Moskau

[480] Moskau, 1) sonst russisches Großfürstenthum, bestand aus den jetzigen Gouvernements M., Jaroslaw, Kostroma, Wladimir, Rjäsan, Kaluga, Tula; aus demselben bildete sich das Russische Reich; Wappen: St. Georg zu Pferd, welcher einen geflügelten Drachen mit der Lanze durchbohrt, im rothen Feld; s.u. Rußland (Gesch.). 2) (Moskwa), russisches Gouvernement, zwischen den Gouvernements Twer, Wladimir, Rjäsan, Tula, Kaluga, Smolensk; hat 590,13 QM.; wellenförmig hügelig, von mittler Fruchtbarkeit; Flüsse: Moskwa, Oka, [480] Wolga, Sestria, Nara, Kliäsma etc.; viele Seen, überhaupt sehr wasserreich; Klima mild. Das Gouvernement M. ist besser angebaut, als die meisten anderen Provinzen Rußlands; man treibt Ackerbau, etwas Gartenbau, zieht einige Handelsgewächse (Flachs, Hanf, Hopfen), Viehzucht (darunter Pferdezucht); hat reichliche Waldungen, nur wenig Bergbau. Industriezweige: Bereitung von Tuch, Hüten, Seiden-, Baumwollenwaaren, Leder, Leinwand, Papier, Glas, Metallwaaren etc.; Handel sehr bedeutend für alle Binnenprovinzen Rußlands. Die Einwohner sind zumeist Großrussen u. Griechischer Confession, doch gibt es auch in geringer Anzahl Katholiken, Armenier, Muhammedaner u. Juden; die Zahl der Einw. beträgt 1,360,000, mithin mehr als 2300 Ew. auf eine Quadratmeile (die dichteste Bevölkerung im ganzen russischen Reiche); Eintheilung in 13 Kreise; 3) Kreis darin, fast in der Mitte gelegen, mit 270,000 Ew.; 4) Hauptstadt des Gouvernements, zweite Residenzstadt Rußlands, an der Moskwa, welche sie in weiten Bogen durchfließt, sich in der Mitte der Stadt auf kurze Strecke in zwei Arme theilt (von denen der eine südlichere der Kanal heißt u. eine Insel bildet) u. welche die Jausa, durch einen unterirdischen Kanal die Neglinna u. außerdem noch mehr kleine Bäche, wie die Tschetschora u. Rubienka, innerhalb M. aufnimmt; auf einigen Hügeln angenehm gelegen u. mit schwachen Verschanzungen (Linien) umgeben, durch welche 18 Barrieren zu den verschiedenen Straßen führen. M. ist Sitz eines Militärgeneralgouverneurs, des Metropoliten von M. u. Kolomna, welcher zugleich Mitglied des heiligen Synod ist, eines Civilgouverneurs, einer Abtheilung des dirigirenden Senates, eines Provinzialconsistoriums, sowie einer Armenisch-Gregorianischen geistlichen Verwaltung. Die Stadt hat 380,000 Ew. u. nimmt einen Umfang von fast 6 Meilen ein; M. ist eine verhältnißmäßig neugebaute Stadt, da es nach dem Brande von 1812 (14. bis 21. Sept.) nach einem neuen, großartigen Plane wieder aufgebaut worden ist; überall erheben sich steinerne, palastartige Häuser statt der sonstigen hölzernen, doch oft mitten unter kleineren, auch findet man noch zuweilen wüste Stellen von diesem Brande her. Im Ganzen zählt man in M. 258 Straßen, über 580 Gassen, 82 Märkte u. Paradeplätze, 5680 Brunnen, 400 Kirchen (darunter 381, welche dem griechischen Cultus angehören) u. 637 Kapellen, 14 Mönchs- u. 7 Nonnenklöster, 47 Hospitäler, 68 Armenhäuser, 18 Kasernen etc. Die größeren Kirchen sind mit 5 Kuppeln (meist von vergoldetem Kupferblech), auf denen goldene Kreuze angebracht sind, erbaut; unter den Kirchen sind 8 Kathedralen, 8 Hofkirchen u. 61 Klosterkirchen; außerdem gibt es 2 katholische, 3 protestantische, 1 englische, 3 armenische Kirchen u. Bethäuser u. 1 kleine Moschee. M. hat 18 Thore, 1 steinerne (Kamkenoi Most), 4 hölzerne Brücken über die Moskwa, mehr als 100 über die kleineren Gewässer, umschließt in den Vorstädten viele Gärten u. Wiesen u. theilt sich in vier Haupttheile, deren jeder sonst bes. Mauern u. Graben hatte, welche jetzt meist in schöne Boulevards verwandelt sind; dazu kommen noch eine Menge Vorstädte (Sloboden), welche, sich dicht an einander anschließend u. noch acht Stadttheile bildend, mit der Stadt zusammen ein Ganzes ausmachen u. von den oben erwähnten schwachen Verschanzungen, einem fortlaufenden Wall mit Graben, umschlossen sind. Die bedeutendsten Straßen: Twerskaja-, Dimitriewka-, Rajoschkajastraße etc. laufen concentrisch auf den Mittelpunkt (den Kreml) zu, die kleineren Straßen bilden nur Verbindungsstraßen. Die Bauart der Häuser gleicht nur in den inneren Theilen (Kreml u. Kitai-Gorod) ganz einer europäischen Stadt, in den äußeren Theilen stehen die Häuser unregelmäßiger u. sind bunt angestrichen.

Die Haupttheile M-s sind a) der Kreml od. die Festung, auf einem, eine schöne Aussicht über die Stadt gewährenden Hügel in der Mitte der Stadt, der einzige bei dem Brande 1812 stehen gebliebene Stadttheil; er bildet ein spitzwinkeliges Dreieck, dessen Basis an das linke Ufer der Moskwa stößt, hat fünf Thore u. die Mauern u. alterthümlichen Thürme der Umwallung wurden 1812 von den Franzosen zum Theil gesprengt, sind aber wieder hergestellt worden. Der Kreml umfaßt das kaiserliche Residenzschloß (den Palast der alten russischen Czaren); das Hauptgebäude war von den Franzosen so beschädigt, daß keine Wiederherstellung möglich war, Kaiser Alexander ließ es daher abtragen u. von v. Bode in altrussischem Geschmack wieder erbauen u. möbliren, u. die neue Schöpfung heißt nun Bolschoi-Dworetz (das große Schloß) od. Alexanderski-Dworetz (Alexandersschloß). Mit ihm sind die aus der alten Zeit erhaltenen Gebäude Terema (Terem), ein viereckiges u. achtstöckiges Gebäude mit Gallerien außen herum, so gebaut, daß das obere Stockwerk stets eingezogen u. das höchste Stock ganz klein ist, das Gynäceum der alten Czaren, u. für ihre Frauen, Prinzen u. Prinzessinnen bestimmt, u. auf der anderen Seite die Granowitaja Palata (facettirter Palast, so von den Rauten an seiner Außenseite benannt), durch Treppen verbunden; letzteres ist von Iwan IV. erbaut u. enthält nur den alten niedrigen Audienzsaal, welcher jetzt nur bei Krönungen benutzt wird. Ferner stehen auf dem Kreml das Maloi-Dworetz (kleine Schloß), erst vom Kaiser Nikolaus I. sehr einfach errichtet; die kaiserliche Rüstkammer (Oruscheinaja Palata, auch der Schatz genannt), 1810 neu begonnen, 300 Fuß lang, enthält die Gold- u. Silberkammer der Krone, erbeutete Waffen, Fahnen, Rüstungen, die alterthümlichen pelzverbrämten, spitzigen Kronen Rußlands u. der verschiedenen, jetzt von Rußland abhängigen Reiche, alte Throne u. Sessel, reiche Gewänder, prächtige Pferdegeschirre, meist türkische Geschenke, u. viele andere historische Merkwürdigkeiten; das Arsenal, mit einer Ausrüstung von Waffen für 100,000 Mann. Vor ihm u. der Rüstkammer liegen in langen Reihen die 1812 erbeuteten feindlichen Geschütze, nach den 30 Völkern (Franzosen, Polen, Österreicher, Preußen, Baiern, Sachsen, Württemberger, Westfalen, Neapolitaner, Italiener etc.) geordnet; nahe dabei stehen Denkmäler russischer Gießkunst, die gigantische Kanone Dobrowik, die lange Imeidroy, die schmächtige Wolk etc. Das Senatsgebäude, wieder errichtet 1818; der Synodalpalast (Patriarchenhaus, mit heiligen Gold- u. Silbergefäßen u. 700 slawischen Codices), in der Kirche desselben wird das heilige Öl (Mir), welches zur russischen Taufe gebraucht wird, für fast ganz Rußland geweiht; einige Klöster (das Mönchskloster Tschudow Monastyr u. das Nonnenkloster Woßnesenskoi Monastyr [Himmelfahrtskloster], dieses mit Begräbniß mehrer russischer Fürstinnen); 32 Kirchen, darunter[481] die kleine Spaßsa sololoju rischotkoju (Kirche des Erlösers), dicht an der Terema, mit zwölf ganz kleinen Kuppeln, von den Franzosen ausgeplündert, aber von Alexander u. Nikolaus so reich beschenkt, daß sie von Gold- u. Silbergefäßen strotzt; die Kathedrale Mariä Himmelfahrt (Uspenski Sabor), gegründet 1325, das gegenwärtige Gebäude wurde von 1475 an unter Iwan III. Wassiljewitsch, theils in byzantinischem, theils in tatarischem Geschmack gebaut u. 1774 restaurirt; sie ist bunt, innen fast ganz vergoldet, mit Begräbnissen der sonstigen Patriarchen u. mit einem alten Bilde der Jungfrau von Wladimir, angeblich von Lukas gemalt u. 1570 aus der Sophienkirche in Constantinopel als Schutzheiligthum gegen Timur hierher gebracht. In ihr werden die russischen Kaiser gekrönt. Die Michaelskathedrale (Archangelski Sabor), angeblich 1333 gegründet, wurde 1507 wieder erbaut u. 1772 restaurirt, enthält die Ruhestätten der meisten Herrscher Rußlands, von Andreas Iwanowitsch bis Iwan Alexejewitsch, sowie der Brüder Peters des Großen u. dessen Sohnes Peter II., u. lebensgroße Bilder aller hier Beerdigten; Kathedrale zur Verkündigung Marias (Blagowetschenski Sabor), an den kaiserlichen Palast stoßend, 1397 mit neun reich vergoldeten Kuppeln erbaut, mit merkwürdigen alten bronzenen Thüren, daran Bil-. der u. Inschriften, welche noch unerklärt sind, u. an einem Pfeiler die Kreuze, welche die Czare sonst um den Hals trugen; die Kirche des St. Nikolaus mit dem höchsten Thurme der Stadt, Iwan Weliki, freistehend, dünn, achteckig, oben mit kleiner vergoldeter Kuppel, auf welcher sich ein großes vergoldetes Kreuz an der Stelle dessen erhebt, welches Napoleon abnehmen ließ u. mit nach Paris nehmen wollte, mit 31 Glocken, darunter eine 1819 gegossene Glocke von 160,000 Pfund Schwere u. die Glocke Wetschewoi Kolokel, nach der Besiegung der Nowgoroder hierher gebracht; an dem Thurm steht die Anna Iwanowna, die größte Glocke der Welt, von 450,000 Pfund, 20 Fuß im Durchmesser, 19 Fuß hoch, 1735 unter der Kaiserin Anna gegossen, doch 1737, bei einem Brande des Dachstuhls, herabgestürzt; sie steht jetzt bei dem Thurme auf einem gemauerten Kranze, in welchen eine Thüre führt; durch den Fall ist ein Stück der Glocke ausgebrochen. An dem nordwestlichen Fuß des Kremls, eigentlich im Beloi-Gorod, ist der sonstige Schwanenteich jetzt in den Alexandergarten, den Hauptspaziergang M-s, verwandelt. b) Kitai-Gorod (chinesische od. eigentliche Stadt), umgibt den Kreml; hat vier Thore, meist steinerne Häuser, mehre Plätze, z.B. Krasnoi Ploschtschad (ro ther od. schöner Platz), gleich unter dem Kreml, auf welchem ein großes bronzenes Denkmal der Vaterlandsbefreier Minin u. Posharski auf granitenem Piedestal steht. Von. dort erhebt sich die alte steinerne Treppe (Lobnoie Mesto), auf welcher sonst die Hinrichtungen Statt fanden, auch führen von dort zwei Thore in den Kreml u. nordöstlich von ihm, von denen eins das berühmte des Erlösers (Spaskoi) ist, das Niemand, von welcher Religion er auch sei, bedeckten Hauptes durchschreitet. Das andere, vom rothen Platze zum Kreml führende Thor ist das Nikolaithor. In Kitai-Gorod sind die Kathedrale des Schutzes der heiligen Jungfrau (Petrowski Sabor, in der Volkssprache auch Wassilii Blashennoi genannt), ein seltsam Bauwerk mit 70 Kuppeln, viel en Thürmen u. Thürmchen, welches Iwan dem Schrecklichen so gut gefiel, daß er dem Baumeister die Augen ausstechen ließ, damit derselbe nichts Ähnliches wieder schaffe; ferner die vom Fürsten Posharskii nach der Befreiung von M. erbaute Kathedrale der Mutter Gottes von Kasan, der große Kaufhof (Gostinoi Dwor) mit Kans. magazinen für Colonialwaaren, Metalle, überhaupt für den Großhandel, die Linien (R jädi) mit 12,000 Buden für Detailhandel, Manufacturwaaren, Droguerien, Papiere, Heiligenbilder, Bücher, Wechsler etc., die Ocholuije Rjâdi (Jägerbuden), zum Verkauf von Fleisch, Fischen, Gemüsen, Eiern, Geflügel, Wild u. dgl. u. der Tolkutschnoi Ruinok (Trödelmarkt) für allerhand Plunder. Die Rjâdi liegen an verschiedenen Orten, viele unter einem Dache, doch sind die Durchgänge finster u. schmutzig. Wein, Bier, Meth, Brod, Heu, Holz, Steine werden immer in Kellern verkauft. Auch der Blumenmarkt in Kitai. Gorod ist durch sein geschmackvolles Arrangement merkwürdig. Daselbst befindet sich ferner. die Börse, mehrere Kirchen u. 4 Klöster (darunter das Saikonoskoi-Monastyr [Spassiil] mit Seminar), die Druckerei des heligen Synod u. der Universität, Münze etc. Der Kreml u. Kitai-Gorod bilden den ältesten Theil M-s (das eigentliche innere M.), u. die Mauern davon stehen noch. c) Beloi-Gorod (weiße od. Czarenstadt), sonst mit weißer Mauer Kitai-Gorod umschließend; in die zwei Sectionen Twerskaja, weil die Straße nach Twer durchführt u. Minsknitzkaja getheilt: hier die Schmiedebrücke (Koutznetzkoi Most), mit allen Gegenständen des Luxus u. der Moden, u. allen fremden Handlungen, das Findelhaus, das Universitätsgebäude, mit den davon abhängenden Anstalten (s. unten), Thierarzneischule, Zeughaus, Stückgießerei, Marstall, 76 Kirchen, Gouvernementspalast, 2 Theater, eins das kaiserliche auf dem Theaterplatze (Petrowkaja), welches eins der größten u. elegantesten in Europa ist, brannte 1853 ab, das andere das französische; Exercierhaus, von dem französischen General Betancourt u. Carbonier gebaut, an der Stelle des ehemaligen Rüsthauses, Medicinisch-chirurgische Akademie, Postgebäude u. m. a., auch einige große Plätze. Um Beloi-Gorod laufen der breite, mit Bäumen besetzte Twersche u.a. Boulevards. d) Semljanoi-Gorod (Landstadt od. Erdstadt), wieder um Beloi-Gorod gebaut: in 11 Sectionen getheilt, bewohnt von geringeren Leuten; hat aber das Mönchskloster des St. Simon (Simonowski Monastyr, 1370 gestiftet, mit 5 Kirchen) u. die meisten öffentlichen Bäder, mehrere Teiche, Artilleriehof, Provignthaus etc. Semi janoi-Gorod wird von der breiten u. imposanten G, artenstraße u. ihren Fortsetzungen, mit Anlagen auf beiden Seiten, umschlossen.

