Altār

[356] Altār (v. lat.), 1) Erhöhung von Steinen, Holz, Metall, um darauf den Gottheiten Opfer zu bringen. Bei allen Völkern, wo solche Opfer, bes. Brandopfer, gebracht wurden, finden sich auch A-e. Den ersten A. errichtete Noah nach der Sündfluth. Die hebräischen Patriarchen errichteten deren, wo ihnen etwas Wichtiges begegnet war, wo sie sich auf ihren nomadischen Zügen eine Zeitlang aufhielten, in Hainen, an Brunnen u. dgl., auch auf Anhöhen, weil man dort Gott näher zu sein glaubte. Solche A-e wurden auch noch bis auf Davids Zeit herab errichtet, obgleich das Gesetz, zur Vermeidung der Abgötterei, die Errichtung von A-n außer denen in der Stiftshütte untersagt hatte. In der Stiftshütte aber standen 2 Altäre: a) der Brandaltar (äußerer A.), im Vorhofe unter freiem Himmel, zu welchem nicht Stufen, sondern ein schräger Aufstieg führte u. auf welchem die Opferthiere verbrannt wurden. Er bestand aus 4 mit Kupfer überzogenen Bretern von Akazienholz, darauf der Aufsatz od. Heerd (Ariel), worauf die Opfer brannten. An den 4 Ecken waren. 4eckige, eine Elle große, mit Goldblech überzogene Säulchen (Hörner des A-s), welche bei gewissen Opfern mit dem Blute des Opferthieres besprengt wurden. Wer eine Freistätte im Tempel suchte, mußte diese Hörner des A-s umfassen; auch schwur man dabei. Auf diesem A. wurde beständig ein Feuer unterhalten (heiliges od. ewiges Feuer, Feuer des A-s), mit welchem man alle Opfer anzündete. Neben dem A. nach Morgen zu befand sich eine, mit einem Stein bedeckte Grube, worein Asche, Kohlen u. Abgänge von den Opfern geworfen wurden; b) der Rauchaltar (innerer A.), im Heiligen, er war kleiner, 1 QElle groß u., die 4 Hörner od. Säulchen an den Seiten eingeschlossen, 2 Ellen hoch, von Akazienholz, alles mit Goldblech überzogen; ringsherum ein Kranz von Goldblech; an 2 Seiten je 2 Ringe, durch welche Stangen gesteckt wurden, daß er getragen werden konnte. In der Mitte stand das goldene Rauchfaß, in welchem das Räucherwerk angebrannt wurde. Geopfert wurde auf diesem A. nicht; mit Blut besprengt wurden die Hörner. desselben nur am großen Versöhnungstage. In Griechenland soll Kekrops u. in Italien Janus den ersten A. errichtet haben. Für Brandopfer bekam hier der A. bisweilen einen Aufsatz (Altare). A-e standen in Hainen, bei Quellen, am Meeresufer, auf Feldern, an Straßen, auf Bergen, in Wohnungen (bei den Römern im Hofe, um den Penaten, u. im Atrium, um den Laren zu opfern), bes. aber in Tempeln u. zwar im Osten der Thür gegenüber vor dem Götterbilde. Die A-e, Anfangs ganz einfach, wurden später prächtig aus Stein, Marmor, Erz, Holz gemacht; auf Delos war ein, aus lauter Bockshörnern zusammengefügter A., in Theben ein aus Asche der verbrannten Opferthiere errichteter (Spodion). Die Gestalt war verschieden; es gab 4- u. mehreckige, auch runde A-e.[356] Vor dem Opfer wurden sie geschmückt, bes. mit Zweigen von den, den betreffenden Gottheiten geheiligten Bäumen. Einige A-e dienten zu Brandopfern, auf andere durfte kein Feuer kommen, auf andere kein Vlut. A-e dienten auch als Zufluchtsstätten, an ihnen schloß man Bündnisse, Frieden, Versöhnungen, Heirathen, wobei dieselben berührt werden mußten, was bes. beim Schwören geschah. Die Deutschen errichteten auch an allen heiligen Orten A-e, worauf geopfert wurde; sie waren meist von Stein, gewöhnlich 4eckig. Die ersten Christen hatten keine A-e; man bediente sich statt des A-s eines gewöhnlichen Tisches (Tisch des Herrn). Auf ihn legte man die Oblationen u. an ihm feierte man die Agapen. Diese Tische nannte man später A-e, weil man Brod u. Wein, das bei dem Abendmahl auf ihnen lag, als das Opfer betrachtete, welches Christus für die Menschen gebracht hätte; nun erhielten sie auch die Form der bei Juden u. Heiden gewöhnlichen A-e. Der A. wurde Anfangs an jedem passenden Orte, in der Mitte der Kirche, gegen Norden etc., bald aber gegen Morgen aufgestellt, weil auch die Richtung der Betenden dahin für bes. angemessen gehalten