Biron [1]

[900] Biron (Biren), 1) Ernst Johann, Herzog von Kurland, geb. 1. Dez. 1690, gest. 28. Dez. 1772, Sohn eines kurländischen Gutsbesitzers, namens Bühren, wurde Kammerjunker am Hofe der früh verwitweten Herzogin Anna Iwanowna von Kurland, der Nichte Peters d. Gr. Als diese 1730 den russischen Thron bestieg, folgte er ihr nach Petersburg, wurde Oberkammerherr, nahm als Reichsgraf Namen und Wappen der französischen Herzöge von B. an und ward schnell der mächtigste Mann im Reich, unter dem Münnich und Ostermann den Staat im Sinne Peters d. Gr. leiteten. Als 1737 die männliche Linie des Kettelerschen Hauses erloschen war, ward B. durch Annas Einfluß zum erblichen Herzog von Kurland erwählt und 1740 zum Vormund und Regenten Rußlands für ihren unmündigen Nachfolger Iwan bestimmt. B. war zwar tätig, aber auch herrschsüchtig bis zur Grausamkeit. Seine Regentschaft nach dem Tode der Kaiserin (17. Okt. 1740) war von kurzer Dauer. Im Namen der Mutter Iwans bemächtigte sich Münnich 20. Nov. der Person Birons und stellte ihn in Schlüsselburg vor ein außerordentliches Gericht, das ihn zum Tode verurteilte; doch ward B. zu ewiger Gefangenschaft nach Pelym in Sibirien gebracht. Die Kaiserin Elisabeth rief ihn indessen schon 20. Dez. 1741 aus Sibirien zurück und wies ihm Jaroslaw als Wohnsitz an, während Münnich in das Gefängnis Birons nach Sibirien geschickt wurde. Katharina II. setzte ihn 1763 trotz Sachsens Einspruch wieder in den Besitz Kurlands. 1769 trat er die Regierung seinem Sohne Peter ab.

2) Peter, Reichsgraf von B., Herzog von Kurland und Sagan, ältester Sohn des vorigen, und, wie man meint, der Kaiserin Anna Iwanowna, geb. 15. Febr. 1724 in Mitau, gest. 13. Jan. 1800 in Gellenau (Schlesien). Unter seiner Regierung (1769–95) brach die Unzufriedenheit der kurländischen Stände aus; sie verklagten ihn bei Katharina, und B. unterzeichnete 28. März 1795 gegen einen Jahrgehalt die Abtretung zugunsten Rußlands. Vgl. A. Seraphim, Kurland unter den Herzögen (Reval 1896). Seine dritte Gemahlin war feil 1779 die durch Schönheit und Geist ausgezeichnete Dorothea, geborne Gräfin Medem (geb. 3. Febr. 1761, gest. 20. Aug. 1821 auf ihrem Gut Löbichau im Altenburgischen), die Schwester der Gräfin Elisa von der [900] Recke (vgl. Tiedge, Anna Charlotte Dorothea, letzte Herzogin von Kurland, Leipz. 1823). Die jüngste ihrer vier Töchter, Dorothea, geb. 21. Aug. 1793, vermählt 1809 mit Edmund, Herzog von Talleyrand-Périgord und Herzog von Dino in Kalabrien (gest. 14. Mai 1872), ward 6. Aug. 1845 Herzogin von Sagan und starb 19. Sept. 1862.

3) Gustav Kalixt, Prinz B., geb. 29. Jan. 1780, gest. 20. Juni 1821 in Ems, Sohn Karl Ernsts von B., Bruders von B. 2), trat in preußischen Militärdienst, erwarb 1802 die schlesische Standesherrschaft Polnisch-Wartenberg und erhielt vom Kaiser Alexander I. wegen seiner Ansprüche auf Kurland eine jährliche Rente von 18,000 Dukaten, worauf er sich den Titel Fürst B.-Wartenberg beilegte. Er wurde Generalleutnant und Gouverneur von Glatz. Jetziges Haupt des fürstlichen Hauses B.-Wartenberg ist Gustav, Prinz B. von Kurland, Großsohn von B. 3), geb. 17. Okt. 1859 in Dresden, erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 900-901.
Lizenz:
Faksimiles:
900 | 901
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika