Raskolniken

[829] Raskolniken, d. i. Schismatiker, od., wie sie sich selbst nennen, Starowerzi (Starobradzi, d. i. Altgläubige), Isbraniki (d. i. Auserwählte), Prawoslawniije (d. i. Rechtgläubige), eine Secte der Russischen Kirche. Sie verwarfen die seit 1642 von dem Patriarchen Nikon in Moskau eingeleiteten Reformen des Kirchenwesens, die Verbesserungen der griechisch-slawonischen Bibelversion u. anderer liturgischer Bücher u. sagten sich 1666 auf der Synode zu Moskau von der herrschenden Kirche los. Sie haben Priester, Sacramente u. Kirchen u. nehmen außer der Bibel noch die Schriften der griechischen u. russischen Väter bis zur Mitte des 17. Jahrh. an. Den Czar sehen sie nicht als das geheiligte Haupt der Kirche an. Sie spalteten sich bald in neue Secten: Popostschini, welche Priester haben u. neben der Bibel noch die kirchlichen Schriften bis zur Mitte des 17. Jahrh. annehmen; Duchoborzen (s.d.) u. Philipponen; die Letzteren weigern sich, Eide zu leisten u. Kriegsdienste zu thun. Von dem Ritus der herrschenden Kirche unterscheiden sie sich dadurch, daß sie das Kreuzeszeichen mit dem Zeige- u. Mittelfinger machen, daß sie das Halleluja nur zweimal sagen u. zum dritten Mal hinzufügen: Lob sei dir, Gott! Die Gestalt ihrer Kreuze ist achteckig. Sie scheren sich nie den Bart u. verwerfen den Genuß des Tabaks u. der Kartoffeln. Ihren Gottesdienst regiert der Storik (der Alte), welcher auch die Taufe der Kinder verrichtet. Communion, Firmelung, Trauung finden nicht Statt. Die R. verbreiteten sich seit 1666 sehr; bei den schweren Verfolgungen unter Peter dem Großen starben sie lieber den Märtyrertod, od. flüchteten. Erst unter Katharina II. erhielten sie 1762 Religionsfreiheit u. durch Potemkin 1783 die Erlaubniß Kirchen zu bauen. Sie verbreiteten sich nach Sibirien, unter die Kosackenstämme u. nach Polen. Im eigentlichen Rußland sind sie gegenwärtig ziemlich erloschen, aber die meisten Donischen u. Uraliischen Kosacken sind R. Seit 1856 hat sich die Regierung bemüht, sie durch Milde zur Russischen Kirche zurückzuführen, u. 1858 ist dies bei mehren 1000 Uralischen Kosacken von Erfolg gewesen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 829.
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