Günther [5]

[181] Günther, Anton, christl. Philosoph, geb. 1785 zu Lindenau in Böhmen, studierte zu Prag sowie zu Raab in Ungarn, wurde 1820 Priester u. lebt als Weltpriester in Wien, wo er seit 1848 mit dem geistvollen E. Veith das philosoph. Taschenbuch »Lydia« herausgibt. Er hat sich an und gegen Hegel entwickelt, große Verdienste um die Bekämpfung des Pantheismus sowie um Verbreitung philosoph. Studien in der kathol. Welt erworben und ist zugleich der einzige Philosoph Oesterreichs, welcher in diesem Jahrh. in und außerhalb Oesterreichs zu bedeutender Geltung gelangte. Schriften: »Vorschule zur speculat. Theologie des positiven Christenthums«, Wien, 2. Aufl. 1848; »Süd- und Nordlichter am Horizont speculat. Theologie«, Wien 1832; »Thomas a Scrupulis«, ebendas. 1835; »Peregrins Gastmahl«, neue Ausg. ebendas. 1850. Mit seinem Schüler Pabst, durch dessen leichtverständliche Schriften G.s tiefsinnige Ideen in allgemeinern Kreisen verbreitet wurden, gab er heraus die »Janusköpfe für Philos. u. Theol.«, Wien 1834; »Der letzte Symboliker. Eine durch die symbol. Werke Dr. Möhlers und Dr. Bauers veranlaßte Schrift in Briefen«, ebendas. 1834. G. gehört zu denen, welche die Philosophie zum Christenthum, das Wissen zum Glauben zurückzuführen strebten; er ging auf das Cogito ergo sum des Cartesius zurück u. erkannte den dreieinigen Gott als absolutes Selbstbewußtsein, als wesentlich dreipersönlichen und von der Welt substantiell verschiedenen, als die in der Form des Selbstbewußtseins begründete nothwendige speculat. Idee von Gott. Einerseits gibt man zu, G. habe den wahren Ausgangspunkt einer christl. Philosophie gefunden, damit die Hauptfrage gelöst u. der scharfsinnigsten Erörterung unterworfen, anderseits wird behauptet, er sei im einseitig subjectiv-abstracten Denken befangen u. bei seinem Gegensatze gegen den Pantheismus in einen Dualismus verfallen, welcher sich mit dem ewigen Dogma der Kirche vielfach nicht vereinbaren lasse. Der Streit, unter dessen Theilnehmern für und wider wir nur Mattes, Clemens, Baltzer, Knoodt, Trebisch, Zukrigl, Hitzfelder, Oischinger, Volkmuth u. Michelis nennen, gedieh seit 1850 dahin, daß 1854 [181] beide Parteien ihre Streitpunkte dem apostol. Stuhle zur Entscheidung vorlegten, von welchem eine solche bis jetzt (März 1855) noch nicht erfolgt ist.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 181-182.
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