[155] Schielen, 1) (Strabismus, Luscitas), das Unvermögen beide Sehnerven des Auges mittelst des Muskelapparates willkürlich u. gleichzeitig auf einen Punkt gerichtet zu halten, so daß sie in demselben behufs schärferen Sehens vereinigt bleiben. Bald liegt die Sehachse desselben Auges außerhalb der normalen Richtung (einseitiges S., Strab. monocularis); bald fixirt abwechselnd das eine, dann das andere Auge den Gegenstand (doppelter S., Strab. alternans s. duplex). Angeboren ist das S. nur bei Unvollständigkeit des Augenmuskelapparates. Je nach der Achsenabweichung unterscheidet man ein S. nach innen, die häufigste Art (Strab. convergens s. internus), S. nach außen (Strab. externus) u. S. nach verschiedenen anderen Richtungen; ferner Strab. terribilis; wobei das eine Auge nach oben u. das andere nach unten gerichtet ist. Ursachen des S-s sind Fehlerhaftigkeit des Muskelapparates, sei sie angeboren od. erworben durch Verletzungen, Trübung der Hornhaut, Druck von Geschwülsten od. Muskelschwund; ferner die Gewohnheit einseitig zu sehen in Folge von Vernachlässigung od. von Fehlern des schielenden Auges, fehlerhafte Function der Nerven als Krampf (S. activus, S. spasticus) u. als Lähmung (S. passivus, S. paralyticus) einzelner Muskeln, Nervenreize überhaupt, so bei Wurm- u. anderen Darmreizen, Uteruskrankheiten, Schwangerschaft, Zahnen etc. Mag die Ursache des S-s ursprünglich, wie fast immer, im Muskelsysteme begründet sein, im Verlaufe wird der Bewegungsapparat des Auges immer verändert. Mit langandauerndem S. verbinden sich andere Zustände, wie Kurzsichtigkeit, Doppeltsehen. Die Heilung des S-s muß mit Behandlung des Grundleidens beginnen, Würmer müssen entfernt, Rheumatismen, Lähmungen, Krämpfe beseitigt, zugleich aber auch der Wille des Kranken gerade zu sehen angeregt werden. Als mechanische Mittel das Auge zum Geradesehen zu zwingen werden Brillen mit prismatischen Gläsern gebraucht, jedoch ohne besonderen Erfolg. Die früher als Schielbrillen bezeichneten sog. durchbohrten Nußschalen werden jetzt als myotische od. stenopäische Brillen benutzt. Das sicherste Heilmittel ist die Schieloperation (Myotomia ocularis, 1838 von Stromeyer empfohlen, 1839 von Dieffenbach zuerst ausgeführt), bestehend in subcutaner Durchschneidung derjenigen Muskeln, durch deren Lähmung od. fehlerhafte Insertion das S. bedingt wird. S. Tenontotomie. Vgl. Ammon, Die Behandlung des S-s durch Muskelschnitt, Lpz. 1840; Baumgarten, Das S.u. dessen operative Behandlung, Lpz. 1841; Dieffenbach, Über das S.u. die Heilung desselben durch Operation, Berl. 1842; Ritterich, Das S.u. seine Heilung, Lpz. 1843; Derselbe, Zur Lehre vom S., ebd. 1856; Böhm, Das S.u. der Sehnenschnitt, Berl. 1845. 2) Von Farben u. gefärbten Dingen, so v.w. Schillern; 3) von einem Begriff, Urtheil, einer Definition, nicht genau bestimmt, nur zum Theil der Wahrheit gemäß sein; 4) bei der Emailmalerei, wenn die auf schlechte Goldplatten aufgetragenen hellen Farben einen schwärzlichen Überzug bekommen.