Wilhelm von Oranse

[226] Wilhelm (Willehalm) von Oranse od. der Heilige, althochdeutsches Gedicht aus dem Sagenkreise Karls des Großen von Wolfram v. Eschenbach, um 1215 auf der Wartburg nach einem welschen Original gedichtet. Inhalt: W. (Willehalm), der Sohn des Grafen Heinrich von Narbonne, entführt dem heidnischen König Tybalt seine christliche Gemahlin Arabele (Gyburc). Tybalt u. Terramer, Arabelens Vater, machen einen Rachezug gegen W. u. besiegen denselben auf dem Felde zu Alischanz bei Oranse. W. sucht nun Hülfe beim König Ludwig dem Frommen u. kehrt nach Oranse zurück, wo er seiner hart bedrängten Gemahlin zu Hülfe kommt, welche in dem starken Rennwart, dem Genossen W. s, ihren Bruder erkennt. Nun beginnt der Kampf von Neuem u. die Christen siegen, am andern Morgen fehlt Rennwart; mit der Klage W-s über denselben endigt das Gedicht (herausgeg. in Wolfr. Eschenbach von Lachmann, Berl. 1833). Da Wolfram nur die Mitte der Wilhelmssage bearbeitete, so schrieb Ulrich von Türheim um 1259 eine Fortsetzung (Der starke Rennewart) dazu u. Ulrich von dem Türlin schr. um 1275 den sogen. 1. Theil (Arabelens Entführung); diesen letzteren u. den Wilhelm von Wolfram enthält die Ausgabe von Casparson, Kassel 1782–84, neuhochdeutsch von Bodmer, Frankf. 1774. Von W. v. O. gab es auch eine ältere niederrheinische Bearbeitung (Guillaume au court-nez), s. Reuß, Fragment eines alten Gedichts von den Heldenthaten der Kreuzfahrer im Heiligen Lande, 1839.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 226.
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