Um diese Städte liegen noch 30 Vorstädte (Slowoden), darunter die grusinische, deutsche, tatarische etc.: in ihnen der kaiserliche Palast mit den kaiserlichen Gärten, die Militärschule bei demselben, zahlreiche Hospitäler nach allen Richtungen, Kasernen, der Demidowsche Palast, das große Frauenkloster u. Novo Dewitschei Monastyr (Nettes Jungfrauenkloster), Zufluchtsor, der Schwester Peters des Großen, Sophie, am großen Platze Dewitsche Pole (Jungfrauenplatz), dem Tummelplatz der Volksfeste, das Androniewsche Kloster, mit Kirche Martins des Bekenners, das Danitowsche Kloster, das Heilandskloster, das der Donscheu[482] Mutter (Donski Monastyr) etc. Auch große (freie Plätze) Felder liegen in der Umfassungsmauer der Vorstädte, so außer dem eben erwähnten Jungfrauenfelde, das sehr große Feld Sokolniki, das Feld von Kalanchia. Die Vorstädte ziehen sich nicht gleichförmig hinaus, u. während die in dem Thale der Jausa sich 5 Werfte lang hinzieht, beträgt die Länge der nach der Serpuchowschen Barriere nur 2 Werft. Die Vorstädte bes. enthalten Wiese, Feld, kleines Gehölz, Landhäuser neben den eigentlichen Straßen. Da, wo sich Stadt u. Vorstädte trennen, haben sich Märkte aller Art etablirt. Auf den Sperlingsbergen (südöstlich der Stadt, jenseit der Moskwa) ist unter Kaiser Nikolaus ein großes Kloster mit Hospital errichtet werden.

Die Universität von M. ist gestiftet 1755, verbessert 1804, wieder eröffnet 1813, sie besitzt eine neue Bibliothek (die alte ging 1812 mit dem Universitätsgebäude [auch 1817 wieder errichtet] in Flammen auf), Sternwarte, Anatomisches Theater, Loders u. Lieberkühns anatomische Präparate etc., Naturhistorisches Museum, Botanischen Garten, Sammlung von Modellen, Maschinen u. Münzen, Pädagogisches Institut, Chemisches Cabinet, Klinikum, Entbindungshaus, Hebammen- u. Chirurgisches Institut u. m. a. Anstalten. Zu ihr gehört auch eine adelige Pensionsanstalt u. damit verbundenes Gymnasium, so wie zwei andere Gymnasien. Außerdem bestehen in M. ein Griechisch-Geistliches Seminar, eine Slawische, Griechisch-Lateinische Akademie zur Bildung von griechischen Geistlichen, eine Medicinisch-Chirurgische Akademie, eine Militärschule, ein um 1824 von Smolensk hierher verlegtes Militärinstitut, ein Landmessungscomptoir, eine Thierarzneischule, eine Praktische Handelsakademie u. eine Handelsschule, von den Kaufleuten M-s gegründet, das Katharinen- u. Alexandersinstitut (Erziehungsanstalten für Mädchen), die Armenische Schule der Brüder Lasarew, in welcher außer der Armenischen Sprache auch die anderen Hauptsprachen des Orients gelehrt werden, die Zeichnenschule des Grafen Stroganow, die Kaiserliche Cadettenanstalt, von Katharing II. gegründet, 2.4 Bürger- u. Elementarschulen u. andere Schulen, bes. für Soldaten. Außerdem bestehen mehre Gelehrte Gesellschaften für russische Literatur, für Geschichte u. Alterthümer, für medicinisch-physikalische Wissenschaften, für mechanische Künste, Kaiserliche Gesellschaft der Naturforscher, Ökonomische Gesellschaft, mehrere Kunstsammlungen u.a. Wohlthätigkeits- u. öffentliche Anstalten: Demidowsches Findelhaus für 5000 Kinder, von denen 3000 auf dem Lande erzogen werden, Galyzinsches Hospitgl für Kranke, Arme u. Gebärende, Militärhospital, Invalidenhaus, Cholerainstitut für durch die Cholera Verwaiste. Das Trinkwasser ist schlecht, besseres wird daher durch Wasserleitungen 21/2 Ml. weit bis auf 11/2 Ml. hergeleitet, hier durch eine auf Anordnung des Kaisers