[12] Carpzov, berühmte sächs. Gelehrtenfamilie, die aus Spanien eingewandert und deren deutscher Stammvater Simon C. (Carpezano?) sein soll, der um 1550 Bürgermeister der Neustadt Brandenburg war. Wohl am berühmtesten wurde der 1595 zu Wittenberg geb. Benedict C., der nach großen Reisen 1620 seine juristische Laufbahn beim Schöppenstuhle seiner Vaterstadt begann, 1639 Apellationsrath in Dresden, 1645 ordentlicher Professor der Rechte wurde u. daselbst 1666 st. Viele Schriften über Strafrecht, Prozeß- und Kirchenrecht machten ihn zum Orakel der Juristen u. »legislator Saxoniae«, aber von ihm zumeist rührte die unmenschliche Strenge des sächs. Strafverfahrens her u. sein durch die Verurtheilung von 20000 sog. Hexen bekräftigter Eifer für Hexenprozesse läßt sich schwerlich mit den traurigen Verhältnissen einer Zeit rechtfertigen, in welcher vor Thomasius die Jesuiten Tanner und Spee gegen die Hexenepidemie laut genug auftraten. Unter den 5 Bruderssöhnen des Vorigen machte sich Johann Benedikt, ein Schüler Buxtorfs, durch Uebersetzung und Bearbeitung rabbinischer Schriften u. Festhalten an den symbolischen Büchern, dabei aber auch durch den Eifer bekannt, womit er bei der Staatsbehörde das Verbot pietistischer Versammlungen sowie die Ausweisung Frankes u. der Anhänger desselben aus Leipzig betrieb; st. 1699 als Professor der Theologie. Sein gleichnamiger Bruder, welcher als Anhänger Calovs 1671 Professor der Dichtkunst wurde, obwohl er erst 24 Jahre zählte, 1674 aber Hof- und 1692 Oberhofprediger wurde, stand ihm in Verfolgung der Pietisten treu zur Seite. Johann Gottlob C., geb. 1679 zu Dresden, 1713 Professor der oriental. Sprachen, 1730 Hauptpastor zu Leipzig, feierte 1754 sein 5jähriges Amtsjubiläum, st. 1767 und hinterließ den Ruf eines der gelehrtesten prot. Theologen, weil seine »Introductio in libros canonicos V. T. omnes« (Leipzig 1721, 31, 57) und noch mehr die »Critica sacra V. T.« (Leipzig 1728, 48) die biblische Einleitung zu einer besonderen Wissenschaft erhoben, der biblischen Kritik in Deutschland Bahn brachen und noch heute Werth besitzen. Auch er hat 2 Schriften gegen die Brüdergemeinde geschrieben. Joh. Benedikt, geb. 1720 zu Leipzig, durch Geßner u. Ernesti an der Thomasschule tüchtig classisch gebildet, erregte 22jährig Bewunderung durch sein »Paradoxon stoicum Aristonis Chii« (Leipzig 1742), lehrte 1747 Philosophie zu Leipzig, seit 1749 Theologie zu Helmstädt, wurde 1759 Abt zu Königslutter und Landstand des Herzogthums Braunschweig-Wolfenbüttel u. st. 1803. Dem conservativen Grundzug seiner Familie getreu und besorgt in die Zukunft schauend, hielt er in seinem »liber doctrinalis theologiae purioris« im Gegensatz zu Teller u. A. an den symbolischen Büchern fest und machte von neueren Untersuchungen nur historischen Gebrauch. Er machte sich auch um grammatische Auslegung des N. T. verdient, gab den Lucian, Musäos, den Epiker Drakontius u. A. m. heraus u. schrieb viele Dissertationen, unter denen die über Mencius Sinensium (Leipzig 1743, 4) ein Auszug [12] aus dem Werke: »Philosophia sinica« des Paters Noël sein soll.