Aaltierchen

[7] Aaltierchen (Anguillulidae), sehr kleine Fadenwürmer (Nematoden), leben meist frei, seltener parasitisch; manche vertragen das Austrocknen lange Zeit und erwachen bei Befeuchtung wieder aus dem Scheintode. Gewöhnlich haben sie während ihrer Existenz im Freien eine andre Form (sogen. Rhabditis) als später, pflanzen sich aber in dieser bereits fort, und erst die Jungen der zweiten Generation werden zu Parasiten (Heterogonie). So lebt z. B. Rhabdonema nigrovenosum Rud. als sogen. Ascaris in den Lungen des Frosches und der Kröte und gebiert lebende Junge, die in den Darm und von da mit dem Kot nach außen gelangen, um eine Zeitlang frei zu leben. Im Innern der geschlechtsreif gewordenen und befruchteten Weibchen entwickeln sich einige Embryonen, die schließlich das Muttertier aufzehren und später als Askaridenform durch die Luftröhre wieder in die Lunge der Frösche einwandern. Das Essigälchen (Kleisterälchen, Anguillula aceti, A. glutinis Ehrenb.), 1–2 mm lang, lebt in verdorbenem Kleister und der auf trübem Essig sich bildenden Haut. Das Weizenälchen (Tylenchus scandens Schn., s. auf Tafel »Würmer II«), bis 5 mm lang, erzeugt das Gicht- oder Radenkorn, ein kleines, verbildetes Samenkorn ohne Stärkemehl, erfüllt mit Tausenden von Älchen. Bei der Aussaat verbreiten sich die Tierchen im Boden, kriechen an den Weizenpflänzchen hinauf, dringen in die junge Ähre ein und werden schnell geschlechtsreif; die Weibchen legen Eier und sterben mit den Männchen ab, zur Zeit der Reife des Kornes aber entwickelt sich die junge geschlechtslose Brut. Der Genuß radigen Weizens ist für Menschen und Tiere unschädlich. Schutz gegen das Weizenälchen gewährt nur reines Saatgut. Das Stockälchen (Stengelälchen, T. devastatrix Kühn), in Stengeln und Blättern (nie in Wurzeln) von 34 Pflanzenarten nachgewiesen, lebt auch in Roggen (Stockkrankheit), Hafer, Buchweizen, Weberkarde, Gartennelke (Ananaskrankheit) und richtet oft empfindlichen Schaden an. Namentlich macht es die Kardenköpfe kernfaul. Das Luzerneälchen (T. Hafensteini Kühn) bewohnt Wurzeln und Triebe der Luzerne und des Rotklees und bewirkt die Verkümmerung der Zweige. Vielleicht handelt es sich übrigens bei all diesen und ähnlichen Krankheiten nur um eine einzige Art von Tylenchus, der auch die Ringelkrankheit der Hyazinthenzwiebeln zuzuschreiben ist. Die Rübennematode (Heterodera Schachtii A. Schmidt) bewirkt die sogen. Rübenmüdigkeit des Bodens. Die jungen, noch nicht geschlechtsreifen Tiere setzen sich im Frühjahr in der Wurzelrinde geeigneter Pflanzen fest und entwickeln sich. Die Männchen wandern dann aus, befruchten die Weibchen, und diese schwellen nun an und erscheinen an den Wurzeln, deren Oberhaut sie durchbrechen, wie Perlen. Im Herbst kriechen die jungen Tierchen aus und verbreiten sich im Boden, wo sie überwintern. Die Bekämpfung geschieht durch Fangpflanzen. Vgl. Osterwalder, Nematoden als Feinde des Gartenbaues (in »Gartenflora«, 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 7.
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