Nikolaus erbaute Dampfmaschine aufgenommen u. in das große achteckige Gebäude Sucharewa Boschnia geleitet, von wo es in die verschiedenen Reservoirs vertheilt wird. Die Todten werden in Kirchen, in den Klöstern od. auch außer den Städten auf besonderen Kirchhöfen begraben etc. In der ganzen Stadt findet sich orientalische Pracht mit europäischen Sitten vermischt. Für die Industrie bestehen Fabriken in Seide, Tuch, Karten, unechtem Gold u. Silber, Papier, Hüten etc., ferner Kupferhämmer, Gerbereien, Stearinlichter-, Seifen-, Saffianfabriken, Fabriken chemischer Erzeugnisse etc., Branntweinbrennereien, Glockengießereien, Leimbereitung, Brauereien, Wachsbleichen. Der Handel von M. ist sehr bedeutend, namentlich ist. es von jeher der Hauptsitz des russisch-asiatischen Handels gewesen u. perdankt demselben zum größten Theile die durchgehende Wohlhabenheit seiner Bewohner: bei angeschwollenem Wasser trägt die schiffbare Moskwa, welche in die Oka, u. diese in die Wolga fällt, viel zur Belebung desselben bei, u. auf diesem Wege u. des Winters zu Schlitten werden M. Lebensmittel zugeführt. M. ist durch eine 1851 eröffnete Eisenbahn mit dem 92 Meilen entfernten Petersburg verbunden; projectirt (u. theilweis im Bau begriffen) sind ferner Eisenbahnen von M. nach Odessa (resp. Feodosig) u. nach Nishny Nowgor od. Spaziergänge: der Alexandergarten, die Boulevards, die schattigen Gänge an den Teichen der Presnia, die schöne Aussichten gewährende Sadowaja, der Garten des kaiserlichen Sommerpalastes, der Galyzinsche Garten an der Moskwa, der Garten des Landhauses Niesku tschnoi (Sanssouci), sonst dem Fürsten Schachowski gehörig, von Kaiser Nikolaus seiner Gemahlin geschenkt, das Schloß daneben, sonst der Gräfin Orlow, noch früher dem Grafen Demidow, jetzt dem Kaiser gehörig. Öffentliche Vergnügungen: zwei Theater (s. oben), Rennbahnin der Vorstgdi, südlich der Stadt, Theehäuser u. Restaurationen, mehre Clubs (Adels-, Kaufmanns-, englische u. deutsche Clubs etc.). auf den Sperlingsbergen außerhalb der Stadt Rutschbahnen, Schaukeln, Feuerwerke etc. Im Winter zählt die Stadt 60–70,000 Ew. mehr als im Sommer, weil alsdann der Adel mit zahl, eichem Gefolge seine Landsitze verläßt u. den Aufenthalt hier nimmt. Der Luxus M-s im äußeren Leben, u. zwar nicht nur des Adels, sondern auch gemeintlich der überaus reichen Kaufmannschaft, wird als außerordentlich geschildert. Merkwürdige Umgebungen: eine Meile nördlich von M., auf der Straße. nach Serpuchow, liegt Petrowski. kaiserliches Schloß, von Katharina II angelegt, Hauptquartier Napoleons nach dem Brande, vom Kgiser Nikolaus verschönert, jetzt ist der Park Vergnügungsort der Moskauer u. zahlreich mit Kaffeehäusern, Vauxhalls u. dergl. besetzt; das Schloß von Kolomenskoi-Selo, 1672 von Holz, 1763 von Stein gebaut, von sieben (Gärten umgeben, Sommerausenthal (der alten Czaren: von da 11/3 Meile das Schloß von Zarizin, mit kleinen Thürmchen an den Ecken, einem Sarg, mit Candelabern amgeben, gleichend, von Potemkin gebout: es hat schönen Park u. Anlagen; Kustkowa u. Astankina sind Landhäuser der Grafen Scheremetjew mit Kunstsammlungen, ersteres eine starke Meile von M. auf der Straße nach Kaluga, letzteres 1/2 Meile von den Barrieren von Troitza entfernt; Archangelsk, von einer Kirche des Erzengels Michael so genannt u. Besitzung der Fürsten Jussupow, liegt 21/2 Meilen westlich von M. an der Moskwa u. hat Gemäldesammlung, Bildwerke von Canova u. And., Bibliothek etc.

