Getreidespeicher

[457] Getreidespeicher. Man unterscheidet Bodenspeicher und Silospeicher. Jene sind gewöhnliche Gebäude mit Stockwerken (Balkenlagen), diese sind Schachtspeicher, also Gebäude, die durch senkrechtes Zwischenwände in Einzelräume von kleiner Grundfläche und großer Höhe geteilt sind.

Bodenspeicher. Jeder gewöhnliche Speicher ist hierfür benutzbar, vorausgesetzt, daß er reichlich mit Lüftungsvorrichtungen (Fenstern) versehen ist. Bei speziell für Getreide aufgeführten Bodenspeichern ist folgendes zu berücksichtigen: Stockwerke niedrig, da man nicht gern über Im hoch beschüttet. Berechnung der Tragfähigkeit unter Zugrundelegung des Getreidegewichtes von 750 kg pro Kubikmeter. Bei Berechnung des Fassungsvermögens ist der für Gänge und Böschungen frei bleibende Raum zu berücksichtigen; ferner ist Platzüberschuß für das zur Erhaltung des Getreides nötige Umschaufeln erforderlich. Für Getreide, das in Säcken angeliefert wird und darin etwa bleiben soll, sind Winden oder Aufzüge vorzusehen; für Getreide, das ausgeschüttet werden soll oder lose kommt, Elevatoren (s.d.); für Schiffe besondere Schiffselevatoren zur Vermeidung der Handarbeit; Brückenwagen, Dezimalwagen automatische Wagen (s. S. 458); für wagerechten Transport Schnecken oder Transportbänder. Schnecken oder Bänder liegen in den einzelnen Stockwerken unter den Decken- und lassen das Getreide unmittelbar auf den Platz fallen, auf dem es lagern soll. Die Verteilung erfolgt auch vom obersten Stockwerke aus auf die übrigen durch senkrechte Rohre, die in jedem Stockwerk durch Schieber und Klappen zu öffnende und zu schließende seitliche Auslaßöffnungen haben. Häufig bilden die hohlen gußeisernen Gebäudesäulen diese Fallröhren. Für die Entnahme des Getreides aus dem Speicher dienen ebenfalls Schnecken oder Transportbänder, denen durch entsprechende Oeffnungen, Trichter und Röhren das Getreide aus den einzelnen Stockwerken zugeschaufelt wird. Auch hierfür können die hohlen Gebäudesäulen dienen, indem sie seitliche, mit Trichtern versehene Einläufe besitzen, deren Oberkanten im Niveau der einzelnen Stockwerke liegen, so daß das Einschaufeln des Getreides leicht erfolgen kann. In einer besonderen, feuersicher abzutrennenden Abteilung wird die sogenannte »Reinigung« eingerichtet, die bei Handelsspeichern meist nur aus wenigen Maschinen besteht, die mittels Wind- und Siebsortierung eine grobe Vorreinigung (Ausscheidung von Steinen, Erdknollen, Staub u.s.w.) bewirken. In großen Speicheranlagen stellt man diese Maschinen zweckmäßig ganz aus Eisen her. Das Umstechen (die Umschaufelung) des Getreides zwecks seiner Konservierung geschieht meist von Hand. Als Versuche, diese Arbeit zu umgehen, sind zu nennen: Herstellung der Speicherböden als eine Aneinanderreihung von Trichtern (Militärspeicher in Dresden, System Opitz) oder als großer, mittels einzelner Schieber zu schließender Rost, der bei Oeffnung das Getreide auf den darunterliegenden Boden herabrieseln läßt (Regensystem). Vorteile der Bodenspeicher: Benutzbarkeit der Räume zu beliebigen Zwecken, Begehbarkeit und leichte Kontrolle über den Zustand der Frucht. Nachteile: Unvorteilhafte Raumausnutzung, Arbeitsaufwand für das Umstechen. Ueber Silospeicher s. Silo. Vgl. Massentransport.

Arndt.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 457.
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