[396] Babylonien, ein Bild der Vergänglichkeit irdischer Größe einst, im grauen Alterthum, eins der berühmtesten Reiche Asiens, jetzt eine türkische Provinz. Selbst den Namen seiner großen Vorzeit hat es verloren. Es heißt jetzt Irak, Arabien. Nur die alte Natur ist diesem Lande treu geblieben. Noch immer wie vor Jahrtausenden rollen der Euphrat und der Tigris ihre stillwogenden Fluthen durch seine unabsehbare Ebenen. Der persische Meerbusen, Arabiens Wüsten und Armeniens Kahlgebirge umschließen trauernd das untergegangene Reich der Semiramis. Nur noch die Trümmer von Babylon verrathen die einstige Größe dieser Hauptstadt. Was uns Ueberlieferungen davon berichten, gränzt an's Wunderbare. Eine Umfangsmauer von 360 Stadien Lange, 200 Ellen hoch, 15 breit, von 250 Thürmen vertheidigt, mit 100 ehernen Thoren soll die prachtvollsten Bauwerke des Alterthums umschlossen haben. Längst verschwunden ist aber der mährchenhafte Tempel des Belus, keine Spur mehr von den berühmten hangenden Gärten der Semiramis. Die Ruinen großer Bauwerke, die sich noch vorfinden, deuten auf eine eigenthümliche Bauart von Backsteinen mit Erdpech statt des Mörtels verbunden. Die Chaldäer bewohnten einst das ganze Land. Ihre Priester waren berühmt durch Sternkunde und geheime Wissenschaften. Die Frauen dieses Reichs glänzten durch Schönheit und Bildung. Jetzt raucht dort der gedankenlose Osmanli seine Pfeife und die Frauen seines Harems erscheinen nie anders als tief verhüllt. Die Geschichte dieses Reichs erstrecken mosaische Urkunden bis nahe an die Sündfluth hinaus. Nimrod der große Jäger soll dessen Stifter gewesen sein. Der Thurmbau von Babylon hat zu der bekannten Sage der allgemeinen Sprachverwirrung Veranlassung gegeben eine natürliche Folge der vielen verschiedenen besiegten asiatischen Völkerschaften, die daran arbeiten mußten. Die griechischen Geschichtschreiber nennen Belus, Ninus und Semiramis (s. d. Art.) als große Eroberer. Um das Jahr 630 v. Chr. Geb.[396] erreichte Babylon seinen höchsten Glanz. Die Chaldäer zogen damals von Nebukadnezar geführt, von den Gebirgen Tauriens herab, überschwemmten und eroberten ganz Südasien, zerstörten Jerusalem, schickten die trauernden Juden nach Babylon in die Gefangenschaft, unterjochten Phönizien und Tyrus und machten Babylon zum Mittelpunkt eines ungeheuern Reichs, das sich bis an das mittelländische Meer erstreckte. Alle Reichthümer strömten dort zusammen. Künste und Wissenschaften blühten Prachtgebäude erhoben sich; köstliche Stoffe in Leinen, Seide oder Wolle wurden dort verfertigt. Doch mit Nebukadnezar's Tode versank die durch Despotismus geschaffene Herrlichkeit wieder. Cyrus zerstörte die Hauptstadt, vereinigte das Reich mit Persien, und erlaubte den Juden die Rückkehr nach Palästina. Babylon theilte mit Persien das Schicksal, von Alexander dem Großen erobert zu werden. Muhamed's Nachfolger hatte (640 n. Chr.) Babylonien an sich gerissen. Die Khalifen wurden indeß (1253) von den Tataren verjagt. Türken und Persier wechselten in der Herrschaft, bis es endlich seit 1637 ein Paschalik der Türkei blieb.
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