Assīsen

[891] Assīsen (franz.), ursprünglich jede feierliche Sitzung (sessio); später nur im Sinne von Gerichtssitzung gebraucht, in England seit dem 12. Jahrh. namentlich von der feierlichen Hegung einer solchen. In Frankreich ordnete Ludwig der Heilige öffentliche Gerichtssitzungen an, um sowohl Beschwerden der Vasallen oder Untertanen über ihre Beamten anzuhören als auch über die Berufungen gegen Urteile unterer Gerichtsstellen zu entscheiden. Die Assisengerichte befaßten sich sowohl mit Zivil- als Kriminalprozessen und zerfielen in sogen. grandes oder petites assises. Jetzt versteht man unter A. insbes. die Sitzungen der Schwurgerichte (s. d.), auch diese selbst. Übrigens verstand man in Frankreich unter Assise auch eine wichtigere Verordnung oder Verfügung, namentlich eine von den Assisenversammlungen erlassene. Gottfried von Bouillon ließ, nachdem er 1099 Jerusalem erobert hatte, die Statuten für seine beiden Gerichtshöfe, das Hofgericht und das Landgericht, in solchen Versammlungen entwerfen, wovon dies Aktenstück »Assises de Jerusalem« genannt wurde (franz. hrsg. von La Thomassière, Bourges 1690). Selbst die von den Assisenversammlungen bewilligten Steuern nannte man Assisa, und die von Assisengerichten zuerkannten Strafen hießen Assises.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 891.
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