wurde. Die syrische Kirche stellte sie gegen Westen. Da sich die ersten Christen häufig bei den Gräbern der Märtyrer zum Gottesdienst versammelten, so bediente man sich im 2. u. 3. Jahrh. auch der Särge der Märtyrer als A-e. Nach Constantin d. Gr. erbaute man sie von Stein mitten in der Kirche u. legte die Gebeine der Märtyrer hinein. Papst Sylvester verordnete, daß alle A-e von Stein gebaut werden sollten. Im 6. Jahrh. baute man über die A-e ein Gezelt mit 4 Säulen, u. setzte auch ein Crucifix u. Blumen darauf. Schon seit Constantin wurden die kleinen Tragaltäre (Altariaportatilia) gewöhnlich, die bes. Fürsten im Felde u. Missionäre mit sich führten. Als die A-e geweiht sein mußten, weihte man kleine 4-eckige, steinerne, mit einer Reliquie versehene Platten, die man nun überall auflegen konnte; so bes. seit dem 8. Jahrh. Ihrer bedienen sich noch jetzt die Katholiken bes. bei Krankencommunionen. Seit dem 9. Jahrh. wurden die A-e prächtig verziert, u. seit dem 10. prangten Lichter, heilige Gefäße, Heiligenbilder u. Reliquien darauf. Anfangs war nur Ein A. in jeder Kirche; doch wurde zuweilen auch einer unter der Kirche, dem Grabe des Märtyrers nahe (Crypta od. Subconfessio) errichtet, in Gegensatz zu welchem der in der Kirche der hohe od. Hoch-A. (Altaresummum) hieß. Zu Karls d. Gr. Zeiten war es schon gewöhnlich, mehrere A-e zu erbauen, diese Gewohnheit nahm seit dem 11. Jahrh. noch mehr überhand; diese A-e, gewöhnlich an den Pfeilern, Seitenmauern od. in Kapellen angebracht, hießen Neben-A-e, im Gegensatz zum Haupt- od. Hoch-A., der immer im Chor der Kirche steht u. zu welchem Stufen hinanführen. Gewöhnlich wurden zu jedem A. fromme Stiftungen u. Vermächtnisse gemacht, wofür die an ihnen angestellten Meßpriester die Messen zu besorgen hatten. Der A. mit bes. wichtigen Reliquien (einige mußte später jeder A. haben), erhielten vom Papst auch häufig das Recht des Ablasses an bestimmten Tagen, woraus Processionen u. Wallfahrten dahin entstanden. Die A-e wurden mit vielen Ceremonien eingeweiht, u. in den verschiedenen Festzeiten verschieden, weiß, roth, grün, violett u. schwarz bekleidet, am Charfreitage aber ganz entkleidet (weil da Christus seiner Kleider beraubt worden sei). Dies Alles ist noch in der katholischen Kirche. Das Altartuch heißt hier Mappa (Palla), darüber das leinene Corporale (das Leibtuch, nämlich Christi), neben dem A. aufgehängt brennt die ewige Lampe. Auch pflegt an der Hinterseite des A-s ein, oft prächtiges, von namhaften Malern gefertiges Gemälde (Altarblatt, Altargemälde) angebracht zu sein, deren man in protestantischen Kirchen selten, in reformirten gar nicht findet. Die griechische Kirche hat gewöhnlich nur Einen einfach verzierten A., nur in sehr großen Kirchen einige; bedeckt sind sie mit 4 Tüchern u. an den 4 Ecken liegen 4 Stücken seidenes Zeug (Evangelisten). Die protestantische Kirche behielt nur Einen A. bei u. gestattet eine angemessene Verzierung desselben; an ihm wird die Liturgie abgehalten, das Abendmahl gefeiert, Trauungen u. Ordinationen verrichtet, kirchliche Reden gehalten. Von Holz od. aus Steinen errichtet ist derselbe hier mit einem, gewöhnlich bunten (rothen, grünen, blauen etc.), mit goldenen od. silbernen Treffen besetzten, auch allerhand Stickerei verzierten Tuche (Altartuch, Altarbekleidung) überhangen, welches jedoch in der Fastenzeit mit einem schwarzen vertauscht wird; darauf steht ein Crucifix, auf beiden Seiten gewöhnlich Blumenvasen u. Leuchter mit Wachskerzen (Altarkerzen), die außer beim abendlichen Gottesdienst, auch bei der Feier des Abendmahls angebrannt werden. Die Reformirten brauchten statt des A-s einen Tisch u. verwerfen alle Verzierungen. Vgl. Joh. Fabricius, De aris vet. Christ., Helmst. 1698: Voigt, Thysiasteriologia, Hambg. 1709; 2) (Freim.), in Logen der Tisch, woran der Meister vom Stuhle sitzt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 356-357.
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