Scylla (Mythologie)

[189] Scylla (Mythologie), ein berühmtes Meerungeheuer der griechischen Mythe, des Typhon und der Echidna Tochter, von der Homer eine abschreckende phantastische Schilderung entworfen hat. In einer von der Meerfluth ausgewaschenen Höhle an einem bis zum Himmel ragenden Fels, der mit Wolken überhüllt und so glatt ist, daß kein Sterblicher ihn zu erklimmen vermag, wohnt S. Zwölf Füße hat sie, die an den Felsen gefesselt sind, sechs Köpfe streckt sie auf langen Hälsen hervor, heißhungrig, gierig, brüllend wie junge Löwen. Drei Zähnereihen drohen in jedem dieser Köpfe allen Lebendigen den Tod, und heischen Opfer von jedem vorübersegelnden Schiff. Der Fels aber war in der sicilianischen Meerenge, unsern des verderblichen Strudels der Charybdis, daher diese und S. sprichwörtlich geworden sind, um eine Doppelgefahr auszudrücken. Auch Ulysses verlor auf seiner Durchfahrt durch die gefährliche Meerenge sechs seiner Gefährten. – Auch führte den Namen S. die Tochter des Königs Nisos von Megara, die aus Liebe zu Minos, der ihres Vaters Stadt belagerte, sich entschloß, ihres Vaters goldene Locke, an welcher sein Leben hing, auszureißen und so seine Mörderin zu werden. Als sie Minos die Locke sandte und ihm ihre Liebe bekannte, wurde er von so gerechtem Abscheu über die unnatürliche That erfüllt, daß er die Vatermörderin ertränken ließ.

–ch–

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 189.
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