Baggĕsen

[265] Baggĕsen;Jens, dänischer und deutscher Dichter, geb. 15. Febr. 1764 in Korsör, gest. 3. Okt. 1826 in Hamburg, studierte in Kopenhagen, hielt sich, in unablässigem Drange nach Veränderung, abwechselnd in Deutschland, Frankreich und England auf, heiratete in der Schweiz Hallers Enkelin und sofort nach deren [265] Tode in Paris die vornehme Mlle. Françoise Reybaz. Vorübergehend Theaterdirektor und Professor in Kiel, kehrte er 1813 nach Kopenhagen zurück. Hier begann er, der Dichter der Übergangsperiode, eine erbitterte satirische Fehde gegen die ausgehende Größe Öhlenschläger, den dänischen Schüler der deutschen Romantik. In unübertroffenen »Scherzhaften Reimbriefen« (gesammelt 1807) und andern komischen Schriften »Mein Doppelgänger und ich selbst«, »Per Vrövlers Kommentar«, der Zeitschrift »Danfana«, den deutsch geschriebenen »Karfunkel oder Klingklingelalmanach, ein Taschenbuch für vollendete Romantiker und angehende Mystiker auf das Jahr der Gnade 1810« (Tübing. 1810) und dem dramatischen Gedicht »Der vollendete Faust, oder Romanien in Jauer« (Leipz. 1836) griff erdie Formlosigkeit dieser Schule an, unterlag aber der Kraft der neuen Richtung und der überlegenen Zahl seiner Gegner. 1820 verließ B., geistig und körperlich gebrochen, Kopenhagen, jagte von einem Kurort zum andern und endete auf der Rückreise nach Kopenhagen sein unstetes Leben und Wirken in Hamburg. B. schuf sein Bestes als Humorist und Satiriker. Er war der erste dänische Schriftsteller, der seine Muttersprache formvollendet zu behandeln wußte, und eine spätere Fehde zwischen den Romantikern und den Vorkämpfern des Realismus hat die Berechtigung seiner Angriffe auf Öhlenschlägers Stil dargetan. Von seinen dänischen Werken sind noch nennenswert: »Komische Erzählungen« (1785, deutsch 1792), »Abenteuer und komische Erzählungen« (1807, 2 Bde.), »Das Labyrinth oder Dichterwanderungen« (1792–1793, 2 Bde.) und seine meisterhafte Übersetzung von Holbergs »Niels Klim« (1789). Sein seltenes Sprachtalent bewies B. in seinen fünf Bände umfassenden deutschen Dichtungen, unter denen neben der erwähnten polemischen, die »Parthenais« (1804), eine Reisebeschreibung im Stil von Voß' Hexameteridyllen, die lyrischen »Heideblumen« (1808) und das komische Epos »Adam und Eva« hervorragen. Baggesens »Danske Wærker« erschienen 1827–32 in 12 Bänden (neue Aufl. 1845–48), seine »Poetischen Werke in deutscher Sprache« gaben seine Söhne Karl und August heraus (Leipz. 1836, 5 Bde.), ebenso Baggesens »Briefwechsel mit K. L. Reinhold und Fr. H. Jacobi« (das. 1831, 2 Bde.) und den »Philosophischen Nachlaß« (Zürich 1858–63, 2 Bde.). Eine neue, kritische Ausgabe der »Poetiske skrifter« besorgte A. Arlaud (bisher 4 Bde., 1889–99). Vgl. A. Baggesen, Jens Baggesens Biographi (Kopenh. 1843–56, 4 Bde.); Arentzen, B. og Oehlenschläger (das. 1870–78, 8 Bde.); Clausen, Jens B. (das. 1895); »Blätter aus dem Stammbuch I. Baggesens 1787–1797« (hrsg. von T. v. Baggesen und Grupe, Marb. 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 265-266.
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