Zampelstuhl

[515] Zampelstuhl, ein Webstuhl, auf welchem Stoffe mit noch größeren Mustern gewebt werden können, als auf einem Kegelstuhle. In der Haupteinrichtung, namentlich in den Rahmkorden, dem Glasbrete u. Harnisch, ist er diesem ähnlich, jedoch etwas länger u. hat statt der Kegel den Zampel (Zempel, Sembel, Zampelzug). Dieser besteht aus einer großen Menge seiner Schnüre (Zampelschnüre, Zampelkorden), welche an der Seite des Stuhles in einer Verticalebene bis zum Boden herabreichen, je eine von jeder Rahmkorde; unten sind die Zampelkorden an den Zampelstock (Zampelknüttel) befestigt, welcher neben dem Webestuhle an dem Fußboden mit Schrauben u. Schnuren befestigt ist. Zieht man die Zampelkorden, so werden zugleich die Rahmkorden gezogen u. die Kettenfäden des Musters gehoben. Um nun gerade die Kettenfäden heben zu können, welche eben Muster machen sollen, werden nach der Patrone des Musters die zusammengehörigen Zampelkorden in verschiedene Latzen (Zampellatzen, Zampten) gelesen. Die Latzen sind starke, gezwirnte Fäden, welche zwischen die Zampelkorden so eingeflochten sind, daß sie einige Zampelkorden vor sich, die anderen hinter sich lassen; die Latzen sind an ihren beiden Enden durch Schlingen od. mittels besonderer Schnuren (Gavasinen) an die dicken Latzen- od. Gavasinschnuren, zwei, neben dem Zampel senkrecht befestigte Schnuren unmittelbar od. an die um dieselben gewundene Schlange befestigt, so daß an jeder Windung der Schlange eine Gavasine hängt Diese Latzen muß ein besonderer Junge (Ziehjunge, Latzenzieher) nach der Reihe ziehen, d.h. horizontal gegen sich hin bewegen, wodurch er alle vor der Latze liegende Zampelkorden aus ihrer verticalen Richtung bringt, sie u. die daranhängenden Rahmkorden nach einem stumpfen Winkel anspannt, u. so die mit den Rahmkorden verbundenen, das Muster bildenden Kettenfäden[515] hebt. Die Latzen verrichten also denselben Dienst wie die Kegelschnuren des Kegelstuhls. Beim Einziehen des Zampels, Einlesen, Leviren (auf dem Levirrahmen) läßt man jede Latze nur hinter denjenigen zu nehmenden Zampelkorden, welche unmittelbar auf einander folgen u. zusammen eine Prise genannt werden, ohne Unterbrechung hinlaufen; zwischen zwei Prisen dagegen, also wo einige Zampelkorden gelassen werden (hinter der Latze bleiben), zieht man die Latze als Schleife vor u. befestigt dann diese Schleifen u. die beiden Latzenenden an der Gavasine; dadurch wird ein ganz gleichmäßiges Anziehen aller zu ziehenden Zampelkorden, ein gleichmäßiges Heben aller zu hebenden Kettenfäden gesichert. Um die in großer Menge vorhandenen Latzen nicht zu verwirren, werden diejenigen, welche man eben nicht braucht, mittelst des Zampelhakens oben angehängt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 515-516.
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