Zellgewebsverhärtung der Neugebornen

[569] Zellgewebsverhärtung der Neugebornen (Induratio telae cellulosae recensnatorum, Scleroma, Scleroderma), Verhärtung, welche ausschließlich bei neugebornen Kindern vorkommt u. in Findelhäusern, bes. Frankreichs, viel Kinder wegrafft. Zeichen: zwischen den vierten od. fünften Tage nach der Geburt zeigt sich an zellgewebereichen Theilen, den Wangen, Geschlechtstheilen, Extremitäten eine rothgelbe, selbst hochrothe od. dunkelrothe, immermehr schmutzige Farbe einzelner Stellen der Haut; die Theile werden schon nach wenigen Stunden quittengelb, schmutzig weiß od. violett u. hart wie Holz, die Haut läßt sich nicht verschieben, später wird sie lederartig; die Umgebungen der leidenden Stellen sind ödematös, sie selbst sind trocken u. kalt, die Kinder sind sehr erschöpft, liegen betäubt, athmen ängstlich, winseln u. schreien mit seiner Stimme, alle Körperbewegungen sind erschwert, das Schlingen wird unmöglich, der Puls ist matt u. langsam, die Kinder vertrocknen wie Mumien u. der Tod folgt in wenigen Tagen, ohne daß Fieber od. Entzündung stattgefunden hätte. In schwereren Fällen kann Kinnbackenkrampf dazu treten. Ursachen: schlechte Pflege, Kachexien, Schwäche, Armuth der Mutter, überhaupt Mangel an gesunder Muttermilch, kalte, nasse Witterung, die Atmosphäre der Findelhäuser. Als nähere Ursache sehen Einige eine Insufficienz der Saugadern, Andere eine Lymphangoitis an. Heilung ist als Ausnahme zu betrachten. Die Behandlung muß bes. in guter Pflege u. Wartung bestehen, um das Übel zu verhüten; ist es einmal ausgebrochen, so sollen aromatische Bäder, Reiben mit Flanell u. Abführmittel am meisten helfen. Bei Leichenöffnung fließt viel dunkel gelbliche Flüssigkeit aus den Hautschnitten[569] in den leidenden Theilen. Das Zellgewebe zeigt sich fester u. derber, die lymphatischen Gefäße u. Drüsen sind geschwollen, Leber, Gehirn, Rückenmark u. Lungen sind mit Blut überfüllt od. zeigen blutige od. lymphatische Ausschwitzungen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 569-570.
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