Äsōpos

[879] Äsōpos, der berühmte Fabeldichter, dem die im ganzen Altertum beliebte Kunst, praktische Lehren der Lebensweisheit in sinnbildliche Erzählungen (Fabeln, Gleichnisse) einzukleiden, ihre Ausbildung verdankt, lebte um 550 v. Chr. Von seinem Leben ist als sicher nur bekannt, daß er der Sklave des Samiers Jadmon war und in Delphi erschlagen wurde. Daß er am Hofe des Krösos gelebt habe und mit den sieben Weisen zusammengekommen sei, ist spätere Erdichtung, ebenso was von seiner Häßlichkeit und Eulenspiegelhaftigkeit gemeldet wird. Einen vollständigen Roman über sein Leben haben wir aus dem Mittelalter fälschlich unter dem Namen des Planudes (hrsg. von Eberhard in »Fabulae Romanenses«, Bd. 1, Leipz. 1872). Sein Name ward in der Folgezeit gleichsam Gattungsname für die Fabeldichtung überhaupt. Seine in prosaischer Form gehaltenen Fabeln bestanden lange nur durch Tradition im Volksmund; eine Sammlung soll zuerst Demetrios Phalereus um 300 v. Chr. veranstaltet haben. Aus dem Altertum erhalten sind uns nur die poetischen Bearbeitungen des Babrios, Phädrus und Avianus (s. d.). Aus dem Mittelalter stammen prosaische Metaphrasen äsopischer Fabeln (Gesamtausgabe von Korais, Par. 1810, und Halm, Leipz. 1863; Übersetzung von Binder, Stuttg. 1869). Vgl. Grauert, De Aesopo et fabulis Aesopicis (Bonn 1825); Welcker, Kleine Schriften, Bd. 2 (das. 1847); O. Keller, Untersuchungen über die Geschichte der griechischen Fabel (Leipz. 1862).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 879.
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