M. wurde 1147 von dem Großfürsten Jurje Wladimirowitsch Dolguruki von Kiew gegründet, u. durch die Mongolen unter Batu Khan um 1280 zerstört. Daniel Alexgndrowitsch baute M. wieder auf u. wählte es zur Residenz; 1328 unter dessen Sohn Iwan II. war M. schon Hauptstadt des[483] Großfürstenthums u. gab demselben den Namen. 1367 führte Dimitri Iwanowitsch den Kreml aus Steinen auf. Mehrmals wurde nun M. durch Lithauer (1382) u. Tataren (1383) eingenommen u. verbrannt, u. erst unter Iwan III. hob es sich seit 1462 wieder, u. der Kreml wurde durch italienische Baumeister 1485–92 in einem edlern Style umgebaut. 1547 zerstörte Feuer M., u. 1571 belagerte es der Khan von Astrachan u. verbrannte die untere Stadt. Unter Fedor Iwanowitsch brannte es wieder ab. In Folge der politischen Wirren zu Anfang des 17. Jahrh. u. der darauf folgenden Kämpfe um den Thron hatten die Polen M. besetzt, sie wurden aber, nachdem Aufruhr in M. gewüthet u. die Stadt dabei nochmals in Flammen aufgegangen war, 1612 vertrieben. Zu gleicher Zeit, als M. zur Residenz erhoben wurde, ward es auch der Sitz eines Metropoliten, statt dessen seit 1589 ein Patriarch eingesetzt wurde, mit 1700 aber hörten die Functionen desselben auf, u. an seine Stelle trat 1721 der heilige Synod. 1742 theilte Elisabeth den ganzen Sprengel von M. unter zwei Erzbischöfe, von denen einer die Stadt nebst der halben Diöces erhielt u. seinen Sitz im Kloster Tschudow nahm; die zweite Hälfte erhielt der Bischof von Krutizi. 1714 verlegte Peter der Große seine Residenz von M. nach St. Petersburg. Welthistorische Bedeutung erhielt M. durch den Brand am 14. bis 21. Sept. 1812 (vgl. Rostoptschin), nach dem Einrücken u. während der Anwesenheit der Franzosen u. ihrer Alliirten, s.u. Russisch-Deutscher Krieg von 1812–15. Damals blieben von sämmtlichen 9158 Häusern nur 526 steinerne u. 2100 hölzerne, von 8521 Kaufläden nur 1368 übrig. Seitdem ist M. schöner wieder aufgebaut. Hier am 7. Sept. 1856 Kaiserkrönung Alexanders II. Vgl. Engelhardt, Russische Miscellen, Petersb. 1818; Schnitzler, Moscou, Petersb. u. Par. 1834; Kohl, Reise im Innern von Rußland u. Polen, Bd. 1. Lpz. u. Dresd. 1841.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 480-484.
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