1573; Eust. Schildo, Spielteufel, Frankf. a. M.; Fl. Daul, Tanzteufel,;Frankf. a. M. 1567 u. 1569; Veridor von Stackdorn, T. der Uneinigkeit, Lpz. 1664; Ammersbach, Deutscher Vielfraß, des T-s Leibpferd, Jena 1664. Gesammelt erschienen 20 der vorstehenden Schriften in Theatrum diabolorum, Frankf. a. M. 1565. Als der T. durch Thomasius, Descartes u. A. aus dem Glauben der gebildeteren Welt verdrängt wurde, war auch in der Literatur lange nichts von ihm zu lesen u. zu hören, außer etwa Doctor Fausts Höllenfahrt, welche sich auf die Puppentheater übergepflanzt hatte, bis vorzüglich nach dem Vorbilde des T-s im verlornen Paradies Miltons, der T. Abadonna in Klopstocks Messiade, durch Goethes Faust u. durch gleichnamige Dichtungen Anderer (Klingemann, Klinger, Grabbe etc.), u. nach 1810 durch E. Th. A. Hoffmanns Elixire des T-s, Apels Gespensterbuch u. Hauffs Memoiren des Satans wieder auftrat u. im Freischütz von F. Kind u. Maria von Weber selbst über die Bühne schritt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 423-426.
Lizenz:
Faksimiles:
423 | 424 | 425 | 426
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Rameaus Neffe

Rameaus Neffe

In einem belebten Café plaudert der Neffe des bekannten Komponisten Rameau mit dem Erzähler über die unauflösliche Widersprüchlichkeit von Individuum und Gesellschaft, von Kunst und Moral. Der Text erschien zuerst 1805 in der deutschen Übersetzung von Goethe, das französische Original galt lange als verschollen, bis es 1891 - 130 Jahre nach seiner Entstehung - durch Zufall in einem Pariser Antiquariat entdeckt wurde.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon