Stroh

Stroh

[318] Stroh nennt man die Halme und Stengel aller Feldfrüchte, wenn diese nach erlangter Reise eingesammelt worden sind und man die Früchte abgesondert hat.

Dagegen wird das Heu noch unreif eingesammelt und erst dann getrocknet. Nur solche Feldfrüchte, welche man der Stengel wegen anbaut, um diese zu benutzen, wie Flachs und Hanf, geben kein Stroh. Die Benutzung des Strohs ist außerordentlich mannichfaltig. In der Landwirthschaft bedient man sich desselben zum Viehfutter und zur Streu für das Vieh, wo es dann einen wichtigen Bestandtheil des Düngers ausmacht. Auch zum Dachdecken, zu Bändern, zur Befestigung des Lehms, zum Polstern und zu vielen andern Zwecken wird es benutzt. In holzarmen Gegenden braucht man es auch, jedoch zum Nachtheil der Landwirthschaft, als Brennmaterial. Eine vorzügliche Benutzung des Strohs ist die zu allerlei Geflechten. Die verschiedenen Arten des Strohs haben zu der und jener Verwendung verschiedene Vorzüge. So ist Roggenstroh am besten zum Dachdecken, zu Bändern, zum Häcksel, Weizenstroh zum Flechten, Hafer-, Gersten-, Rübsenstroh und das Stroh von Hülsenfrüchten zum Futter.

Zur Bereitung von Strohhüten verbraucht man Weizen-, Roggen-, Gersten-, Hafer- und Reisstroh, und bei Anbau dieser Feldfrüchte muß man gleich auf den Zweck Rücksicht nehmen, zu welchem das Stroh derselben verwendet werden soll. In der Schweiz pflegt man die Hüte aus gespaltenem Stroh zu bereiten und daher sucht man durch gute Düngung und weitläufiges Säen ein starkes Stroh zu erzielen; in Italien dagegen pflegt man in der Regel [318] die Halme nicht zu spalten und man baut daher den Weizen zu diesem Zwecke auf magerem Boden und säet ihn dicht, damit er schwache Halme gibt. Zu den florentiner Hüten nimmt man einen eigenthümlichen, sehr dünnhalmigen Sommerweizen, dessen Stroh Marzolano-Stroh genannt wird und nur in Italien wohl gedeiht. Man hat, um die florentiner Strohhüte nachzuahmen, sich daher verschiedener Grasarten bedient, welche lange Halme ohne Knoten haben. In Italien werden sehr viele seine Strohhüte verfertigt und nach allen Gegenden versendet, besonders zeichnen sich die aus Toscana kommenden durch zierliche Arbeit aus. Livorno, Florenz, dann Venedig und Angerano verschicken die meisten Strohhüte. Bei Mantua und Lodi macht man gröbere Arbeiten. Auch die schweizer Strohhüte sind sehr sein und schön gearbeitet. Die feinsten kommen aus Freiburg, die gröbern aus Aarau, Glarus und Genf. Auch in Frankreich, England und Deutschland werden jetzt schöne Strohhüte verfertigt, namentlich in Wien und Dresden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 318-319.
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