[99] Schnee ist der bekannte atmosphärische Niederschlag, welcher bei niedriger Temperatur statt des Regens zu erfolgen pflegt.
Die Atmosphäre ist stets von Wasserdünsten erfüllt, welche durchsichtig wie die Luft sind, auch fast alle Eigenschaften derselben haben, nur daß sie bei eintretender Abkühlung unter dem Temperaturgrad, bei dem sie sich gebildet haben und in Folge eines ihre Spannkraft übersteigenden Druckes entweder in Wasser oder, wenn die Temperatur zu tief sinkt, in ganz seine Eiskrystalle sich verwandeln. Diese seinen Eiskrystalle schießen dann zusammen, es setzen sich neue an, bilden Schneeflocken und indem diese, der Schwere folgend, zur Erde herabsinken, bilden sie einen Schneefall, welcher, besonders wenn Wind dazu kommt, der den Schnee hin- und herweht, zum Schneegestöber wird. Sehr kalte Luft enthält wenig Wasserdunst, und daher pflegt es bei heftiger Kälte nur selten und sehr sparsam zu schneien. Zuweilen, besonders häufig in kältern Gegenden, krystallisirt der in der Luft enthaltene Wasserdunst, ohne daß die Krystalle aneinander zu Schneeflocken zusammenschießen und ohne daß der Himmel sich verdunkelt. Es entsteht dann ein äußerst seiner Staubschnee. Bei einer den Gefrierpunkt übersteigenden Temperatur beginnt der Schnee zu schmelzen, d.h. sich in Wasser zu verwandeln, und ehe diese Umwandlung völlig erfolgt ist, haften die schon vom Wasser durchzogenen Massen leicht aneinander, welches man das Ballen des Schnees nennt. Der Schnee hat in der Regel eine blaulichweiße Farbe, die das Licht sehr stark zurückwirft. Wenn das Sonnenlicht von dem die Gefilde bedeckenden Schnee zurückgeworfen wird, so blendet dasselbe das Auge, und im hohen Norden entstehen hieraus nicht selten Augenentzündungen, welche die sogenannte Schneeblindheit zur Folge haben. Der Schnee besteht gewöhnlich aus ebenso reinem Wasser, wie der Regen, doch sind auch ihm zuweilen fremdartige Substanzen beigemischt, welche dann [99] seine Farbe verändern. So hat man besonders rothen Schnee nicht selten beobachtet. Die Art und Weise, wie sich in den Schneeflocken die einzelnen Krystalle aneinander anreihen, ist höchst merkwürdig, indem dieses mit der größten Regelmäßigkeit und doch mit einer großen Mannichfaltigkeit der Gestalten geschieht. Man entdeckt diese Krystallbildung schon mit bloßen Augen, noch besser aber, wenn man Schneeflocken durch das Mikroskop beobachtet. Die umstehende Abbildung zeigt mehre solcher Bildungen, wie sie durch das Mikroskop sich darstellen. Während es in den Ebenen in den wärmern Gegenden der Erde gar nicht schneiet, oder doch der zuweilen fallende Schnee sogleich schmilzt, sind die hohen und höchsten Berge der Erde in allen Zonen mit ewigem Schnee bedeckt. Da nämlich im Allgemeinen mit der Erhebung über die Meeresfläche die Temperatur niedriger wird, so kommt man überall endlich zu einer Höhe, in welcher alle wässerigen Theile der Atmosphäre in fester Gestalt sich niederschlagen und welche dem Wechsel der Temperatur so wenig ausgesetzt sind, daß diese nie eine zur Schmelzung des Schnees hinreichende Höhe erreicht. Die Höhe nun, bis zu welcher ein Berg aufsteigen muß, um mit ewigem Schnee bedeckt zu sein, wird die Schneelinie oder Schneegrenze genannt. Dieselbe ist natürlich um so höher für einen Ort, je weiter derselbe von den Polen entfernt ist. Am Nordcap liegt die Schneegrenze 2200 F., in Schweden 4000 F., auf den Karpaten 8000 F., auf den Alpen 8500 F., auf den Pyrenäen 8400 F., am Libanon 9100 F., auf dem Atlas 11,550 F., auf dem Chimborasso 15,000 F., auf dem Himalaya 15,600 F. hoch über der Meeresfläche. Die Schneedecke, welche in den kältern Gegenden während des Winters die Erdoberfläche überzieht, hat die wohlthätige Wirkung, daß sie die von ihr eingehüllten Gewächse vor dem Erfrieren schützt. Man hat beobachtet, daß selbst in den Polargegenden bei einer Tiefe von 4 F. unter der Oberfläche des Schnees die Temperatur schon gleichbleibend ist, indem sie nie unter den Gefrierpunkt sinkt.